Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-BTSV

Die DBB-Analyse: Spielfreudig und verwirrend variabel

Die DBB-Analyse: Spielfreudig und verwirrend variabel


Es gibt ihn also noch: Den entspannten Fußball-Nachmittag "uffem Betze" mit ei­nem sou­ve­rän herausgespielten, ungefährdeten Sieg des FCK. Okay, zwei Ärgernisse müs­sen zum 3:2 gegen Braunschweig auch notiert werden, die aber sind schnell verraucht.

Einmal war da diese Elfmeter-Entscheidung in der 45. Minute. Auch nach mehrfachem Betrachten ist nicht zu erkennen: Was hat Schiedsrichter Max Burda da so eindeutig foulartiges gesehen, das ihn nicht einmal den VAR anrufen ließ? Das Zlatan Ibrahimovic-Lookalike Rayan Philippe jedenfalls durfte daraufhin den 2:1-Anschlusstreffer für die Seinen markieren. Groß verunsichern konnte dieser die Lautrer aber nicht, denn noch in der Nachspielzeit der ersten Hälfte erzielte Daniel Hanslik das dritte Tor für sein Team.

Zweites kleines Ärgernis war der Bock, den sich FCK-Keeper Julian Krahl in der 96. Minute leistete, und der Philippe seinen zweiten Treffer für die Blaugelben ermöglichte. Da aber waren nur noch zwei Minuten zu überstehen, so dass keine große Unruhe mehr aufkam. Der späte Einschlag lässt lediglich das Endergebnis lediglich knapper aussehen, als es eigentlich angezeigt wäre.

Denn unterm Strich steht ein fast makelloser Heimerfolg des 1. FC Kaiserslautern, der auch unter dem Gesichtspunkt "fußballerische Weiterentwicklung" ein paar neue Einsichten bereithält. Wie erwartet nämlich präsentierte sich Eintracht Braunschweig als Gegner, der im besten Sinne "bespielt" werden wollte. Und den Roten Teufeln gelang es, zwei der drei Treffer sowie zwei Top-Chancen aus dem Spiel heraus einzuleiten. Das ist zweifellos ein Fortschritt gegenüber Spielen wie gegen Regensburg (0:0) und Magdeburg (2:2), in denen ebenfalls tiefstehende Kontrahenten begegnet werden musste.

Drei Treffer: Mal mehr, mal weniger Stationen

Dabei waren Tor-Aktionen gar nicht mal unbedingt Resultat exzessiven "Ballbesitzfußballs". Bei Treffer Nummer 1 braucht es exakt vier Stationen, bis es schnackelt. Filip Kaloc unterbricht einen Braunschweiger Ballbesitz, passt auf Florian Kleinhansl. Der schlägt einen langen Ball auf Ragnar Ache. Der Mittelstürmer setzt sich mit dem Rücken zum Tor im Zweikampf durch, setzt den durchgestarteten Kaloc ein, der aus halblinker Position den Ball mit links ins kurze Eck jagt.

Bei Treffer Nummer 2 sind die Pfälzer tatsächlich mal länger am Ball. Beginnend mit einem Kurzpass von Krahl sind es zunächst vier Stationen, ehe wiederum Kleinhansl Langholz vor den gegnerischen Strafraum schlägt, das die Gäste per Kopf, aber zu kurz abwehren. Den zweiten Ball schnappt sich Hanslik, der nach rechts auf Daisuke Yokota flankt. Anschließend folgen zehn Ballkontakte, bis Ache auf Vorlage von Hanslik den Ball über die Torlinie drückt. Insgesamt zieht sich die Aktion über eine Minute und fünf Sekunden hin.

Bei Treffer Nummer 3 geht's dafür umso schneller. Frank Ronstadt schleudert einen Einwurf an der rechten Seitenlinie entlang auf Daniel Hanslik - und der erledigt den Rest allein: Setzt sich im Zweikampf durch, marschiert den rechten Flügel entlang, biegt Richtung Strafraum ab und netzt ein.

