Die neue Saison beim 1. FC Kaiserslautern begann genau betrachtet schon im April 2007. Nach über einem Jahr mal mehr, mal weniger intensiver Suche wurde Michael Schjönberg, der Meister von 1998, als neuer Sportdirektor präsentiert. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Entlassung von Trainer Wolfgang Wolf, für den trotz noch nicht endgültig vergebener Aufstiegschance erst nach Saisonende ein Nachfolger präsentiert wurde. Der sofortige Wiederaufstieg wurde unter Interimstrainer Wolfgang Funkel verpasst und als neuer Coach kam schließlich der Norweger Kjetil Rekdal auf den Betzenberg, der allerdings noch bis in den Juni hinein beim belgischen Klub Lierse SK im - letztlich erfolglosen - Abstiegskampf beschäftigt war.
Die Kaderplanung blieb somit zunächst an Schjönberg hängen. Der „Kicker“ beschrieb die Intention des Dänen folgendermaßen: „Schjönberg sucht 'Wikinger', Kämpfer, die Lauterns junge Garde anführen sollen.“ Als Nachfolger der abgewanderten Leistungsträger Tamas Hajnal und Silvio Meißner wurden schließlich Patrice Bernier und Boubacar Diarra verpflichtet, die Hoffnungsträger für den Angriff hießen Erik Jendrisek und Björn Runström. Spielmacher Hajnal sollte allerdings nicht exakt ersetzt werden, seine Rolle sollte vielmehr auf den Schultern mehrerer Spieler verteilt werden, zu denen auch der später verpflichtete Däne Esben Hansen gehörte - ein fataler Fehler, der den FCK in ähnlicher Form bereits 1995/96 vom UEFA-Cup in die zweite Liga führte.
Weitere Amtshandlungen Schjönbergs, bei denen er später auch die volle Unterstützung des Trainers erhielt, waren die bis heute unbegründeten Suspendierungen von Noureddine Daham, Stefan Lexa und Daniel Halfar. Rekdal selbst degradierte unmittelbar vor Saisonbeginn Jürgen Macho, den besten FCK-Spieler der Vorsaison, zur neuen Nummer 2 hinter U21-Keeper Florian Fromlowitz. Der bei den Fans ungemein beliebte Macho wechselte letztendlich zu AEK Athen, die starke „Achse ohne Stürmer“ der Vorsaison Macho/Meißner/Hajnal war somit komplett verschwunden.
Trotz aller personellen Änderungen, durchwachsener Testspielergebnisse und Verletzungssorgen in der Vorbereitung blieb der zuvor knapp verpasste Wiederaufstieg das Ziel. So warb der Vorstand des 1. FC Kaiserslautern mit den folgenden Worten für den Dauerkartenverkauf, bei dem wie im Vorjahr die Marke von knapp 15.000 erreicht wurde: „Nun müssen wir es in der neuen Spielzeit natürlich erneut versuchen, denn der 1.FC Kaiserslautern gehört nun mal in der erste Fußball-Bundesliga.“ Mit wohlklingenden Versprechen wurde nicht gegeizt („Wir, der 1. FC Kaiserslautern werden dafür sorgen, dass Ihr Eure Dauerkarte mit Stolz bei Euch tragen könnt“), die Fans wurden regelrecht gekitzelt: „Möchten Sie wirklich auf die vielen Fußballfeste auf dem Betzenberg verzichten?“
Der Saisonauftakt stimmte hoffnungsfroh, war aber noch nicht aussagekräftig. Im DFB-Pokal bejubelten 800 im Piraten-Outfit mitgereiste FCK-Fans einen souveränen 4:0-Sieg beim SV Wilhelmshaven, Neuzugang Björn Runström glänzte mit zwei Toren und einer starken Leistung beim Oberligisten. Auch der erste Härtetest gegen Aufstiegsfavorit Borussia Mönchengladbach wurde zufriedenstellend gemeistert: Beeindruckende 46.615 Zuschauer sahen das 1:1 zum Saisonauftakt, bei dem erstmals die fehlende Erfahrung nach den Abgängen von Spielern wie Macho und Meißner deutlich wurde. Kurz vor Spielende besorgte Steffen Bohl die Führung gegen den späteren Zweitligameister, am Ende konnten die Roten Teufel froh sein, das Spiel nicht noch verloren zu haben.
