Im Blickpunkt

Was sind die Gründe für Lauterns Siegesserie?

Was sind die Gründe für Lauterns Siegesserie?


Das Fußballjahr 2019 neigt sich dem Ende zu, da reiht der 1. FC Kaiserslautern auf einmal einen Sieg an den nächsten. Bei allem Jubel über den Umschwung stellt sich natürlich die Frage: Was hat Trainer Boris Schommers mit der Mannschaft bloß gemacht?

Rückblende: Der November 2019 war zwei Tage alt, da prophezeiten Boris Schommers wohl nicht mehr allzu viele FCK-Freunde eine erfolgreiche Amtszeit als Trainer des 1. FC Kaiserslautern. Die gerade erlebte 2:3-Heimniederlage gegen die Würzburger Kickers war dabei - allerdings auch unter dem Eindruck des nur wenige Tage zurückliegenden Pokal-Coups gegen den 1. FC Nürnberg - gar nicht mal der gefühlte Tiefpunkt der bisherigen Partien unter Leitung des in dieser Phase von nicht wenigen zu Tode Betrübten als "Jugend-Trainer" diskreditierten 40-Jährigen. Mit Schrecken erinnerten sich die Hartgesottenen auch an die beiden 1:3-Pleiten bei 1860 München und beim Chemnitzer FC, in denen die Lautrer scheinbar hoffnungslos überfordert dem Abstiegskampf in Liga drei entgegen taumelten.

Erst "Jugend-Trainer", dann der "beste Mann"

Exakt sechs Wochen später schwappte an diesem Samstag von einigen himmelhoch Jauchzenden erstmals ein dezentes "Boris Schommers, du bist der beste Mann" von der Haupttribüne des Grünwalder Stadions in München. Dort hatte der so Gelobte mit den Roten Teufeln gegen Bayern München II gerade den fünften Sieg in Serie eingefahren und schickt sich kurz vor der Winterpause an, das Drittliga-Feld von hinten aufzurollen. Es habe etwas länger gedauert, um die Mannschaft zu stabilisieren, sagte Schommers nach dem 3:1 bei den kleinen Bayern über seine ersten ziemlich holprigen Wochen auf dem Betzenberg. Wie genau er das geschafft hat, verriet der Fußball-Lehrer freilich nicht. Und so darf im Umfeld fleißig über die Gründe für den Umschwung diskutiert werden.

Analyse und Ursachenforschung bei solchen Trendwenden im Fußball beginnen häufig mit dem Blick auf System und Grundformation einer Mannschaft sowie auf das eingesetzte Personal. Ersterer hilft beim FCK im November 2019 allerdings kaum weiter. Schließlich wurde das zuletzt so gut funktionierende 4-4-2 auch schon zu Beginn von Schommers' Amtszeit gespielt - unter anderem bei den schon erwähnten Vollpleiten bei den Löwen und beim CFC. Den zunächst größten Erfolg unter dem neuen Coach realisierte das Team im DFB-Pokal gegen Nürnberg stattdessen mit einer defensiven Dreier-/Fünferkette, die drei Tage später gegen Würzburg wiederum krachend scheiterte.

Drei raus, zwei rein - und plötzlich läuft's

Auch bei den eingesetzten Spielern fällt auf, dass Schommers im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern - unter Michael Frontzeck debütierten Christian Kühlwetter und Lukas Gottwalt, Sascha Hildmann verhalf Carlo Sickinger, Antonio Jonjic und Lennart Grill zu ihren Profi-Debüts – noch keinen Spieler aus dem Unterbau nachhaltig "nach oben" gezogen hat. Eine Maßnahme, der sich neue Übungsleiter ausgesprochen gerne bedienen. Stattdessen ist der Beginn der aktuellen Erfolgsserie nahezu deckungsgleich mit der Reaktivierung von André Hainault und Hendrick Zuck. Zwei Routiniers im Kader, die in der Analyse der Vorsaison noch explizit als Schwachpunkte ausgemacht worden waren.

Mehr Erfahrung also als Erklärungsansatz für den Aufschwung? Auch nicht wirklich, da im Gegenzug mit Janek Sternberg und Christoph Hemlein zwei andere, ebenfalls zu den älteren Profis im Aufgebot zählende Spieler, ganz bewusst aus dem Drittliga-Kader herausgenommen wurden. Er wollte mit der Versetzung des Trios (neben Hemlein und Sternberg auch noch Antonio Jonjic) zur zweiten Mannschaft die Hierarchie und die Struktur im Team verändern und die Führungsrolle auf mehrere Schultern verteilen, begründete Schommers den aufsehenerregenden Schritt. Und er wolle Spielern, bei denen er "Potential zum Führungsspieler" sehe, "die Möglichkeit geben, an dieser Aufgabe zu wachsen".

