Im Blickpunkt

Der DBB-Kadercheck: Es läuft gut - aber nicht für jeden

Der DBB-Kadercheck: Es läuft gut - aber nicht für jeden


Winterpause beim 1. FC Kaiserslautern. Zeit, um inne- und Rückschau zu halten: Wie haben sich die Neuzugänge geschlagen? Wie hat sich die Kaderhierarchie verändert, wer ist Gewinner, wer Verlierer? Wo könnte nachgebessert werden? Schau'n mer mal.

Der Trainer

Über Sinn/Unsinn und die mutmaßlichen Hintergründe des Trainerwechsels von Marco Antwerpen zu Dirk Schuster ist genug gerätselt worden, drum soll es an dieser Stelle bei einem Griff in den Phrasenpool bleiben: Wer gewinnt, hat recht. Und Schuster hat seit seiner Verpflichtung verdammt viel gewonnen: Erst die Relegation, dann sieben Mal in einer Hinrunde, die der Aufsteiger mit 29 Punkten und auf Tabellenrang 4 abschloss. Wie Antwerpen verfolgt auch Schuster keine persönliche Vision eines vermeintlich perfekten Fußballs, sondern richtet die Spielanlage seiner Elf konsequent an den Möglichkeiten des eigenen Personals und denen des Gegners aus. Antwerpen benötigte einige Zeit, bis er einsah, dass eine allzu weit nach vorne orientierte, dominante Spielweise nichts für diesen Kader ist. Aus dieser Erkenntnis heraus formte er eine eigenwillig asymmetrische, über weite Strecken aber auch sehr erfolgreiche 3-5-2-Grundordnung. Schuster versuchte erst gar nichts anderes. Sein FCK-Team agiert nun zwar gleichförmiger und meist in einem 4-2-3-1, aber weiterhin tief gestaffelt, weist die niedrigsten Ballbesitzwerte in der Liga auf und erlaubt dem Gegner so viele Zuspiele wie kein anderes, ehe es attackiert. Aber: Diese Lautrer haben in der Liga die viertmeisten Tore geschossen, liegen auch im xGoals-Ranking auf Rang 5 und sind selbst im Herausholen von Ecken noch Siebter. Mit vergleichsweise wenig Ballbesitz machen die Jungs des Pragmatikers Schuster also mehr Betrieb vor Gegners Kasten als so manches Team, dessen Übungsleiter sich dem sogenannten schönen Spiel verpflichtet glaubt. Natürlich: Nur auf Platz 9 der "Heimtabelle" wollen langjährige Betzenberg-Pilger ihren 1. FC Kaiserslautern nicht dauerhaft sehen. Gegen den ein oder anderen Gast, Nürnberg etwa, hätte er schon etwas mehr Druck ausüben dürfen. Doch wer sagt denn, dass Schuster seinem Personal nicht noch beibringt, zumindest phasenweise dominanter aufzuspielen? Ansätze waren durchaus zu erkennen, beim 1:1 gegen Braunschweig etwa. Und die lange Winterpause bietet reichlich Gelegenheit zum Feintuning.

Die Neuen

Andreas Luthe: Was Ausstrahlung und Persönlichkeit angeht, über alle Zweifel erhaben. Nicht immer fehlerfrei, wehrte den einen oder anderen Ball nach vorne statt zur Seite ab. Hatte dabei aber auch Pech, etwa bei Boris Tomiaks unglücklichem Eigentor zum 4:4 gegen Magdeburg. Überragend seine Paraden beim 1:1 in Hamburg, gehaltener Elfmeter inklusive. Ebenso Erfolgsfaktor beim Neun-Punkte-Strike in der Englischen Woche zum Jahresausklang. DBB-Notenschnitt: 2,4.

Erik Durm: Vorweg, ein Verteidiger von internationalem Format war er nie, einen solchen könnte sich der FCK ja auch gar nicht leisten. Dass er 2014 Nationalspieler und in den WM-Kader nominiert wurde, war besonderen Umständen geschuldet. Das musste jetzt mal so hart gesagt werden, um den gebürtigen Pirmasenser von diesem "Weltmeister"-Etikett zu befreien, das ihm immerfort angebabbt wird. Den Ansprüchen, die realistischerweise an ihn gestellt werden dürfen, wird er jedoch allemal gerecht. Ja, er machte in der Hinrunde auch schwächere Spiele. Bekam insbesondere gegen Typen wie den Darmstädter Braydon Manu und die Magdeburger Flügelpfeile Probleme, aber die bekommen andere Verteidiger auch. Unterm Strich hat sich der 30-jährige solide Stammkraft etabliert, der auf der rechten Abwehrseite ebenso eingesetzt werden kann wie auf der linken. Zuletzt waren von ihm auch vermehrt mit präzisen Zuspielen in die Tiefe, und seine bislang noch seltenen Vorstöße können gerne noch ein paar mehr werden. DBB-Notenschnitt: 3,0.