Ache scheitert wieder am Alu - und am Keeper

Nach dem 1:0 gab's wieder einmal einen Alu-Treffer von Ache zu bestaunen. Nach insgesamt sechs Kontakten tief in der eigenen Hälfte riskierte Luca Sirch einen langen Außenristpass auf Ache, der das Laufduell gegen Ermin Bicakcic gewinnt und das Leder an den langen Pfosten zirkelt. Die Aktion kann man allerdings nicht loben, ohne zu tadeln, wie sich Braunschweigs Kapitän da überlaufen lässt: "Eisen-Ermin" hatte einen gebrauchten Tag erwischt und wurde zur Pause ausgewechselt.

Die Top-Chance, die die Gastgeber nach 55 Minuten herausspielte, wies wiederum ein eher klassisches Muster auf. Ronstadt spielt einen Rückpass auf Krahl, der's in der zweiten Hälfte öfter mal mit weiten Bällen versuchte. Diesen hier verlängert Ache mit dem Kopf auf Hanslik. Der startet durch, passt vor dem Sechzehner auf den mitgelaufenen Ache und der scheitert aus halblinker Position an Eintracht-Keeper Marko Johansson.

So viele Tor-Aktionen, die nicht durch einen ruhenden Ball eingeleitet wurden, hatte man in dieser Saison noch in keinem Spiel gesehen. Doch das war nicht das einzige, was es positiv festzuhalten gibt.

Aremu und Kaloc: Zwei, die immer stärker werden

Herausgestrichen werden müssen die ansteigenden Formkurven zweier Akteure, die im FCK-Spiel dieser Saison bislang eher verhalten agierten. Zum einen Afeez Aremu, der sich zusehends mehr zutraut, etwa auch öfter vertikale Zuspiele ins Angriffsdrittel. Von zehn Versuchen dieser Art kamen laut "Wyscout" neun an. Insgesamt lag die Passquote des Sechsers bei 84 Prozent. Dazu acht Balleroberungen, davon sechs in der gegnerischen Hälfte - stark.

Zum anderen natürlich Filip Kaloc, der nun endgültig im Anfang-Fußball angekommen zu sein scheint. Der Tscheche zeigte seine bislang beste Saisonleistung, und das nicht nur wegen seines Tores. Das aber gab ihm womöglich den Rest an Selbstvertrauen zurück, der ihm in den ersten Wochen abhanden gekommen war.

Generell hatte sich der FCK-Coach bei der Besetzung seiner Startelf wieder für die kompakt Einheit entschieden, die sich zuletzt profiliert hat. Und damit auf das Plus an individueller Qualität verzichtet, das ihm durchaus auch zur Verfügung gestanden hätte. Kenny Redondo und Marlon Ritter kamen erst nach 78 Minuten ins Spiel, Aaron Opoku blieb komplett auf der Bank.

Nur Touré kam neu ins Team

Die einzige personelle Änderung gegenüber den vorangegangen Partien gegen Magdeburg und in Nürnberg (0:0) hatte sich gezwungenermaßen ergeben. Boris Tomiak fehlte gelbgesperrt, für ihn rückte Almamy Touré in der Startelf. Der präsentierte sich einmal mehr als spielstarker Abwehrspieler, wies hinterher mit 89 Prozent Passquote sogar einen minimal besseren Wert auf als seine Nebenleute Luca Sirch (88 Prozent) und Jan Elvedi (86 Prozent). Und zeigte, dass er auch er sich auf Anfangs taktische Variationen versteht. Diesmal nämlich war es weniger Sirch, sondern Touré, der sich öfter mal nach vorne schob, um neben Aremu der hinteren Reihe eine Anspielstation zu bieten.

Oder, um Kleinhansl abzusichern, damit der auf der linken Seite Breite herstellen konnte. So, wie es Yokota auf der rechten tat. Sofern es diesen nicht in die Mitte zog, um sich aus der Zehner-Position heraus in tödlichen Pässe zu üben. Etwa vor dem 2:0. Überhaupt war der Auftritt des Japaners wieder sehenswert. Nur bei seinen diversen Abschlussversuchen sah er diesmal, gelinde gesagt, unglücklich aus.