Sickinger, Kühlwetter und andere: Neue Hierarchie trägt Früchte

Namen nannte der Coach in diesem Zusammenhang zwar keine. Die Beförderungen von Carlo Sickinger zum Kapitän und die von Christian Kühlwetter zu einem seiner beiden Stellvertreter waren aber auch so deutlich genug. Letzterer bedankte sich für das Vertrauen, indem er seit dem Uerdingen-Spiel in jeder Partie, bei der er dabei war, mindestens ein Tor geschossen hat. Sickinger überzeugte im zentralen Mittelfeld mit durchweg guten Leistungen (DBB-Durchschnittsnote: 2,2 - in den Spielen davor: 3,8). "Wir haben eine neue Hierarchie gebildet", sagte Schommers vor der Begegnung in München. Und: "Die neue Struktur tut der Mannschaft gut."

Toreschießen und gute Leistungen waren natürlich auch in der alten Struktur nicht verboten. Positive Entwicklungen - sowohl individuell wie auch im Kollektiv - finden sich aber gerade in den vergangene Wochen zuhauf. Timmy Thiele, der gleich in der zweiten Partie unter Schommers mit einem überflüssigen Platzverweis im Verbandspokal eher negativ aufgefallen war, übernahm schon kurz vor der aktuelle Siegesserie im Pokal gegen Nürnberg bei beiden Elfmetern die Verantwortung und verwandelte auch die Wiederholung seines zweiten Versuchs sicher. Simon Skarlatidis, zum Saisonstart zuerst von einer Verletzung, dann oft von Formschwäche ausgebremst, entschied die beiden jüngsten Auswärtsspiele jeweils als Joker und machte zudem Kühlwetter den Platz in der Startformation streitig. Insgesamt stand zuletzt eine echte Mannschaft auf dem Platz, die auch in richtig engen Partien wie gegen Halle und Bayern II bis zuletzt an einen Erfolg glaubte. Eigentlich eine traditionelle Betze-Tugend gerade in Heimspielen, die seit dem Abstieg in die 3. Liga aber kaum einmal zu erleben war.

Selbstvertrauen, Stammelf, Stabilität - und alles bedingt sich gegenseitig

Als Erklärung für den Umschwung taugen somit als erstes der viel zitierte Kopf und der Faktor Selbstvertrauen, dem der Trainer mit seiner Umstrukturierung wohl einen entscheidenden Impuls gegeben hat. Wer beispielsweise den Florian Pick aus der letzten Saison mit dem aus der aktuellen vergleicht, der konnte ja schon in den Wochen davor erkennen, wie stark sich die sogenannte breite Brust auf das Leistungsvermögen auswirkt. Damit einher gehen weitere Entwicklungen, die sich letztlich alle wiederum gegenseitig positiv aufeinander auswirken. Etwa die Herausbildung einer echten Stammelf oder die Formation einer Innenverteidigung, die endlich besser funktioniert als die sechs (!) seit Saisonstart ausprobierten Kombinationen auf dieser Position.

Mit der vermeintlich fehlenden individuellen Qualität der Spieler hatten die bisherigen Probleme der Roten Teufel in Liga drei derweil wohl wenig zu tun. Eher schon mit dem fehlenden, aber immer auch notwendigen Quäntchen Glück. Denn wer weiß, wie die Saison verlaufen wäre, hätte auch Sascha Hildmann im Sommer die beiden guten Spiele gegen Ingolstadt und in Münster gleich mit dem zweiten und dritten Sieg hintereinander gekrönt. Stattdessen könnte sich nun Schommers endlich als die beim FCK so sehr benötigte längerfristige Lösung auf der Trainerposition erweisen. Nach großem gegenseitigem Fremdeln zu Beginn werden Coach und Anhängerschaft jedenfalls immer wärmer miteinander und peilen zum Jahresabschluss in Unterhaching den sechsten Sieg in Folge an. Das gab es zuletzt vor zehn Jahren unter Marco Kurz - der ist am Ende der Saison 2009/10 bekanntlich aufgestiegen.

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Quelle: Der Betze brennt | Autor: Ingo

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