3:0 auf Schalke. Der Lauf der Lautrer hält an. Aber bedeutet der klare Sieg auch eine weitere Leistungssteigerung? Einiges klappt tatsächlich immer besser, anderes gar nicht mal so. Und ein bisschen Glück hat es auch diesmal gebraucht.
Nur eine der jüngsten neun Partien verloren, und das auch nur 0:1 in Elversberg. Sechs Spiele in Folge ungeschlagen. 14 von 18 möglichen Punkten geholt. Und abermals drei Tore in einem Spiel erzielt, diesmal sogar auswärts. Der 1. FC Kaiserslautern ist die Mannschaft der Stunde. Oder?
Da in Momenten wie diesen in einem Umfeld wie diesem schnell Blütenträume sprießen und dabei leicht ein bestimmtes Wort mit "A" fällt, wollen wir an dieser Stelle erstmal zurückrudern. Dieses 3:0 gegen Schalke 04 ist im gleichen Maße zu hoch, wie das 3:2 gegen Braunschweig vor Wochenfrist unnötig knapp ausfiel. Ein oder sogar zwei Quäntchen Glück brauchte es auch in dieser Partie, aber das braucht, wie wir schon mal festgestellt haben, mittlerweile jeder, der in dieser Liga gewinnen will. Daniel Hansliks 2:0 beispielsweise fiel nur, weil sein Schuss noch abgefälscht wurde.
Von diesem minutenlang währenden VAR-Gedöns um den zunächst gegebenen und dann wieder zurückgezogenen Elfmeter für den Gegner fangen wir besser gar nicht erst an. Sondern stellen fest nur: Wäre in dieser 71. Minute das 1:3 gefallen, wäre es wohl nochmal ganz schön stressig geworden für die Betze-Buben.
Endlich mal drei Treffer aus dem Spiel heraus
Erfreulich zu notieren ist auf jeden Fall. Erstmals haben die Roten Teufel drei Treffer in einem Spiel erzielt, ohne dass einem davon ein ruhender Ball vorausging. Nicht mal ein Einwurf, so wie vor Hansliks 3:1 vergangene Woche gegen Braunschweig. Nicht, dass das ehrenrührig wäre - aber es belegt die spielerische Weiterentwicklung, die unter Markus Anfang angestrebt wird und weiter voranschreitet.
Wobei die Entstehungsgeschichten zu den Treffern recht unterschiedlich sind.
Das 1:0 ist Resultat eines Aufbauspiels, das so allerdings gegen einen Kontrahenten, der weniger pomadig agiert und löchrig gestaffelt ist, kaum vonstatten gehen könnte. Die Gäste erledigen das fast schon joggend.
Boris Tomiak passt in der eigenen Hälfte auf Filip Kaloc an der linken Außenlinie. Der trabt ein paar Meter, spielt Hanslik an, der ungefähr 40 Meter vorm Schalker Tor im linken Halbraum vollkommen freisteht. Der timt in aller Ruhe seinen tiefen Pass auf Kaloc, der links startet, dabei aber keinesfalls auf Topspeed hochschalten muss. Kaloc guckt, was sich in der Mitte so tut, flankt halbhoch auf den einlaufenden Ragnar Ache - und der vollstreckt.
Das 2:0: Sirch energisch, Hanslik aus der Drehung
Beim 2:0 schnappt sich Luca Sirch im Mittelkreis einen zu kurz abgewehrten Kopfball nach einem langen Ball, der eigentlich Hanslik erreichen sollte. Sirch bricht auf die rechte Seite aus, marschiert ein paar Meter, flankt flach auf den in Strafraumhöhe lauernden Hanslik. Der zieht aus der Drehung ab - und hat, wie schon erwähnt, ein wenig Glück, dass der Ball für Schalke-Keeper Justin Herkeeren unglücklich abgefälscht wird.
Randnotiz: Sirch agierte zu diesem Zeitpunkt bereits als Mann vor der Abwehr. Er war nach der Pause für Afeez Aremu, der bereits Gelb gesehen hatte, auf diese Position gerückt. Anfang wollte mit dieser Auswechslung eine erneute Gelb-Rote Karte wie Mitte August in Ingolstadt (gegen Jan Gyamerah) verhindern, denn auf Schalke pfiff mit Robin Braun der selbe strenge Schiedsrichter wie damals im Pokal. Für Aremu war Almamy Touré gekommen. Der hatte die linke Innenverteidiger-Position in der Dreierkette übernommen. Tomiak wiederum war in die Mitte gerückt.