Robin Bormuth: Kam erst Ende August, als es gerade gut lief, so dass er sich erstmal hinter Tomiak und Kevin Kraus anstellen musste. War aber direkt Innenverteidiger Nummer drei und daher erste Wahl, wenn Schuster, wie gegen Madgeburg und Darmstadt, mitten im Spiel von Vierer- auf Dreierkette umstellte. Seit dem 11. Spieltag durchgehend in der Startelf, seit dem 13. Spieltag ständiger Vertreter des erkrankten Kraus. Harmoniert gut mit Tomiak, behebt auch die Schnelligkeitsdefizite, die Kraus nun einmal hat, dank seiner Erfahrung aber mit guter Vorausschau wettmacht. Daher ist in der Rückrunde ein spannender Dreikampf um die beiden Innenverteidiger-Plätze erwarten. Es sei denn, Tomiak etabliert sich auf Sechser-Position, auf die er zuletzt in Düsseldorf erstmals rückte. DBB-Notenschnitt: 2,8.

Lars Bünning: Erst zwei Einwechslungen in Pflichtspielen und eine davon bescherte ihm lediglich eine Minute Spielzeit. Also nicht wirklich zu beurteilen. Allerdings: Dass kurz vor Transferschluss noch Robin Bormuth verpflichtet wurde, zeugt nicht gerade davon, dass ihm die Trainer nach ihren bislang gewonnenen Eindrücken Bünning die Rolle als dritter Innenverteidiger zutrauten. Immerhin stand er jedes Mal im Spieltagskader. Nach einer großen Zukunft im Trikot der Roten Teufel sieht's bislang aber nicht aus. DBB-Notenschnitt: 4,1

Lex Tyger Lobinger: In der Vorrunde 15 Mal eingewechselt, ein Treffer, eine Vorlage. Das ist hierhin keine schlechte Bilanz nach einem Sprung von der Regionalliga in die Zweite Klasse. Kommt fast immer für Terrence Boyd, ist trotz seiner 1,92 Meter Körpergröße aber kein 1:1-Ersatz für den Sturmtank. Lobinger ist eher ein Typ wie Timmy Thiele, einer, der über lange Wege kommt, aber ein paar Meter braucht, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Mit 23 Jahren entwächst er dem Talent-Alter auch so langsam. Angesichts der Konkurrenz der Kader muss man abwarten, wie es mit ihm weitergeht, wenn ein passenderer Boyd-Vertreter gefunden würde. DBB-Notenschnitt: 3,5.

Philipp Klement: Wechselte erst nach dem 5. Spieltag auf den Betzenberg. Zwei Partien später war bereits klar: Mike Wunderlich und Marlon Ritter und Philipp Klement in einer Startelf, das passt nicht. Seither als Wunderlich-Erbe auf der Zehn im Einsatz. Bei Ballbesitz stets präsent, bereit, sich das Leder auch von ganz hinten zu holen und selbst in größter Bedrängung kaum von ihm zu trennen. Und er schlägt starke Standards. Aber: pomadig in der Rückwärtsbewegung. Dass es acht Partien brauchte, bis mit Klement in der Startelf der erste Sieg eingefahren wurde, ist den Skeptikern nicht entgangen. Dennoch: Wenn seine Mitspieler noch besser mithelfen, seine Schwächen zu kaschieren, damit er seine Stärken noch besser ausspielen kann, ist er Lauterns Zehner für die nächsten Jahre. DBB-Notenschnitt: 3,2.