Auch am 2. Spieltag konnte der FCK bei 1860 München zunächst begeistern. Der schnellen Führung durch Runström folgte jedoch eine 1:3-Niederlage und der Rückfall auf einen Abstiegsplatz, obwohl mit etwas mehr Glück und Erfahrung doch auch die Tabellenspitze mit zwei Siegen möglich gewesen wäre. Kjetil Rekdal gab sich trotzig: „Jammern hilft uns nicht weiter. Wir müssen weiter an uns arbeiten und werden es gegen Fürth wieder versuchen. Irgendwann wird unser Mut auch belohnt.“ Gegen Greuther Fürth kam jedoch erstmals das Gesicht zum Vorschein, das von nun an die komplette Saison prägen sollte. Der FCK verlor sein Heimspiel sang- und klanglos mit 0:1, der durchwachsen in die Saison gestartete Florian Fromlowitz hakte gegenüber der Presse bereits den Aufstieg ab.
Vor dem Mini-Derby in Koblenz gab es einige personelle Änderungen beim FCK: Macho ging nach Griechenland, Daham nach Koblenz und Halfar fand mit Arminia Bielefeld einen neuen Arbeitgeber, lediglich Lexa blieb beim FCK. Die Ablösesumme für den jungen Publikumsliebling Halfar wurde nahezu komplett in den Dänen Esben Hansen investiert, der von nun an für mehr Sicherheit im Mittelfeld sorgen sollte. Beim 2:2 in Koblenz kam er noch nicht zum Einsatz, aber immerhin erkämpfte sich der FCK trotz zweimaligem Rückstand noch einen Punkt für die Hoffnung.
Der nächste Offenbarungseid folgte am 5. Spieltag bei der Nullnummer gegen den bis dahin noch torlosen SC Paderborn. Nach Spielende kam es zu ersten Pfiffen im Fritz-Walter-Stadion, Trainer Rekdal begann öffentlich an seiner Arbeit zu zweifeln: „Vielleicht müssen wir taktisch erst einen Schritt zurück machen.“ Das Resultat dieser Taktikänderung war eine knappe, aber hochverdiente 0:1-Niederlage beim SC Freiburg.
Der Tiefpunkt der Vorrunde sollte dann gegen den Emporkömmling SV Wehen-Wiesbaden folgen: An einem Mittwochnachmittag im September kamen mit 17.102 Zuschauern die wenigsten Besucher seit 1989 auf den Betzenberg, abzüglich der mitgezählten, aber zuhause gebliebenen Dauerkartenbesitzer dürften weniger als 14.000 Augenpaare das Spiel im Stadion verfolgt haben. Die Westkurve präsentierte das eindeutige Spruchband „Mittwochs 17:30 - darauf scheiß ich!“, jubeln konnten nur die rund 150 Gästefans - Lautern verlor verdient mit 0:2.
Auch das Umfeld wurde nun vom sportlichen Niedergang des FCK erreicht. Heftige Diskussionen prägten das Bild, die Köpfe von Trainer Rekdal und Vorstandsboss Erwin Göbel wurden gefordert. Aus dem 0:0 in Offenbach wurde aufgrund der kämpferischen Leistung des Teams Hoffnung gezogen, doch für Rekdal sollte das folgende Heimspiel gegen den VfL Osnabrück bereits zum Schicksalsspiel werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende Dieter Buchholz: „Sie kennen die Mechanismen.“
Osnabrück wurde durch Tore von Björn Runström, Mathieu Beda und Emeka Opara mit 3:0 nachhause geschickt, der erste Saisonsieg rettete den Kopf des Trainers und sorgte kurzfristig für Ruhe. Beim folgenden Auswärtsspiel war das „Projekt Hoffenheim“ der Gegner, was die FCK-Fans im prall gefüllten Gästeblock mit viel Hass und Emotionen beantworteten. In den Medien war später von Randalen die Rede, obwohl außer an einem nicht zweitligatauglichen Fangnetz keinerlei Sach- oder gar Personenschaden entstand. Viel bitterer war jedoch die schwere Verletzung von Torwart Florian Fromlowitz, der für die restliche Saison vom erst 19-jährigen Tobias Sippel ersetzt werden musste.