Ein Wechsel, der gerade in diesem Moment Früchte trug. Denn auch wenn Aremu nach über einem Jahr Anlaufzeit nun endlich im Team angekommen ist, seinen nunmehr sechsten Startelf-Einsatz in Folge hatte und auch solide abliefert - so ein energisches Umschalten auf Offensive, wie Sirch es in dieser Szene zeigte, ist von dem eher defensiv denkenden Nigerianer nicht unbedingt zu erwarten.
Das 3:0: Ein Fest für Guardiolistas
Das 3:0 schließlich war ein Fest für alle Freunde des sogenannten Ballbesitzfußballs. Flottes Passspiel durch eine gestaffelt stehende Abwehr hindurch. Zelebriert als "Dreiecksspiel" im Sinne der spanischen Fußballlehre. Daisuke Yokota hält den Ball vor der Mittellinie am Fuß, steckt ihn durch die Mitte auf den zentral vor dem Strafraum postierten Kaloc. Der passt direkt nach rechts zu Hanslik. Der wiederum schiebt das Leder in den Laufweg des durchlaufenden Yokota. Der Japaner nimmt's mit, dringt in die Box ein, lässt Innenverteidiger Tomas Kalas alt aussehen und trifft mit links ins Netz.
Also drei Treffer aus dem Spiel heraus. Verlernt haben die Roten Teufel die ruhenden Bälle allerdings nicht. In der ersten Hälfte verzeichneten sie zwei gute Tor-Aktionen nach Ecken. Eine Kopfballchance für Hanslik nach einem direkt zurückgeholten zweiten Ball. Und ein Volley von Ache, das mittig aufs Tor kam und Herkeeren traf.
Die Besten nach Noten: Hanslik und Sirch
Beide Ecken hatte Luca Sirch getreten. Der entwickelt sich auch in dieser Disziplin zum Spezialisten, nachdem die etatmäßigen Experten Marlon Ritter, Erik Wekesser und Philipp Klement nur noch von der Bank oder gar nicht mehr ins Spiel kommen.
Überhaupt Sirch: Starke Leistung abermals. Staubte nicht umsonst bei den Datenanbietern von "Sofascore" die zweitbeste Bewertung ab. Notenbester ist, ebenfalls schon zum wiederholten Male, Daniel Hanslik. Beim ersten Treffer den Vorlagengeber ins Spiel gebracht, den zweiten Treffer selbst erzielt, den dritten vorgelegt - was soll man da noch mehr sagen.
Es wären also sogar noch mehr als drei Tore drin gewesen. Schließlich war da auch noch Florian Kleinhansls 20-Meter-Geschoss aus halblinker Position, nach schönem Flankenlauf von Yokota, der mit viel Überblick in den Rückraum passte. Der Ball strich nur haarscharf am Tor vorbei und wurde von Heerkeren noch, womöglich entscheidend, mit den Fingerspitzen touchiert.
Aber: Es war auch diesmal nicht alles gut
Sind wir jetzt doch wieder zu euphorisch geworden? Dann sei auch das gesagt: Das angestrebte überlegte Aufbauspiel gegen aufrückende Gegner bescherte wie schon in den Partien zuvor einige frühe Ballverluste und dementsprechende Herzinfarkt-Momente. Da hätte gut und gerne was schiefgehen können.
Und manchmal genügt dem Gegner ein viel zu simpler langer Ball, um sich in Schussposition zu bringen. So wie in der 29. Minute.
Erst sorgten erst die drei gut anlaufenden Offensivkräfte der Roten Teufel dafür, dass die Schalker Abwehrspieler inklusive Keeper keinen vernünftigen Aufbaupass riskieren konnten. Sichtlich ratlos drosch dann einer von ihnen das Leder nach vorne. Dieses verlängerte Jannik Bachmann mit dem Kopf - und brachte direkt Kenan Karaman ins Spiel. Der drang halbrechts in den Strafraum ein und wurde von Jan Elvedi gerade noch so gestoppt. Auch das hätte schiefgehen können.
Dichtes Zentrum, aber offene Flügel
Auffallend auch, dass die Schalker Schienenspieler Taylan Bulut und Derry Murkin in der ersten Hälfte viel über die Flügel inszenieren durften. Was sich, natürlich, auch zwangsläufig aus der Lautrer Defensivstrategie ergab, vor allem im Zentrum dicht zu stehen. Was über die beinahe komplette Spielzeit zwar gut gelang. Aber irgendwo musste ein Schalker dann halt mal freistehen - auf der Seite eben.