Aaron Opoku: Kam ebenfalls kurz vor Transferschluss, musste danach noch eine Rot-Sperre absitzen, stand somit erst ab dem 11. Spieltag im Kader. Dass er nicht direkt regelmäßig in der Startelf aufgeboten wurde, überrascht nicht, schließlich lief es gut im aktuellen Team. Bei einem Starteinsatz und nach acht Einwechslungen war aber zu erkennen: Starkes Tempo, tolles Dribbling, prima Zuspiele. Obwohl nicht durchgehend auf dem Platz, beim Neun-Punkte-Run zuletzt offensiv schwer aktiv: Ein Treffer, ein Assist und ein kluger Pass, der den Elfmeterpfiff zum Siegtreffer in Düsseldorf vorbereitete. Kurz: Was bislang von dem 23-Jährigen zu sehen war, macht schon jetzt tierisch Laune auf die Rückrunde. DBB-Notenschnitt: 2,8.

Julian Krahl: Als 21-Jähriger bereits mit guten Leistungen als Stammtorhüter von Viktoria Berlin in der 3. Liga unterwegs, dann auf den Betzenberg gewechselt, bislang aber noch ohne Einsatz und meist noch nicht einmal als Reservekeeper im Spieltagskader. Dass er nicht damit zufrieden sein kann, wie es bislang für ihn läuft, liegt auf der Hand. DBB-Notenschnitt: -

Ben Zolinski: Schied bereits zum Saisonauftakt gegen Hannover nach einer halben Stunde mit einer schweren Knieverletzung aus, tauchte erst wieder zum Jahresabschluss in Düsseldorf als Kaderspieler auf. In der Vorbereitung aber hatte Ben Zolinski sich bereits als taktisch gut geschulter, variabler Offensivspieler vorgestellt, der vielleicht erste Wahl am linken Flügel geblieben wäre, hätte ihn die Verletzung nicht ausgebremst. Bleibt er nun gesund, wird der 30-Jährige im neuen Jahr den Konkurrenzkampf an der Seitenlinie ordentlich anheizen. Denn Außenverteidiger kann er auch, doch auch da trifft er auf etliche Wettbewerber. Ebenso als Zehner, dort heißen die Konkurrenten Klement und Wunderlich. DBB-Notenschnitt: 2,3.

Die Gewinner

Julian Niehues: In der vergangenen Saison bis zum 38. Spieltag nur zwei Startelf-Einsätze. Nach dem kurzfristigen Trainerwechsel folgte sofort die erste, überraschende Nominierung im ersten Relegationsspiel gegen Dresden. In dieser Hinrunde war er schon 15 Mal von Anfang an dabei. Keine Frage, Schuster setzt auf Julian Niehues. Und der entwickelt sich. Fehler wie am 2. Spieltag, als der ihm zugeordnete Kieler Fabian Reese gleich zwei Treffer nach Standards erzielte, waren seither nicht mehr zu sehen. Überhaupt wirkt der auch schon mal ungelenk erscheinende 1,95-Meter-Schlaks zunehmend souveräner in seiner Aktionen, nach vorne wie nach hinten. Mal sehen, wohin er noch reifen kann. Mit erst 21 Jahren ist da noch einiges drin. DBB-Notenschnitt: 3,2.

Kenny Redondo: Bei Antwerpen stand er in der vergangenen Spielzeit 17 Mal in der Startelf, jetzt verzeichnet er schon nach der Hinrunde zehn Einsätze von Anfang an. Und seit seinem Doppelpack gegen Darmstadt am 8. Spieltag kam er nur noch einmal von der Bank, zuletzt beim Dienstagsspiel gegen Karlsruhe, und da sorgte er direkt für die Vorentscheidung. Kenny Redondo ist eine feste Größe im FCK-Spiel geworden, und das, obwohl die Konkurrenz auf Flügeln qualitativ und quantitativ deutlich stärker geworden ist. Seine Schnelligkeit und sein gutes Timing beim Start in den freien Raum kombiniert der 28-Jährige besser denn je. Fünf Treffer und vier Assists bislang sprechen für sich. DBB-Notenschnitt: 2,8.