Gegen Erzgebirge Aue folgte am 11. Spieltag der nächste Heimsieg, es sollte der letzte für die folgenden sechs Monate sein. Setzte der FCK nun alle Hoffnung auf sportlichen Erfolg und die damit einkehrende Ruhe im hochexplosiven Umfeld, so sah man sich schon drei Tage später mit der bitteren Realität konfrontiert: Mit 1:2 blamierte sich der 1. FC Kaiserslautern beim strauchelnden Drittligisten Rot-Weiß Essen und verabschiedete sich aus dem DFB-Pokal, im Gästeblock wurde erstmals lautstark der Kopf von Sportdirektor Michael Schjönberg gefordert.
Die „Schjönberg raus“-Rufe setzten sich auch beim mageren 0:0 in Augsburg fort, während der Däne selbst eine „Leistungssteigerung“ und „Trotzreaktion“ nach dem Pokalaus gesehen haben wollte. Er blieb mit dieser Meinung allein und verließ den FCK wenig später freiwillig. Georgiens Nationaltrainer und FCK-Rekordtorschütze Klaus Toppmöller wurde in den Aufsichtsrat berufen und war ab sofort ehrenamtlich Alleinverantwortlicher im sportlichen Bereich. Schjönberg zog die Konsequenzen und trat zurück.
Das erste Spiel mit dem neuen Sportdirektor verlor der FCK unglücklich mit 1:2 bei Alemannia Aachen, alleine Josh Simpson hätte den Erstligaabsteiger abschießen können. Toppmöller und Trainer Rekdal erkannten einen Aufwärtstrend, der sich zumindest in der Leistung, nicht jedoch in der Punktausbeute bis zur Winterpause fortsetzen sollte. Im Derby gegen Mainz 05 sahen knapp 40.000 Zuschauer zunächst eine große Choreographie in der Westkurve, dann aber nur ein weiteres 0:0.
Der FCK trat auf der Stelle, doch der 15. Spieltag gab vielen Fans neue Hoffnung auf die Wende: Aus einem 0:2 machten die furios auftrumpfenden Roten Teufel einen 4:3-Auswärtssieg beim FC St. Pauli! Im Hintergrund tobten kurz vor der Jahreshauptversammlung viele Machtkämpfe, sogar drei neue Vorstandsmitglieder waren zwischenzeitlich präsentiert wurden, doch sportlich hoffte nun jeder auf die Wende. Aber was folgte war „der schwärzeste Tag meiner Trainerkarriere“ (Rekdal). Mit 2:0 führte der FCK gegen Schlusslicht Jena, später verschoß Björn Runström gar noch einen Foulelfmeter, und die Lautrer verloren diese Partie tatsächlich noch mit 2:3. Runström, Moussa Ouattara und Esben Hansen wurden für das nächste Spiel in Köln suspendiert, Kjetil Rekdals Job war nach einer Krisensitzung der Vereinsführung zumindest bis zur Winterpause gesichert.
Auf einer turbulenten Jahreshauptversammlung wurde ein fauler Schulterschluss zwischen Vereinsführung und Mitgliedern geschlossen, der nicht lange halten sollte. Nach der knappen Niederlage beim 1. FC Köln, dem ersten Erfolg der Rheinländer nach 18 Jahren, kam es zu den nächsten Turbulenzen. Rekdal wurde nach undurchsichtigen Diskussionen in den Medien als Trainer bestätigt, doch aus heiterem Himmel trat Klaus Toppmöller von seinen Ämtern zurück. Er sah sich vom Vorstand getäuscht und nach der Ablehnung seiner Transfervorschläge keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit.
Der 1. FC Kaiserslautern beendete die vielleicht schwächste Hinrunde der Vereinsgeschichte auf einem Abstiegsplatz. Die Turbulenzen im Umfeld, die mit der Jahreshauptversammlung eigentlich ihren Höhepunkt erreicht haben sollten, gingen ebenso wie die sportlichen Probleme munter weiter. Doch als es ganz düster wurde am Betzenberg, erschien am Horizont ein Licht... - die Rückrunde 2007/08 im zweiten Teil des Saisonrückblicks, am Montag auf „Der Betze brennt“!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas