Im Blickpunkt: Polizeibegleitung zum Spiel beim FSV Frankfurt

Hub-Hub-Hubschraubereinsatz

Hub-Hub-Hubschraubereinsatz

Foto: Marius R.

Die Fans staunten nicht schlecht, als sie ihrem 1. FC Kaiserslautern vor zweieinhalb Wochen zum Auswärtsspiel beim FSV Frankfurt nachreisten: Beim Blick aus dem Entlastungszug waren ganze vier Hubschrauber zu sehen, die die Reisegruppe in der Luft begleiteten. „Der Betze brennt“ hat bei der Bundespolizei nach den Hintergründen dieses Einsatzes gefragt.

Am Mittwoch treffen sich die Profivereine und entscheiden über das DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“. Zum vorläufigen Ende der hitzig geführten Debatte schwebt ein Damoklesschwert über den Klubs: Wenn sie dem Repressionskatalog nicht zustimmen, so droht die Politik, müssen sie sich eben in Zukunft an den Einsatzkosten der Polizei beteiligen. 100 Millionen Euro pro Saison werden hier von Politikern und Gewerkschaftern genannt. Auch ein „Sicherheits-Euro“, den die Fans „freiwillig“ auf die den Ticketpreis drauflegen sollen, wurde zur Unterstützung der Polizei ins Gespräch gebracht.

Aber wie entstehen diese hohen Kosten eigentlich? „Der Betze brennt“ hat ein Extrembeispiel aus der jüngeren Vergangenheit unter die Lupe genommen und dazu bei der Polizei nachgefragt:

Zum Auswärtsspiel beim FSV Frankfurt reisten die Fans des 1. FC Kaiserslautern am 24. November 2012 unter anderem mit einem Entlastungszug der Deutschen Bahn an. Viele von ihnen staunten nicht schlecht, als sie aus dem Fenster schauten und am Himmel entdeckten, dass der Zug offensichtlich von Hubschraubern der Bundespolizei begleitet wurden - eins, zwei, drei, vier Helikopter eskortierten die in den Waggons sitzenden Fans über mehr als 100 Kilometer.

Das bestätigt Stefan Heina von der Bundespolizeiinspektion Kaiserslautern: „Der Entlastungszug wurde von vier Polizeihubschraubern begleitet. Die Begleitung fand von Mannheim nach Frankfurt und zurück statt.“ Laut Angaben der Fans wurden die ersten Helikopter sogar schon im pfälzischen Frankenstein gesichtet.

„Wie bei jedem anderen Polizeieinsatz, wurde durch den Polizeiführer auch im Vorfeld dieses Fußballspiels eine Beurteilung der Lage durchgeführt. Aufgrund von hier vorliegenden Lageerkenntnissen war eine Gefährdung der mit diesem Zug reisenden Fußballfans des 1. FC Kaiserslautern nicht auszuschließen“, erklärt Polizeisprecher Heina weiter. „Da an diesem Tag bundesweit viele Polizeikräfte benötigt wurden, wurde entschieden die luftverlastete Begleitung des Zuges von Einsatzkräften vorzunehmen, die aus der Luft heraus auch jederzeit an einem anderen Brennpunkt hätten eingesetzt werden können.“

Über die besagten Lageerkenntnisse wird mit Verweis auf „polizeitaktische Gründe“ keine nähere Auskunft gegeben. Hinter vorgehaltener Hand ist jedoch aus Polizeikreisen zu hören, dass mit einem Angriff von Eintracht-Frankfurt-Hooligans auf den Entlastungszug gerechnet wurde. Während ihre Mannschaft am gleichen Tag auf Schalke spielte, hätten angeblich einige Frankfurter Stadionverbotler den FCK-Fans einen Besuch abstatten wollen. Bestätigt sind diese Informationen nicht, kritische Situationen oder gar einen Angriff gab es aber weder auf der Hinfahrt noch auf dem Heimweg. Und selbst wenn, bleibt die Frage, wie die Polizei denn bei einem tatsächlichen, vielleicht zwei oder fünf Minuten dauernden Angriff auf den Zug reagiert hätte? Hätte sich ein Einsatztrupp aus den Hubschraubern abgeseilt, um den FCK-Fans zu Hilfe zu eilen? Oder waren die Helikopter bewaffnet und hätten die Frankfurter mit Hellfire-Raketen abgeschossen? Na gut, war ein schlechter Scherz, aber das muss an dieser Stelle auch mal erlaubt sein. Ob ein herbeigerufener Bodentrupp der Polizei bei einem Vorfall sehr schnell vor Ort gewesen wäre, scheint jedenfalls fragwürdig.