Jean Zimmer: Wegen einer tückischen Krankheitsgeschichte in der vergangenen Rückrunde außen vor, holte Schuster ihn ausgerechnet vor den entscheidenden Relegationsspielen zurück in die Startelf. In der Hinrunde nominierte er ihn 14 Mal in die Startelf. Keine Frage: Dieser Trainer vertraut auf seinen "Capitano". Was einen der wenigen Aspekte seiner Arbeit bildet, den zumindest Teile des FCK-Anhangs anders betrachten als der von ihnen ansonsten hochgeschätzte Coach. Sie verstehen nicht, weshalb Zimmer Philipp Hercher vorgezogen wird, obwohl diesen ja diverse Verletzungen zurückwarfen. Doch auch davon abgesehen, entspricht der gebürtige Pfälzer nicht dem Typ des Tempodribblers, den Fußballfans so gerne auf den Flügeln sehen. Zimmer Stärken dagegen sind Mentalität und Zweikampfstärke, und die können gerade bei einem Aufsteiger durchaus auch auf einer nominell offensiven Position von Nutzen sein. Nicht unterschätzt werden darf außerdem die Wichtigkeit des Kapitäns für das Mannschaftsgefüge neben und auf dem Platz. Als er mal nicht in der Startelf stand, hagelte es prompt das 0:3 gegen Regensburg und den Blackout nach 2:0-Führung in Überzahl gegen Bielefeld. Davon abgesehen, läuft es dank der Spielpraxis, die er mittlerweile neu gewonnen hat, auch spielerisch bei Zimmer langsam wieder besser. DBB-Notenschnitt: 3,3.

Die Konstanten

Boris Tomiak: Im Grunde könnten alle Spieler, die hier nun als "konstante" Größen aufgeführt werden, auch in der "Gewinner"-Kategorie auftauchen. Denn sie spielen nun ja eine Klasse höher konstant, sind also im allerbesten Sinne erfolgreich aufgestiegen. Das gilt besonders für Boris Tomiak. Im ersten Profi-Jahr glückte ihm nahtlos der Sprung von der Regionalliga in die dritte Klasse, im zweiten spielt er nun wieder eine Klasse höher - und gehört dort laut "Wyscout"-Index bereits zu den 20 besten Innenverteidigern. Angeblich haben auch schon diverse Erstligisten den schnellen, zweikampfstarken 24-Jährigen auf dem Schirm, der bei Standards auch vor dem gegnerischen Tor mit Kopfbällen gefährlich wird. In Düsseldorf zog der Trainer ihn in der zweiten Hälfte nach vorne ins defensive Mittelfeld, wo direkt für mehr Ballgewinne sorgte. Ob sich da eine weitere Option für ihn auftut? DBB-Notenschnitt: 2,7.

Kevin Kraus: "De Schnorres" ist eigentlich kein Aufsteiger, sondern ein Rückkehrer. Mit seinem Wechsel vom 1. FC Heidenheim zum FCK hatte er die Zweite Liga 2018 freiwillig verlassen. Jetzt ist er wieder da. Und hat bereits gezeigt, dass er's noch kann. Seine Schnelligkeitsdefizite, die ihm immerfort nachgesagt werden, kann er dank seiner nunmehr 30 Jahre sogar besser kaschieren als je zuvor, mit Stellungsspiel und guter Antizipation. Guter Zweikämpfer und Kopfballspieler ist er immer gewesen. Offensiv wird er nicht häufig, wenn, dann aber effektvoll. Wie bei seinem Sprint übers ganze Feld in der Schlussphase des St. Pauli-Spiels, als er gar nicht mal angespielt wurde, diverse Gegenspieler aber so ablenkte, dass sich für Boyd der entscheidende Passweg auf Torschütze Redondo eröffnete. Dazu zwei wichtige Treffer nach Standardsituationen: zum 2:1-Auftaktstieg gegen Hannover und zum zwischenzeitlichen 1:1 beim 2:1-Auswärtserfolg in Düsseldorf. Zuletzt außer Gefecht und von Bormuth gut vertreten. Wie schon gesagt: Wenn jetzt alle gesund bleiben, wird der Kampf um die Startelf-Plätze in der Abwehr hart. DBB-Notenschnitt: 2,8.

Hendrick Zuck: Mal ehrlich, wer hatte keine Zweifel, dass er sich auch in der 2. Bundesliga als Stammkraft auf der linken Außenbahn behaupten würde? Zumal abzusehen war, dass er bei Schuster, der hinten Viererkette bevorzugt, wieder mehr in der Defensive gefragt sein würde. Aber: Er hat es geschafft. Den klassischen linken Verteidiger, der 90 Minuten die Außenbahn rauf- und runterpflügt und scharfe Flanken am besten aus vollem Lauf schlägt, gibt er zwar immer noch nicht, eher einen Aufbauspieler an der Seitenlinie. Und als solcher ist er besonders wichtig, gerade weil es beim ersten Pass aus dem Zentrum oft ein wenig hakt. Obendrein ist Zuck der beste Beweis dafür, dass ein Profi auch im gesetzteren Alter noch dazu lernen kann. Mit seinen 32 Jahren hat er sein Defensivverhalten nochmal verbessert. DBB-Notenschnitt: 2,9.

