Kaum präzises Passspiel nach vorne, schlechte Kontersicherung, Stellungsfehler und schwaches Zweikampfverhalten: Beim 1:5 in Darmstadt machten die Roten Teufel nichts richtig. Auch das, was sie eigentlich besser können.
Sagen wir es mal so: Das war nicht der 1. FC Kaiserslautern, der sich an diesem Samstagabend am Böllenfalltor präsentierte, das war Fiat. Auch wenn dieser, zugegeben, maue Wortwitz nur Schelmen verständlich ist, die das Kürzel des italienischen Blechkarossenbauers mit "Fehler in allen Teilen" aufzulösen pflegen. Der Vergleich trifft's aber: Es gab so ziemlich nichts, was die Roten Teufel beim Auftritt gegen Darmstadt 98 richtig machten.
Eine Erkenntnis, aus der lebensbejahende Naturelle aber auch Trost schöpfen dürfen. Denn die Pfälzer mögen zwar alles falsch gemacht haben, haben diese Saison bekanntlich aber schon wesentlich überzeugender gespielt. Sie haben also kaum was falsch gemacht, von dem sie nicht schon gezeigt haben, dass sie es besser können. Insofern darf man hoffen, dass sie sich bis zum Jahresabschluss gegen den 1. FC Köln kommenden Sonntag wieder berappeln.
Wollen wir diesen Mist nun allen Ernstes Treffer für Treffer durchgehen? Müssen wir leider, sonst wären wir ja kein Analyse-Blog. Also Augen zu und durch.
Was man alles falsch machen kann: Taugt fast als Lehrvideo
Gegentreffer Nummer 1: Nach einem weiten Abschlag von Julian Krahl sichern sich die Lilien den Ball. Anschließend nehmen sie sich über eine Minute Zeit, den Abschluss vorzubereiten. Ebenso viel Zeit hat der Lautrer Abwehrverbund, sich zu organisieren. Das ist ja das Schreckliche: Eigentlich stehen ja auch alle tief positioniert. Die Gastgeber schlagen erst einen langen Diagonalball nach rechts, kommen dort nicht weiter, lassen das Leder daher wieder hintenrum auf die linke Seite laufen. Luca Sirch und Frank Ronstadt sind sogar mal kurz dran und haben die Chance, nachhaltig zu klären oder sogar umzuschalten, verlieren das Leder aber wieder. Rechtsverteidiger Sergio Lopez flankt diagonal aus dem rechten Halbfeld, Killian Corredor läuft ein, Frank Ronstadt nicht mit, und der Franzose köpfelt butterweich neben den langen Pfosten.
Gegentreffer Nummer 2: Einen gar nicht mal so inspiriert getretenen langen Freistoßball von Aleksandar Vukotic sichern die Blauen gar nicht mal so gut, Sirch hätte die Chance zu klären, verliert den Ball aber wieder. Corredor passt flach von links vor den Sechzehner, Fraser Hornby darf sich drehen, wie er will, und abziehen.
Gegentreffer Nummer 3: Der FCK verliert den Ball am rechten Flügel in der Vorwärtsbewegung, Ronstadt zieht im Zweikampf den Kürzeren, wieder dürfen die Gastgeber das Spielgerät auf ihre rechte Seite tragen. Philipp Förster schlägt den tiefen Ball auf den für Lopez eingewechselten Marco Thiede,. Der flankt auf den vollkommen freistehenden Hornby. Der legt mit der Brust auf den nicht minder freistehenden Corredor ab. Der schießt, Krahl hält nicht fest, Luca Marseiler staubt ab.
Und dann dürfen’s auch noch zwei Konter sein
Gegentreffer Nummer 4: Ach ja, schnell umschalten könnten die Lilien auch. Heuer versucht's mit einem langen flachen Ball in die Spitze, Vukotic fängt ab, zwei Darmstädter Ballkontakte, toller tiefer Ball von Andreas Müller in die halblinke Spur. Marseiler startet durch, legt quer auf Hornby, der vollstreckt.
Gegentreffer Nummer 5: Zum bösen Ende tanzt Corredor nochmal Almamy Toure und Heuer aus und netzt mit dem rechten Außenrist. Der eingewechselte Afeez Aremu mochte auch nicht mehr eingreifen. Und zuvor durften die Gastgeber das Runde wieder mal durch alle Räume von der linken auf die rechte Seite treiben.
Gegentreffer trotz formierter Abwehrreihen. Gegentreffer nach Kontern aufgrund schlechter Staffelung. Gegentreffer nach schlechtem Stellungsspiel. Gegentreffer nach schwachem Zweikampfverhalten. Und beim dritten Gegentreffer hat auch Krahl mal ordentlich gepatzt. Was soll man dazu noch sagen?
Coach Markus Anfang sprach hinterher von der bislang schlechtesten Saisonleistung seines Teams. Äh, ja, so kann man es sagen.
Darmstadt hätte sogar noch zwei, drei Treffer mehr markieren können. Der Schwede Isac Lidberg stand schon nach wenigen Minuten allein vor Krahl, der aber geistesgegenwärtig mit dem Fuß abwehrte. Kurz darauf musste Lidberg verletzt raus.