Sorgen bereitet natürlich das frühe Ausscheiden von Ragnar Ache, der nach 44 Minuten verletzt vom Platz humpelte. Ein längerer Ausfall des Torjägers, der zuvor seinen neunten Saisontreffer erzielte, wäre natürlich ein schwerer Schlag, der den gegenwärtigen Lauf der Pfälzer ins Schlingern bringen könnte. Ob es aber so kommt, ist noch völlig offen, es gibt noch keine genaue Diagnose.
Und: Bereits in der zweiten Hälfte dieses Spiels deutete sich an, wie sich selbst einem solchen Hammer begegnen ließe. Mit der offensiven Variabilität nämlich, die die Anfang-Elf ohnehin zusehends stärker kultiviert.
Für Ache kam nämlich nicht Jannik Mause, der den Mittelstürmer hätte 1:1 ersetzen können. Sondern Kenny Redondo, der von nun an überall zu finden war. Durchaus auch mal in vorderster Linie, um in der für ihn typischen Weise ballführende Schalker Abwehrspieler zu terrorisieren. Er war aber auch mal halbrechter Achter und linker Verteidiger. Hier mal seine bei "Sofascore" entnommene Heatmap:
Und weil wir gerade dabei sind, hier die Heatmap von Hanslik:
Der war ohne Frage Stürmer, aber auf der gesamten Breite des Spielfelds unterwegs. Auch rechts, wo eigentlich Yokota zuhause ist. Apropos:
Der Japaner also bevorzugte durchaus den rechten Flügel, schlängelte aber ebenso im Zehnerraum herum.
Vielleicht werden wir künftig häufiger auf Heatmaps zurückgreifen, um das Anfang-Spiel zu veranschaulichen. Über die volle Spielzeit fest auf einer Position bleibt eigentlich kaum noch einer. Aber es sind immer alle Positionen besetzt. So jedenfalls sieht des Trainers Plan es vor. Und gegenwärtig scheint immer mehr so zu funktionieren, wie des Trainers Plan es vorsieht.
Jetzt aber steht erstmal wieder ein Topspiel auf dem Betzenberg an: Gegen den Karlsruher SC am kommenden Samstag. Da wird auf jeden Fall Kaloc ersetzt werden müssen, der auf Schalke seine fünfte Gelbe Karte sah. Den Kilometerfresser in seiner aktuellen Form zu ersetzen - mit 12,2 zurückgelegten Kilometern war auch diesmal wieder laufstärkster Lautrer -, wird nicht leicht. Auch wenn der Kader augenscheinlich ein paar starke Alternativen anbietet, allen voran Marlon Ritter, der auch diesmal wieder nur 20 Einsatzzeit bekam.
Die xGoals: Bachmanns Chance wird überbewertet
Zu unseren üblichen Grafiken. Die xG-Timeline sieht mit 2,05 : 1,89 Schalke leicht vorne. Die Opta-Datennutzer wie "bundeliga.de" sehen eher ein 1,82 : 2,09 zugunsten Lauterns. Auf jeden Fall überbewertet haben beide wohl die Torchance Bachmanns kurz vor der Pause.
Julian Krahl klatscht ihm eine flache Hereingabe von Bulut zwar direkt in die Beine, was die Computer-Software als riesige Einschusschance erkennen mag. Wer die Szene aber "live" gesehen hat, dürfte erkannt haben: Das geht alles viel zu schnell, als dass Bachmann den Ball unter Kontrolle bringen und abschließen könnte.
Die Positions- und Passgrafik des FCK: Angesichts der Variabilität im Lautrer Spiel wird diese insbesondere im vorderen Bereich immer weniger aussagekräftig, da sich die Computer-Software so eine Art Durchschnittsposition errechnet, ehe sie ihren Spot setzt. Gut zu sehen ist, wie weit vorne Yokota (Nr. 41) positioniert und wie gut er im Spiel war. Sein Spot wird allerdings vom eingewechselten Richmond Tachie (29) überdeckt.
Die Passmap der Schalker: Ja, sie haben den Ball nicht schlecht laufen lassen, und sie wurden ohne Frage auch unter Wert geschlagen, aber das Abwehrverhalten insbesondere bei den Gegentreffern ließ sich eben nicht wieder gutmachen.
Die Passkombinationen im Einzelnen: Da darf jeder für sich ein bisschen schmökern. Wieder auffallend: Sirch hatte erneut die meisten Ballkontakte.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
Weitere Links zum Thema:
- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage