Interview mit FCK-Vorstand Stefan Kuntz, Teil 1/3

Kuntz: „Es ist schon etwas ganz Besonderes beim FCK“

Kuntz: „Es ist schon etwas ganz Besonderes beim FCK“


Rechtzeitig zur Länderspielpause in den Bundesligen hatte das Team von „Der Betze brennt“ die Gelegenheit zu einem ausführlichen Interview mit Stefan Kuntz, dem Vorstandsvorsitzenden des 1. FC Kaiserslautern. Themen des Gesprächs, das in drei Teilen veröffentlicht wird, waren der sportliche Werdegang des Deutschen Meisters von 1991, die aktuelle Situation beim FCK und ein Blick in die Zukunft des Traditionsvereins.

Der Betze brennt: Hallo Herr Kuntz! Sie sind nun seit fünf Monaten Vorstandsvorsitzender beim 1. FC Kaiserslautern. Was ist der schönere Job, Roter Teufel auf dem Spielfeld oder Oberboss in der Schaltzentrale des Betzenbergs?

Stefan Kuntz (45): Unbestritten der aktive Spieler, das ist mit Abstand und im Nachhinein betrachtet der beste Job.

Der Betze brennt: Obwohl man als Spieler weniger Einfluss auf die Gesamtheit hat?

Kuntz: Ja, das ist jetzt die Frage. Kann ich mit meinen Toren mehr Einfluss nehmen auf den Verein oder in meiner jetzigen Funktion als Vorstandsvorsitzender? Als Fußballer kannst du hundertprozentig das tun, was dir am meisten Spaß macht. Du stehst morgens auf, frühstückst mit Deiner Familie, fährst zum Training und denkst: „Mal schauen, was der Alte sich heute ausgedacht hat.“ Als Verantwortlicher muss man da viel weiter im Voraus denken und das gesamte Gefüge zusammen halten. Da hat man es als Spieler schon einfacher.

Der Betze brennt: Sie begannen ihre Profikarriere beim VfL Bochum, der FCK war erst Ihre dritte Station in der Bundesliga. Woran scheiterte ein früherer Wechsel, wo Sie mit Borussia Neunkirchen doch quasi "vor der Haustür" spielten?

Kuntz: Damals hatte ich ein Anfrage als Vertragsamateur vom FCK, Bochum hatte mir dagegen einen Vertrag als Lizenzspieler angeboten. Zusätzlich war von Anfang an meine Bedingung, dass ich nach meiner gerade abgeschlossenen Ausbildung Polizist bleiben wollte. Da war Bochum dann einfach am schnellsten und hat über den Polizeipräsidenten sofort alles geregelt.

Der Betze brennt: In Kaiserslautern spielten Sie sechs Jahre, wurden als Mannschaftskapitän Pokalsieger, Meister, Torschützenkönig und Nationalspieler. Sie sagten "Ich lebe und sterbe für diesen Verein" und waren der uneingeschränkte Held für eine ganze Fan-Generation. Was ist das Besondere an der Verbindung zwischen Stefan Kuntz und dem FCK?

Kuntz: Zunächst steht das Familiäre im Vordergrund, weil Kaiserslautern sozusagen meine zweite Heimatstadt ist. Meine Eltern kommen ja beide von hier, dann habe ich einen Cousin, mit dem ich wie mit einem Bruder aufgewachsen bin. Deswegen war Kaiserslautern für mich schon immer die große Heimatstadt und Neunkirchen die eigentliche, etwas kleinere. Das ist auch heute noch so, wenn ich zum Beispiel Freunden oder auch Spielern die Stadt zeige und dann durch Straßen fahre, wo ich früher mit meinem Opa entlang spaziert bin oder „Kanälches“ gespielt habe. Das ist schon ein besonderes Gefühl.

Der Betze brennt: Aber auch fußballerisch war die Zeit beim FCK ja eine Besondere.

Kuntz: Als Spieler war die Zeit in Kaiserslautern natürlich erstmal die, in der ich am meisten Erfolg hatte. Vorher in Uerdingen, als meine Frau und ich schon sechs Jahre von zu hause weg waren, hat uns irgendetwas gefehlt. Als dann Rainer Geye (damaliger FCK-Manager; Anm. d. Red.) angerufen hat, haben wir uns sogar schon überlegt, auf wie viel Geld wir verzichten wollen, nur damit wir wieder nach hause kommen. Als ich dann wieder hier war, habe ich auch gemerkt, dass durch diese Faktoren noch ein paar Prozent mehr rausgekitzelt werden können.