FCK offensiv: Klappte weder kurz noch lang
Und was war mit Lauterns Spiel nach vorne? Das war über etwa 75 Minuten ebenfalls zum Vergessen. Versuche, sich nach vorne zu kombinieren, endeten vor allem in Hälfte eins schon weit vorm Strafraum der Lilien. Selbst ansonsten passsichere Spieler wie Daisuke Yokota leisteten sich ungewohnt viele Fehlpässe. Ein paar Mal versuchte man sich an langen Zuspielen in die Spitze. Aber um diese festzumachen, ist Daniel Hanslik nicht der geeignete Stürmer, da fehlte Ragnar Ache, dessen Ausfall die Anfang-Elf zuletzt so geschickt kompensierte, dann doch.
Ebenso fand das dynamische Duo Yokota/Marlon Ritter zu keinem harmonischen Miteinander. Da wird man weiter abwarten müssen, wie sich das Zusammenspiel der beiden Kreativen entwickelt. Vergangene Woche, nach dem 3:1-Sieg gegen Karlsruher SC, bezeichneten wir es noch als "ausbaufähig". Freundlich ausgedrückt, lässt sich nach dieser Partie sagen: Das bleibt es auch weiterhin.
Von Ritter hätte man sich gewünscht, dass er sich bei Ballbesitz öfter links anbietet, so, wie Yokota es immer wieder auf der rechten Seite tut, ehe er den Weg in die Mitte geht. Vor allem, als nach der Pause Tomiak nach vorn auf die Sechs rückte, und sich die Formation wohl in ein 4-1-2-3 verschieben sollte, hätte man sich einen Linksaußen gewünscht. So wurde dessen Raum wechselweise von Filip Kaloc oder dem aufrückenden Florian Kleinhansl besetzt. Keine wirklich wirkungsvolle Option, wenn man einem Rückstand hinterherrennt. Und Aaron Opoku kam später für Yokota, beackerte daher eher die rechte Seite.
Hoffnung machte nur die Viertelstunde nach der Pause
Dass sie mehr drauf haben, zeigten die Betze-Buben lediglich in der Viertelstunde nach der Pause. Da rückten sie endlich mal auf, hatten vorübergehend 56 Prozent Ballbesitz, wiesen 82 Prozent Passpräzision aus gewannen mehr Zweikämpfe als der Gegner. Mit Marseilers Abstauber zum 3:0 in der 62. Minute endete die Herrlichkeit allerdings. Hätte Ronstadt zuvor die bis dato größte FCK-Chance genutzt, als er auf Ritters überlegtes Zuspiel im Strafraum halbrechts zum Schuss kam ... Ja, schon klar, hätte, wenn und aber - alles Gelaber.
Die Szene ist aber auch insofern erwähnenswert, weil ihre Entstehungsgeschichte demonstrierte, wie es an einem guten Tag hätte laufen können. Da war der Ball über drei, vier Stationen durch enge Räume gepasst worden, und eingeleitet hatte die Aktion ein vorbildliches Vorwärtsverteidigen Tourès, der den Ball schon an der Mittellinie eroberte. Dergleichen aber war nur dieses Mal zu sehen. Drum darf nach diesem Kick in den Phrasen-Almanach gegriffen und die Floskel "gebrauchter Tag" herausgezogen werden. Und weil wir gerade dabei sind, noch eine nervige Binsenweisheit aus dem Katzengoldschatz: Lieber einmal 1:5 verlieren als fünfmal 0:1.
Zum Schluss, auch wenn es fast unmöglich erscheint, doch noch was Erfreuliches. Hansliks Treffer zum zwischenzeitlichen 1:4 war nicht nur Ergebniskosmetik. Der eingewechselte Leon Robinson zeichnete sich dabei erstmals als Vorlagengeber im Profiteam des FCK aus. Es war sein insgesamt sechster Liga-Einsatz als Einwechselspieler. So nah an der Ersten Mannschaft war seit einer gefühlten Ewigkeit Jahren kein U21-Zögling mehr. Wäre schön, ihn demnächst mal von Beginn an auflaufen zu sehen.
Tomiak und Kaloc mit mieser Zweikampfbilanz
Zu den Grafiken. Die xG-Timeline spricht für sich. Kein weiterer Kommentar.
Die Postions- und Passgrafik des FCK: Sieht besser aus, als der Lautrer Auftritt "in echt" war. Wie oben schon erwähnt: Unter den Einwechselspielern hätte man sich einen Linksaußen gewünscht. Andererseits: Nach dem 0:3 hätte auch der nicht mehr viel reißen können.
Zum Vergleich die Passmaß des SVD: Da tat sich weiter vorne einfach mehr.
Und zum Schluss wieder mal die Überkreuztabelle der geführten Duelle. Da fällt insbesondere auf, wie unterlegen der FCK in der Schaltzentrale war, insbesondere bei den Werten von Tomiak und Kaloc.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
Weitere Links zum Thema:
- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage