Auch in diesem Jahr stellt Der Betze brennt alle Kandidaten zur Aufsichtsratswahl beim 1. FC Kaiserslautern vor. Jüngster Bewerber ist der 34-jährige Beteiligungsmanager Christian Bettinger, der im Interview seinen Sechs-Punkte-Sofortplan für den FCK auflistet und erläutert, was es mit der "FCK Holding GmbH" auf sich hat.
Der Betze brennt: Christian Bettinger, ist der 1. FC Kaiserslautern überhaupt noch zu retten?
Christian Bettinger (34): Ich bin der Meinung, dass der FCK mit seinen Fans, seiner Historie, seiner Emotion es wert ist, alles zu versuchen, um eine Rettung zu schaffen. Genau dafür trete ich an.
Sportlich steckt im Kader ganz klar mehr als der aktuelle Tabellenplatz 16. Wenn man sich zudem über die letzten Jahre anschaut, welche Talente der FCK immer wieder entwickelt hat - Orban, Koch, Zimmer, Heintz, oder aktuell ein Grill, Kühlwetter, Pick, Sickinger - zeigt sich ganz klar das Potential unseres Klubs, perspektivisch wieder höherklassig zu spielen. Wie groß die wirtschaftliche Lücke genau ist, kann ich Ihnen zum aktuellen Zeitpunkt leider nicht beantworten, da mir keine transparente Zahlenbasis, sondern nur Schätzungen vorliegen. Eine der Kernaufgaben des neuen Aufsichtsrates muss ein zügiger Kassensturz sein, um Einnahmen/Ausgaben sowie die Struktur der Verbindlichkeiten zu analysieren. Danach kennen wir die Finanzierungslücke und müssen entlang des verabschiedeten Vier-Säulen-Konzeptes an der Schließung arbeiten.
Steckbrief:
Name: Christian Bettinger
Alter: 34
Wohnort: München
Beruf: Beteiligungsmanager
FCK-Mitglied seit: 2015Der Betze brennt: Stellen Sie sich den Vereinsmitgliedern doch bitte kurz vor: Was muss man beruflich und privat von Ihnen wissen? Und welchen Bezug haben Sie zum FCK?
Bettinger: Meine Eltern sind gebürtige Pfälzer und haben mich im Westerwald großgezogen. Ich bin heute 34 Jahre alt, glücklich verheiratet und wohne aktuell mit meiner Frau und unserem drei Monate jungen Sohn in München. Wie meine ganze Familie, bin ich seit frühester Kindheit glühender FCK-Fan. Den prägendsten Sportmoment, an den ich mich als Kind erinnern kann, war der auf den Abstieg folgende DFB-Pokalsieg 1996 in Berlin durch Martin Wagners Freistoßtor, bei dem ich als 11-jähriger Junge zusammen mit meinen Eltern im Berliner Olympiastadion dabei sein konnte.
Beruflich würde ich mich als erfolgshungrigen, unternehmerischen Finanz-Allrounder beschreiben. Ich habe national und international gearbeitet und studiert, konnte wertvolle Erfahrungen in Großunternehmen sowie in Startups sammeln. Seit 2014 bin ich bei der Beteiligungsgesellschaft Paragon tätig und investiere für große Pensionskassen in den deutschsprachigen Mittelstand.
"Ein Aufsichtsrat darf niemand sein, der lieber Geschäftsführer wäre"
Der Betze brennt: Sie leben in München, sind dort auch beruflich stark eingespannt, während beim FCK trotz aller modernen Kommunikationsmöglichkeiten immer noch vieles auch "vor Ort" geregelt wird. Wie können Sie gewährleisten, dass Sie als Aufsichtsratsmitglied stets greifbar sind, wenn es notwendig ist?