Marlon Ritter: Auch er ist in die Liga zurückgekehrt, durch die er in der Saison 2018/19 schon einmal mit dem SC Paderborn durchmarschiert ist. Und er füllt auch beim FCK die Rolle, die er in der 3. Liga spielte, eine Klasse höher mit der gleichen Überzeugungskraft aus. Tendenziell ist er sogar noch stärker geworden, drum hätte er noch vor allen anderen "konstanten" eine Nominierung als "Gewinner" verdient. Ritter, der Kilometerfresser mit dem feinen Füßchen, der Mann für die Märsche aus der Tiefe und die diagonalen Seitenwechsel. Laut "Wyscout"-Index aktuell sogar die Nummer 1 der 2. Bundesliga im Ranking der besten defensiven Mittelfeldspieler. DBB-Notenschnitt: 2,8.

Terrence Boyd: Auch er spielt einfach die Rolle weiter, die er direkt nach seinem Wechsel im Januar zu spielen begonnen hat: die des Torjägers. Acht Treffer in der Rückrunde 2021/22, acht Treffer in der Hinrunde 2022/23, aber eine Klasse höher, wohlgemerkt. Ja, ab und zu lässt er auch einmal eine gute Einschussgelegenheit liegen. Wobei an dieser mal wieder angemerkt werden sollte: Die im Reportersprech gern bemühten "Hundertprozentigen" gibt's nicht wirklich, selbst ein Elfmeter ist strenggenommen nur eine "76-Prozentige". Wer vorne soviel rackert wie Boyd, sich permanent auf der gesamten Breite des Spielfelds anbietet und ständig mit den gegnerischen Innenverteidigern in den Clinch geht, dem fehlt vorm gegnerischen Kasten auch mal der ruhige Puls für den kaltschnäuzigen Abschluss. Davon, dass er mit seiner ansteckend positiven Art auch Mitspieler und Anhang inspiriert, mal ganz zu schweigen. DBB-Notenschnitt: 2,7.

Avdo Spahic: Er darf hier auf keinen Fall vergessen werden. Ja, er war auch vergangene Saison nur die Nummer zwei im Tor, und diese ist er es wieder, also ist er ein "konstanter". Aber was heißt hier "nur"? Wenn er gebraucht wird, ist auf Spahic Verlass, so geschehen nach Luthes Platzverweis beim 2:2 in Heidenheim und beim anschließenden 1:1 gegen Braunschweig. Mehr kann man von einem zweiten Mann im Tor nicht verlangen. Fragt sich nur, wie lange er sich mit dieser Rolle noch zufrieden gibt. DBB-Notenschnitt: 2,1.

Die Verlierer

Mike Wunderlich: Es tut weh, den alten Fuchs unter diesem Zwischentitel aufführen zu müssen. Aber die Fakten sprechen nun einmal für sich: Wunderlich ist seit Klements spätem Wechsel nur noch Zehner auf Abruf. Und das, obwohl er trotz seiner 36 Jahre auf dieser Position zuvor keinesfalls versagt und auch schon vier Mal getroffen hatte. So hat er sich seine Rückkehr in die 2. Bundesliga sicher nicht vorgestellt. Formulieren wir es mal so, wie einer wie er es verdient hat: Dank ihm kann der FCK in dieser Saison einen fließenden Wechsel auf der wichtigen Position hinter den Spitzen praktizieren. Indem er Klement jederzeit auf gleichbleibendem Niveau ersetzen kann - und ab und an von der Bank Knipserqualitäten ins Spiel bringt, die vorher vielleicht fehlten -, ist Mike Wunderlich auch in dieser Rolle noch von großem Nutzen. DBB-Notenschnitt: 2,9.