Und: Was hat Anfang da eigentlich spielen lassen

Was aber auch zu der Frage führt: Was hat der FCK da überhaupt gespielt? Fassen wir mal zusammen: Der "Kicker" sah ein 3-4-3, "Transfermarkt.de" ein 3-4-1-2. So haben auch wir auf Der Betze brennt es für unsere Statistik erfasst. Die "Wyscout"-Analysten entdeckten dagegen ein Chargieren zwischen einem 3-1-4-2, einem 3-4-2-1 und, am Ende, einem 5-4-1. Die Taktiktafel von "Sofascore" illustriert ein 3-5-2, wobei, nicht unclever, die fünf Mittelfeldspieler auf einer Höhe dargestellt sind. Der Trainer wird sich köstlich amüsieren, wenn er das alles liest. Was er vermutlich aber nicht tut.

Werten wir diese Verwirrung als Zeichen dafür, dass Anfangs Konzept, auch während des Spiels so variabel wie möglich zu sein, einfach immer besser aufgeht. Einigermaßen sicher sagen lässt sich, dass hinten diesmal die meiste Zeit eher eine Dreier- als eine Viererkette stand. Und dass vorne meistens Yokota den Rechtsaußen gab, während die Besetzung links permanent wechselte.

Schöne Aussicht: Platz 9 mit Blick zum Gipfel

Oft kam da Kleinhansl entlang gewieselt, der ebenfalls sein bislang bestes Spiel im FCK-Dress machte. Kaloc tauchte ebenfalls mal links auf. Hanslik sowieso, der kurzzeitig aber auch mal mit Mittelstürmer Ache tauschte. Wobei Hanslik vor seinem 3:1 als Rechtsaußen unterwegs war. Und damit lassen wir es nun gut sein.

Viel schöner ist es doch festzuhalten. Der FCK ist nun nach 13 Spieltagen mit 20 Punkten Tabellen-9., hat aber nur zwei Zähler Abstand auf Rang 3 und drei auf Rang 2. Das eröffnet alle Perspektiven nach oben, lässt aber kaum Raum für Übermut. Dafür sind's nach unten schon neun Punkte auf Relegationsrang 16. Das schafft Sicherheit für den Fall, dass mal wieder zwei, drei Spiele hintereinander daneben gehen, was in dieser Liga schnell geschehen ist.

Will sagen: Eine gute Ausgangsposition, um den Rest der Saison auf sich zukommen zu lassen.

Luca Sirch auf den Spuren Marcel Halstenbergs

Zu den Grafiken. Mit Philippes zweitem Treffer kurz vor Anpfiff zieht Braunschweig in der xG-Timeline von "Wyscout" sogar an Lautern vorbei. Bei näherem Hinsehen wird aber klar: Das kommt nur durch die beiden Riesenausschläge zustande, die dieser und der Elfmetertreffer verursachen. Das merkte in der Pressekonferenz auch Markus Anfang an, der nach anderen Spielen zwar gerne mal auf die expected Goals verwiesen hatte, das Quasi-Unentschieden an diesem Tag aber nicht so recht gelten lassen wollte. Das schönere Treppchen hat jedenfalls ganz klar der FCK gebaut, zwischen der 20. und der 60. Minute.

xG-Timeline FCK-BTSV

Die Positions- und Passgrafik: Illustriert eigentlich, was wir bereits geschildert haben. Ein Rechtsaußen (Yokota, Nr. 41), aber kein Linksaußen.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Passmap der Braunschweiger. Philippe (9) allein auf weiter Flur, von Polter (17) erhielt er kaum Unterstützung. Auf jeden Fall ein Gewinn für die Eintracht: Mittelfeld-Schaltzentralen Sven Köhler (27).

Passmap BTSV

Statt der Duell-Übersicht heute mal wieder ein Überblick über die Passkombination (wie immer: anklicken zum vergrößern). Entwickelt sich Sirch langsam zu Lauterns Marcel Halstenberg? Na ja, der Hannoveraner spielt schon einige Aufbaupässe mehr. Sirch passt eher zu seinen Nebenleuten Touré und Elvedi. Aber sein Außenristpass auf Ache war erste Sahne.

Passkombinationen FCK-BTSV

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2024/25: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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