Bettinger: Meine berufliche Tätigkeit ist ohne Frage zeitlich sehr fordernd, hat mich jedoch auch gelehrt, viele unterschiedliche Bälle parallel zu jonglieren. Ich bin es gewohnt, viel in Deutschland unterwegs zu sein und mit Videokonferenzen zu arbeiten. Mein Telefon ist abends um 18:00 Uhr nicht ausgeschaltet, sondern ich bin für meine Kollegen und die Geschäftsführer unserer Beteiligungen 24/7 erreichbar, falls etwas "brennt". Für das unentgeltliche Ehrenamt "Aufsichtsrat beim 1. FC Kaiserslautern" bin ich bereit, für die Dauer der Berufung den Großteil meiner Freizeit zu investieren. Mein Anspruch und Arbeitsethos ist es, bei wichtigen Themen auch hier immer greifbar und erreichbar zu sein. Große Teile meiner Familie wohnen in Rheinland-Pfalz, sodass ich ohnehin persönlich immer wieder vor Ort bin. Da zudem die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder rund um Kaiserslautern ansässig sind, ist aus meiner Sicht die Schlagkräftigkeit des Teams zu jeder Zeit gewährleistet.
Wichtig ist mir jedoch auch ein klares Rollenverständnis: Ein Aufsichtsrat darf niemand sein, der eigentlich lieber Geschäftsführer geworden wäre und Entscheidungen im Tagesgeschäft treffen möchte - das gibt es leider häufig. Die elementarste Aufgabe des Aufsichtsrates ist es, Weichen zu stellen und die richtigen Vorstände beziehungsweise Geschäftsführer zu verpflichten. Diese führen innerhalb eines genehmigten Rahmens die operativen Geschäfte, also insbesondere Sport und Finanzen. Der Aufsichtsrat führt - wie der Name sagt - "Aufsicht" und muss im Notfall korrigierend eingreifen.
Der Betze brennt: Sie sind gleichzeitig mit 34 Jahren auch der jüngste Kandidat bei dieser Aufsichtsratswahl, alle anderen sind deutlich älter. Ist das aus Ihrer Sicht ein erwähnenswerter Faktor - vielleicht sogar ein Pluspunkt?
Bettinger: Offensichtlich bringe ich die "jugendliche Unbekümmertheit" mit die nötig ist, um sich in der aktuellen Situation überhaupt für dieses Ehrenamt beim FCK zu bewerben (lacht). Spaß beiseite. Für mich ist ganz klar ein Pluspunkt, dass ich in keinem der Beziehungsgeflechte oder "Lager" rund um die Entwicklungen des FCK der letzten 24 Monate stecke. Ich bin ein analytischer Typ, der sich über persönliche Gespräche faktenbasiert eine Meinung formt - ohne jegliche Vorbehalte oder Vorurteile. Mein Lebensalter ist aus meiner Sicht kein entscheidender Faktor. Ich bin aber überzeugt, dass Diversität im Aufsichtsrat wichtig ist, um alle Anspruchsgruppen in unserem Verein angemessen zu repräsentieren. Wenn eine Gruppe zu homogen, zu gleichartig ist oder sich zu gut kennt, wird häufig die erste und nicht die beste Lösung gewählt.
"Ich trete nicht als Vertreter von Paragon oder Herrn Becca an"
Der Betze brennt: Gleich am Tag Ihrer Kandidatur haben aufmerksame Vereinsmitglieder recherchiert, dass Sie vor wenigen Wochen eine "FCK Holding GmbH" gegründet haben, die etwa Aktienbeteiligungen am FCK verwalten könnte. Sofort wurden verschiedenste Spekulationen dazu diskutiert - die FCK-Anhänger sind gebrannte Kinder nach dem Vertrauensmissbrauch der letzten Monate und Jahre. Klären Sie uns bitte auf: Was hat es mit dieser Beteiligungsgesellschaft tatsächlich auf sich?
Bettinger: Die Antwort ist offen gestanden sehr einfach: Anstatt mit Aktien zu spekulieren oder Wohnungen zu kaufen, investiere ich für meine Altersvorsorge selbst verdientes Geld in kleine Unternehmen. Um diese Investitionen administrativ zu vereinfachen, habe ich dieses Jahr eine Holding gegründet und einige meiner Beteiligungen in den letzten Wochen notariell eingebracht. Der Name "FCK Holding GmbH" setzt sich aus den Initialen meiner Familie zusammen: Meine Frau Franziska, Christian, mein drei Monate Sohn Kilian - ergibt zusammen FCK. Als großer FCK-Fan für mich natürlich der perfekte Name für unsere Familienholding. Die für alle öffentlich einsehbare Satzung sagt ganz klar, dass es hier rein um "die Verwaltung eigenen Vermögens" geht - es gibt außer mir keine Gesellschafter und mit der Gesellschaft auch keinerlei Motivation in Richtung des 1. FC Kaiserslautern. Zum Zeitpunkt der Holding-Eintragung (im September 2019; Anm. d. Red.) war meine Entscheidung, für den Aufsichtsrat zu kandidieren, noch gar nicht gefallen.