Philipp Hercher: Seine Nominierung in dieser Rubrik schmerzt nicht minder. Lauterns Topscorer der vergangenen Saison - sechs Treffer und zehn Assists - kam verletzungsbedingt erst am 5. Spieltag zu seinem ersten Startelf-Einsatz. Dann bremsten ihn Leistenprobleme aus, während seine Mitbewerber auf den Flügen zahlreicher wurden. Erst in der Mitte der Englischen Woche, beim 2:0 gegen Karlsruhe, durfte Hercher mal wieder vom Anpfiff an ran. Doch auch wenn er nur von der Bank kommt, ist er ein Aktivposten, zuletzt bereitete er Hansliks Siegtreffer in Bielefeld vor. Und wenn es im neuen Jahr wieder richtig rund bei ihm läuft und die Leiste hoffentlich nicht mehr schmerzt, wird er das erste und das letzte Mal in dieser Rubrik aufgetaucht sein. DBB-Notenschnitt: 3,0.

Daniel Hanslik: Der nächste Aufstiegsheld, dessen Name man hier eigentlich nicht lesen will. Doch es lässt sich nicht leugnen: Der 26-Jährige ist im Lauf der Hinrunde ein wenig aufs Abstellgleis geraten, durfte erst gegen Karlsruhe mal wieder von Beginn an ran. In diesem Spiel fraß er übrigens die meisten Kilometer im FCK-Team, 11,2, und das, obwohl er nur 82 Minuten auf dem Platz stand. Hätte dies irgendjemand, der das Spiel gesehen hat, vermutet? Eben. Genau das ist nämlich Hansliks Problem: Er ist ein auch gegen den Ball gut arbeitender Stürmer mit ebenso gutem Spielverständnis, hat aber nichts Spektakuläres. Typen wie Redondo und Opoku setzen sich einfach effektvoller in Szene. Und gerade angesichts dieser Konkurrenz stellen sich Hanslik Perspektiven am Betzenberg zurzeit nicht gerade rosig dar. Was sich in dem Geschäft aber auch schnell wieder ändern kann. DBB-Notenschnitt: 3,0.

Hikmet Ciftci: Auch unter Antwerpen war er erst in der Schlussphase der vergangenen Saison zum regelmäßigen Startelf-Kandidaten aufgestiegen. Insofern ist er in der Kaderhierarchie gar nicht so tief gefallen, denn eingewechselt wird er ja ständig. Aber er war nur einmal in der Halbserie von Anfang an dabei. Das hat sich der 24-Jährige so sicher nicht vorgestellt, als er im Sommer nach einigem Gezacker seinen Vertrag am Betzenberg verlängerte. Und dieser eine Einsatz in Düsseldorf dauerte auch nur eine Dreiviertelstunde. Zur Pause musste er raus, weil Schuster Neues plante, Ciftci aber auch einige unglückliche Aktionen hatte. In Bestform würde man sich einen wie ihn öfter im FCK-Team wünschen, als aggressiver Balleroberer im hinteren Mittelfeld und Mann für den langen Ball aus der Abwehr. Mal sehen, wie es mit ihm weitergeht. DBB-Notenschnitt: 3,0.

Dominik Schad: An seine großartigen Leistungen vor seinem Wadenbeinbruch im Oktober 2020 konnte der Rechtsverteidiger auch schon in der vergangenen Saison nicht mehr anknüpfen. Marco Antwerpen wechselte ihn aber immerhin 19 Mal ein, vor allem, wenn in der Schlussphase noch "Speed" gebraucht wurde, die exakte Position spielte dabei eine eher untergeordnete Rolle. Diese Saison schien Dominik Schad noch weniger Spielpraxis zu bekommen. Nur zwei Kurzeinsätze bis zum 15. Spieltag. Immerhin stand er fast jedes Mal im Spieltagskader. Zum Jahresausklang aber durfte er wieder reichlich Hoffnung auf bessere Zeiten schöpfen. In allen drei Spielen der Englischen Wochen in der Startelf, in Bielefeld als rechter, gegen Karlsruhe als linker Verteidiger, und beide Male mit überzeugender kämpferischer Leistung. Nur in Düsseldorf lief es nicht so gut, da musste er zur Pause raus. Dem Liga-Neustart im Januar wird der 25-Jährige nun sicher mehr als jeder andere entgegenfiebern. DBB-Notenschnitt: 3,2.