Ebenso aus „polizeitaktischen Gründen“ wird keine Angabe zu den Kosten für diesen Polizeieinsatz gemacht. Da hilft also nur googlen: Laut einem Bericht des Rechnungshofs Baden-Württemberg aus dem Jahr 2011 beispielsweise kostet eine Flugstunde mit dem Einsatzhubschrauber 2.730 Euro. Begleitet wurde der Entlastungszug von vier Helikoptern, auf dem Hin- und Rückweg, für je 60 (ab Mannheim) bzw. 100 Minuten (ab Frankenstein) pro Strecke. Angeflogen kamen die Hubschrauber im besten Fall von der nächstgelegenen Fliegerstaffel der Bundespolizei in Sankt Augustin bei Bonn, weitere 230 Kilometer von Kaiserslautern entfernt. Obendrauf kommen dann noch die Kosten für das eingesetzte Personal sowie ggf. weitere Materialkosten. Aus diesen teils spekulativen Rahmendaten eine seriöse Abrechnung zu erstellen, fällt ohne genauere Informationen schwer, aber 50.000 Euro für den Hubschraubereinsatz dürften nicht zu hoch gegriffen sein - eher zu niedrig. Und das, noch mal zur Erinnerung, nicht für die Aufklärung eines Verbrechens, sondern für die Begleitung eines Zuges mit Fußballfans. Das im Frankfurter Stadion am Bornheimer Hang nochmals die bei Bundesligaspielen „üblichen“ Hundertschaften der Polizei ihren Dienst verrichteten, dessen Kosten noch dazu gerechnet werden müssten, sei nur am Rande erwähnt.

Ebenfalls nur am Rande sei erinnert an einen Polizeieinsatz vom April 2012: Auf dem Weg zum Auswärtsspiel bei Hertha BSC wurden damals zunächst vier Busse mit FCK-Fans für acht Stunden von der Polizei begleitet, um dann kurz vor den Toren Berlins von ca. 150 eingesetzten Beamten aufwändig, weitere dreieinhalb Stunden lang einzeln kontrolliert zu werden. Ursache: Ein Ladendiebstahl an einer Raststätte 500 Kilometer zuvor.

Zurück zu dem Hubschraubereinsatz von Frankfurt. Polizeisprecher Stefan Heina sieht abschließend trotz allem ein gutes Ergebnis: „Im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeiinspektion Kaiserslautern kam es zu keinen Vorfällen im Rahmen der Zugbegleitung. Deshalb ziehen wir eine positive Bilanz aus diesem Einsatz.“ Und weiter mit Blick voraus: „Sollten in Zukunft polizeiliche Lageerkenntnisse den Einsatz von Polizeihubschraubern bei Fußballspielen notwendig machen, so werden diese auch eingesetzt.“

Trotz dieser positiven Bilanz von Seiten der Exekutive muss aber folgende Frage erlaubt sein: Wäre es nicht sinnvoll - anstatt ständig über die steigenden Einsatzkosten zu klagen - auch einmal die Sinnhaftigkeit der einzelnen Polizeieinsätze zu überprüfen? Jeder Fußballfan versteht, wenn bei einem Spiel gegen Eintracht Frankfurt oder Dynamo Dresden ein Großaufgebot das Stadionumfeld sichert. Aber warum so ein kostspieliger Einsatz gegen „harmlose“ Gegner wie den FSV Frankfurt oder auch eine Woche zuvor auf dem Betzenberg gegen Energie Cottbus mit seinen 400 Gästefans? Auch die gestressten Polizeibeamten, für die Fußballeinsätze oft Überstunden und Wochenendarbeit bedeuten, wären ihren Chefs sicher dankbar, wenn hier wieder mehr auf Verhältnismäßigkeit gesetzt würde. Dann bräuchte es auch keinen „Sicherheits-Euro“.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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