An dieser Stelle ist mir auch ganz wichtig zu betonen: Ich trete nicht als Vertreter von Paragon, einem Herr Becca oder einem anderen Investor an, sondern als langjähriger FCK-Fan und objektiver Finanzfachmann "Christian Bettinger".
Der Betze brennt: Aktuell steckt der FCK in der wohl größten Krise seiner Vereinsgeschichte, aber es bieten sich - bedingt durch die vielen Rücktritte - auch große Chancen zur Neugestaltung. Welche Sofortmaßnahmen müssen aus Ihrer Sicht nach der Mitgliederversammlung am 01. Dezember ergriffen werden?
Bettinger: Der Umbruch bringt einige Chancen mit sich - allerdings auch ein sehr hohes Maß an Unsicherheit für viele Beteiligte, speziell für Fans, Mitarbeiter, Spieler oder mögliche Kapitalgeber. Daher müssen die wichtigsten Themen umgehend angegangen werden:
Erstens: Kassensturz, um maximale Transparenz zu erhalten, wie lange die aktuellen finanziellen Mittel des FCK noch ausreichen und welche Summe für den Fortbestand des Vereins eingeworben werden muss.
Zweitens: Entscheidung im neuen Aufsichtsrat, inwiefern ein Vertrauensverhältnis mit dem aktuellen Vorstand besteht und ob an einem Strang gezogen wird.
Drittens: Zeitnahe Besetzung der beiden extrem wichtigen Stellen Geschäftsführer Sport sowie Geschäftsführer Finanzen bei der 1. FC Kaiserslautern Management GmbH.
Viertens: Ergebnisoffene Gespräche mit allen Parteien, die seriöses und belastbares Interesse an einer finanziellen Stabilisierung des FCK im Rahmen des Vier-Säulen-Konzeptes angeboten haben.
Fünftens: Budgetierung 2020/21 und Vorbereitung der Zulassungsunterlagen für die nächste Drittliga-Saison zu Ende Februar 2020.
Sechstens: Wir müssen wieder eine positive und respektvolle Kommunikationskultur zwischen allen Vereinsgremien, den Fans und der Mannschaft etablieren.
Der Betze brennt: Und was ist mittel- und langfristig zu tun, um den FCK wieder auf die Überholspur zu bringen?
Bettinger: Der FCK muss sich - genau wie jedes mittelständische Unternehmen - seiner Stärken und Schwächen bewusst werden und daraus eine passende Strategie entwickeln. Diese sollte in realistische Zwischenziele runtergebrochen und konsequent umgesetzt werden. Dieser Weg erfordert Geduld. Wir dürfen nicht über Champions League sprechen, sondern müssen einen realistischen Plan Richtung 2.Liga entwickeln, um den Kopf finanziell wieder über Wasser zu bekommen. Wenn Ziele überambitioniert sind, entsteht aufgrund der vorprogrammierten Verfehlung der eigenen Ansprüche Unruhe und es entwickelt sich eine Negativspirale. Vereine, die nachhaltig erfolgreich sind, haben klare Strategien, stabile Strukturen und Kontinuität im Führungspersonal.
Es gibt von den objektiven Rahmenbedingungen her - Fan-Basis, Jugendarbeit, Stadion, Sponsoren/Partner - keinen Grund, warum ein SC Freiburg oder ein FC Augsburg in der Bundesliga spielen und der FCK in Liga 3. Wir haben es selbst in der Hand!
Der Betze brennt: Wo sehen Sie Ihre ganz persönlichen Kompetenzen, die Sie gerne im neuen Aufsichtsrat einbringen möchten?