Max Hippe: Kam schon in der vergangenen Saison nur zu neun Einsätzen, drei davon als Einwechselspieler. Und das, obwohl Antwerpen meist mit drei Innenverteidigern spielen ließ. Nach den Verpflichtungen Bünnings und Bormuths ist Max Hippe nun nur noch Innenverteidiger Nummer 5, stand nicht einmal im Spieltagskader. Zeitweise war der 24-Jährige zum Oberliga-Team abkommandiert. Mehr muss man zu seinen Zukunftsperspektiven im FCK-Trikot wohl nicht sagen. DBB-Notenschnitt: -

Muhammed Kiprit: Und damit wären wir bei Mysterien dieses Sports angekommen. Auch wenn Trainer gar nicht mal so weit auseinanderliegen, was ihr Fußball-Verständnis angeht, gibt es immer wieder Spieler, die sie vollkommen unterschiedlich bewerten. Kiprit, nunmehr 23 Jahre alt, hatte sich vergangenes Jahr als durchaus talentierter Stürmer vorgestellt, dem Antwerpen reichlich Gelegenheit zur Weiterentwicklung gab. 26 Einsätze, davon sieben in Startelf, und immerhin drei Treffer sprechen für sich. Und wäre er ein typischer Neuner wie er nicht eher ein Backup für Boyd als Lobinger? Dirk Schuster sieht das nicht so. Kiprit ist vollkommen in der Versenkung verschwunden, stand zu Saisonbeginn wenigstens noch vier Mal im Kader, zum Ende hin nur noch einmal. Im Interesse seines Talents wäre es ein feiner Zug des FCK, wenn er ihm ermöglichen würde, in der Winterpause weiterzuziehen. Und der Spieler sollte diese Möglichkeit dann auch trotz vielleicht geringerem Gehalt auch wahrnehmen. Denn ein Junge in seinem Alter braucht nun einmal Spielpraxis, um sich zu weiterzuentwickeln. DBB-Notenschnitt: -

René Klingenburg: Für Antwerpen die ultimative Allzweckwaffe, für Schuster unbrauchbar. Die eine Minute Spielzeit, die der aktuelle Trainer Klingenburg in Fürth schenkte, schien eher ein Zuckerl dafür zu sein, dass das Mentalitätsmonster anscheinend nie seine positive Einstellung verliert und stets betont, auf seine Chance zu warten. Faktisch aber war er die komplette Hinrunde außen vor, und wo sich im Winter noch ein Plätzchen für ihn auftun sollte, ist nicht zu erkennen. So leidenschaftlich, wie Klingenburg sich immer zum FCK bekannt hat, blutet einem das Herz, es hinschreiben zu müssen, aber: Unter diesen Vorzeichen hilft es weder ihm noch dem Verein, diesen Zustand beizubehalten. Klingenburg mag nicht der Schnellste sein, aber er ist erst 28 Jahre alt - und als "Aggressive Leader" könnte er nahezu jeden Drittligisten antreiben. DBB-Notenschnitt: -

Der Waschzettel für die Winterpause

Welche Schlüsse unserer Ansicht nach aus diesem Kadercheck zu ziehen wären? Mit Kiprit, Klingenburg, Hippe und einem Kandidaten aus dem übervollen Angebot an Flügelspielern könnte der FCK in der Winterpause mindestens vier Spieler abgeben, ohne dass dem Trainer Kader-Alternativen verloren gingen, die in seinen Überlegungen gegenwärtig ernsthaft eine Rolle spielen. Weitere Akteure wie der dritte Torwart Krahl könnten für eine Ausleihe in Frage kommen. Geholt werden könnten beispielsweise ein "baugleicher" Backup für Boyd sowie ein defensiver Mittelfeldspieler, der den ersten Pass aus dem Abwehrzentrum beherrscht. Wie zu hören war, baggerte FCK-Sportchef Thomas Hengen bereits im Sommer am Bremer Nicolai Rapp. Der 25-Jährige wurde bei Werder auch in dieser Hinrunde nicht gerade überbeschäftigt, möglicherweise also wird da in den nächsten Wochen nochmal nachgehakt. Ansonsten ist Vorsicht geboten: In einem Team, in dem es gerade so gut läuft, können zu viele Wintertransfers auch unnötig Unruhe stiften. Die Kaderverkleinerung ließe auch die Nachwuchskicker Aaron Basenach und Angelos Stavridis wieder näher an die erste Elf rücken, ebenso bräuchte Anas Bakhat, der schließlich schon mal richtig dran und drin im Kader war, nach seinen zahlreichen Verletzungspausen endlich Einsatzminuten. Seit Carlo Sickinger, Christian Kühlwetter und Florian Pick hat kein Gewächs aus dem U19/U21-Bereich mehr den Durchbruch bei den Profis geschafft, das sollte sich langsam mal wieder ändern.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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