Kummt Senf druff

Bitte keine Luftschlösser bauen!

Bitte keine Luftschlösser bauen!


Am Sonntag entscheiden die FCK-Mitglieder über die Öffnung des Vereins für Investoren. Die Schaffung zusätzlicher Finanzmittel könnte dem Klub neue Chancen bringen. Die Erwartungshaltung bei manchen Fans ist allerdings viel zu hochgeschraubt.

Eines vorweg: Die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung wird am Sonntag mit großer Mehrheit durchgehen. Daran kann realistisch betrachtet kein Zweifel bestehen und deshalb soll die Entscheidung für "Ja" auch nicht Gegenstand dieses Kommentars werden.

Die große Mehrheit der Fans ist längst Feuer und Flamme für die von der Vereinsführung vorgestellten Pläne, welche Chancen und Risiken für unseren 1. FC Kaiserslautern mit sich bringen. Und die Erwartungshaltung im Umfeld ist groß - bei nicht wenigen sogar zu groß. Nun ist eine große Erwartungshaltung zwar nicht per se schlecht und gerade beim FCK sogar völlig normal. Aber sie darf nicht ins Uferlose ausarten, denn sonst sind hinterher die Enttäuschung und der Frust umso größer.

Die ersten Millionen werden zur Schuldentilgung verwendet, nicht für Spielertransfers

Die Ausgliederung alleine wird die Roten Teufel nicht wieder nach oben bringen, nichtmal wenn wirklich die noch gesuchten Investoren mit 25 bis 50 Millionen Euro (verteilt über fünf Saisons) einsteigen. Denn die ersten großen Batzen würden gar nicht in den Spielerkader investiert, sondern erstmal für die Rückzahlung der verzockten Betze-Anleihe verwendet werden müssen - inklusive Zinsen sind hier im Jahr 2019 mehr als sieben Millionen Euro fällig. Bald darauf stehen weitere Kredit-Rückzahlungen in Millionenhöhe an. Und auch die Stadt Kaiserslautern wird sicherlich die Hand aufhalten, wenn beim FCK tatsächlich groß die Kasse klingeln sollte.

So gesehen wird die Ausgliederung dem FCK erstmal helfen, kommendes Jahr nicht in Insolvenzgefahr zu geraten oder weitere Kredite aufnehmen zu müssen. "Ausgliederung oder Insolvenz", lautet folglich die Argumentation mancher Befürworter der Ausgliederung. Und auch wenn ein Plan B dem Aufsichtsratsvorsitzenden Patrick Banf zufolge schon in der Schublade liegt, ist diese Überschrift zumindest näher an der Realität als das auch schon gehörte: "Bundesliga oder Regionalliga."

Um tatsächlich in die Bundesliga zurückzukehren, benötigt der 1. FC Kaiserslautern das, was ihm schon in den letzten Jahren viel mehr gefehlt hat als das durchaus vorhandene Geld: Ein glückliches Händchen und gute Arbeit. Sollte dies endlich wieder eintreten, dann ergibt sich alles weitere fast von selbst und der Verein könnte durch Fernsehgelder, Spielertransfers und ein volles Stadion schnell wieder nach oben gespült werden. Denn auch im Fußball folgt das Geld in der Regel dem Erfolg und nicht umgekehrt.

Wie ich das Ganze sehe? Grundsätzlich so wie Freiburgs Christian Streich

Mich haben in den letzten Wochen viele Fans vom FCK und von anderen Vereinen gefragt, was ich denn von der ganzen Sache mit Ausgliederung und Investoren halte. Ganz ehrlich? Ich bin grundsätzlich dagegen, dass Fußballklubs sich im Besitz von Einzelpersonen oder Firmen befinden. Stattdessen halte ich es ich es mit SC-Freiburg-Trainer Christian Streich, der es mit folgenden Worten so treffend auf den Punkt gebracht hat:

"Ein Verein gehört nicht einem Menschen. Der Verein gehört den Menschen und Mitgliedern, die sich mit ihm identifizieren. Ein Verein ist kein Ort, um möglichst viel abzuschöpfen und zu werben, sondern ein Gemeinschaftsort. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, ohne Gemeinschaft ist er nicht überlebensfähig. Das Gemeinschaftserlebnis auf dem Fußballplatz steht über der vollständigen Kommerzialisierung."

Aber - und das ist der zweite Teil meiner Antwort: Die Ausgliederung beim 1. FC Kaiserslautern würde so oder so irgendwann kommen, entweder jetzt oder in ein paar Jahren. Andere Vereine haben es vorgemacht. Und vor diesem Hintergrund wurde mit der nun zu beschließenden GmbH & Co. KGaA und mit dem (wenn auch etwas schiefen) Vier-Säulen-Modell ein Weg gewählt, der zumindest besser ist als alle Pläne der Grünewalts oder Jäggis zuvor. In ein paar Jahren könnte das alles viel schlimmer neugeplant werden. Siehe das Beispiel HSV, der trotz Ausgliederung in eine AG immer noch chaotisch geführt, hochverschuldet, zerstritten und nun letztendlich doch abgestiegen ist.

Diskussionen müssen erlaubt sein, erst recht bei der "wichtigsten Zukunftsentscheidung"

Abschließend noch eines: Beschämend ist in den letzten Tagen das Diskussionsniveau einiger Befürworter, die beim kleinsten "Ja - aber..." sofort aufspringen und einen Shitstorm über dem nächsten ausschütten. Wer die vorhandenen Risiken beim Verkauf von Anteilen totschweigen will, der hat nichts verstanden. Genauso darf und muss man logischerweise die sich bietenden Chancen sehen. Mit Blick auf die Mitgliederversammlung und mögliche offene Fragen am Sonntag gelten deshalb die Worte der Vereinsführung:

Aufsichtsratsvorsitzender Patrick Banf: "Ich erhoffe mir, dass wir untereinander ausgiebige und gute Diskussionen führen."

Vorstandsvorsitzender Michael Klatt: "Ich wünsche mir eine offene, kritische, aber auch konstruktive und zielgerichtete Diskussionskultur der Mitglieder."

Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht noch, dass es sich bei den Diskussionsverweigerern zugegebenermaßen nur um eine (leider laute) Minderheit handelt. Denn viele Vereinsmitglieder beschäftigen sich auch sehr sachlich und ausgewogen mit der sogenannten "wichtigsten Zukunftsentscheidung" des FCK. Es gibt eben nicht nur Schwarz und Weiß. Aber es gibt nur einen FCK - und der sind wir alle gemeinsam.

Die Vereinsmitglieder des 1. FC Kaiserslautern entscheiden am kommenden Sonntag, den 03. Juni 2018 über die beantragte Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung. Der Betze brennt berichtet ab ca. 10:30 Uhr per Live-Ticker von der Außerordentlichen Mitgliederversammlung im Fritz-Walter-Stadion.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- DBB fragt nach | Fragen und Antworten zur Ausgliederung (Der Betze brennt, 29.05.2018)
- Ausgliederung: Umstrittener Beirat in der Kritik (Der Betze brennt, 31.05.2018)

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