Bettinger: Als erfahrener Investor bringe ich mein Wissen und Know-how im Hinblick auf Finanzierungslösungen innerhalb des Vier-Säulen-Models ein. Bei diesem wichtigen Thema sollte auch der FCK einen "Profi" in seinen Reihen haben, um auf Augenhöhe mit Kapitalgebern zu verhandeln und sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Aus meiner Investmenterfahrung heraus kann ich einschätzen welche Angebote seriös sind und welche "heiße Luft" - welche Konditionen angemessen sind und welche "Wucher".
Darüber hinaus verfüge ich über Erfahrung in der Führung von mittelständischen Unternehmen über Beirats-/Aufsichtsratspositionen, der Auswahl der richtigen Führungskräfte sowie der nachhaltigen finanziellen Verbesserung von Firmen. Ich bin kommunikativ, offen, gehe gerne auf Menschen zu, bin verbindlich und kann überzeugen.
Vielleicht noch wichtiger - ich bin ein selbstreflektierter Mensch und weiß, was ich nicht weiß und nicht kann. In diesen Bereichen suche ich mir die richtigen Experten und frage, höre zu, bevor ich Entscheidungen treffe.
"Die Generation meines Sohnes soll den FCK noch im Profifußball erleben"
Der Betze brennt: Gibt es für Sie Tabus? Seien es bestimmte Investoren, die Finanzierung des NLZ inklusive U21-Mannschaft, der Stadionname, das Fritz-Walter-Stadion generell als Spielort, ...
Bettinger: Ich gehe die Tätigkeit als Aufsichtsrat mit einem hohen Maß an Respekt, Integrität und Loyalität für den Verein und dessen Werte an. Ich sehe die Aufgabe darin, faktenbasiert unterschiedliche Optionen für den langfristigen wirtschaftlichen und sportlichen Erfolg des Vereins zu erarbeiten. Dabei muss zu jeder Zeit das Ökonomische und Sportliche mit den Werten des Vereins, seiner Mitglieder und seiner Fans in Einklang stehen. Zum Stadionnamen "Fritz-Walter-Stadion" ist in der Satzung klar festgehalten, dass nur die Mitgliederversammlung als höchstes Organ über den Namen entscheiden darf.
Wenn ich über mögliche Investoren beim FCK nachdenke, ist für mich am wichtigsten. die persönlichen Motive gut zu verstehen und genau zu hinterfragen was die Menschen wirklich antreibt. Ich verstehe Kapitalgeber, die erstens mit einem Investment Geld verdienen wollen und solche, die zweitens aus Verbundenheit zu Ihrem Herzensverein investieren. Suspekt sind mir Investoren, die aus Ego-Gründen agieren, da diese für einen Verein nicht berechenbar sind.
Der Betze brennt: Zum Abschluss nochmal kurz und knapp zusammengefasst: Was müssen die FCK-Mitglieder zu Ihrer Kandidatur wissen und wieso sollten sie Ihnen am 01. Dezember ihre Stimme geben?
Bettinger: Ich bin glühender Anhänger und brenne für den FCK - unabhängig von der Liga. Ich teile zu 100 Prozent die Werte des Vereins, bin ehrlich, integer, loyal, ego-frei, bodenständig und erfolgshungrig. Ich bringe einen analytischen, frischen Blick sowie sehr relevante Finanzexpertise mit ein, um dem FCK in seiner aktuellen wirtschaftlichen Lage bei Verhandlungen mit Kapitalgebern zu helfen. Ich finde es klasse, dass Persönlichkeiten wie ein Dr. Markus Merk oder ein Martin Wagner kandidieren und würde mich sehr freuen, neben ihnen meinen Teil zu einem konstruktiven und schlagkräftigen Aufsichtsrat beizutragen, der den FCK sportlich und wirtschaftlich nach vorne bringt.
Mein Ziel Nummer 1 ist, dass die Generation meines Sohnes und auch nachfolgende Generationen noch einen FCK im Profifußball erleben können und der Verein mit all seiner Historie nicht von der Bildfläche verschwindet.
Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas
Weitere Links zum Thema:
- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 01. Dezember 2019