Der Betze brennt: Das hat man dann natürlich auch auf dem Spielfeld gesehen.

Kuntz: Genau. Und weil das auch die Fans gespürt haben, ist eine sehr hohe Identifikation entstanden, die sich auch über die Jahre gehalten hat, in denen ich nicht hier war. Deshalb ist es hier beim FCK etwas ganz Besonderes für mich.

Der Betze brennt: 1995 verließen Sie den Verein dennoch in Richtung Istanbul, auch aufgrund des finanziell lukrativen Angebots gegen Ende Ihrer Karriere. Was war das für ein Gefühl, Ihre vorläufig letzten Tage beim FCK?

Kuntz: In den ersten Jahren fiel es mir schon schwer, so ganz vom FCK zu lassen. Da war es sicherlich ganz gut, das ich ins Ausland gegangen bin und die räumliche Nähe komplett weggefallen ist. Dann haben mich aber auch mal 100 Fans in Istanbul besucht, da war das Heimweh natürlich gleich wieder da.

Der Betze brennt: Nach einem Jahr in Istanbul war schon wieder Schluss und Sie kehrten nach Deutschland zurück. Noch heute gibt es Gerüchte um Verhandlungen mit dem FCK im Abstiegsjahr. Woran scheiterte die Rückkehr auf den Betzenberg?

Kuntz: In meiner ersten Saison bei Besiktas Istanbul gab es einen Rückholversuch von Norbert Thines (FCK-Präsident 1995/96; Anm. d. Red.). Dazu muss man allerdings sagen, dass der FCK 1995 froh war, mich verkaufen zu können. Meine Popularität war hier einigen ein Dorn im Auge und die Türken haben schließlich noch zwei Millionen für mich auf den Tisch gelegt. Diese Ablösesumme musste ich übrigens sogar selbst verhandeln, aufgrund meiner Englisch-Sprachkenntnisse. Die geplante Rückholaktion war dann allerdings etwas halbherzig, da der Verein ein paar Monate nach dem Millionentransfer den Spieler wohl zum Nulltarif zurück haben wollte. Das war natürlich nicht zu realisieren.

Der Betze brennt: Nach Ihrem Karriereende im Jahr 1999 wären Sie dann fast als Sportdirektor nach Kaiserslautern zurückgekehrt. Woran scheiterten die Verhandlungen?

Kuntz: Das stimmt. Hubert Keßler und „Atze“ Friedrich (FCK-Präsident und -Vorstandsvorsitzender; Anm. d. Red.) zeigten damals Interesse, Trainer Otto Rehhagel hatte aber etwas dagegen.

Der Betze brennt: Im Sommer 2000 feierten Sie dann Ihr Abschiedsspiel auf dem Betzenberg. Trotz des noch immer bestehenden Kontakts zum FCK mussten Sie die Stadionmiete aus eigener Tasche bezahlen, was viele Fans als Skandal empfanden. Wie kam es dazu?

Kuntz: Das war die erste große Enttäuschung, als der Verein mir für dieses Spiel eine sechsstellige Summe in Rechnung gestellt hatte. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich dann ehrlich gesagt ein bisschen abgeschlossen - natürlich nicht mit dem FCK an sich, aber mit den handelnden Personen. Danach fiel es mir auch leichter, einen emotionalen Abstand zum Verein zu bekommen, das war schon ein Knackpunkt.

Der Betze brennt: Wie haben Sie denn in dieser Zeit ganz allgemein den Werdegang des Vereins wahrgenommen?

Kuntz: Zunächst natürlich nur aus der Entfernung. Aber ich habe schon mit Befremden festgestellt, das man in einzelnen Fällen die Bodenhaftung zu verlieren schien. Auch das, was den FCK nicht erst seit drei Jahren, sondern schon seit 60 oder 70 Jahren ausmachte, schien etwas verloren zu gehen.

Der Betze brennt: Zwischen den Karrieren als Spieler und als Manager arbeiteten Sie mit unterschiedlichem Erfolg als Trainer. Sie haben es schon mehrfach als Fehler bezeichnet, aber trotzdem nochmals die Frage: Warum Waldhof?

Kuntz: Nunja... Meine ersten Trainerstationen in Neunkirchen und beim Karlsruher SC waren prinzipiell erstmal gut. Dann bin ich in Karlsruhe entlassen worden, was natürlich eine sehr ungewohnte Situation für mich war, und dann kam gleich das Angebot von Waldhof Mannheim. Da hatte ich dann ehrlich gesagt auch nicht die rot-weiße Brille auf - ich hätte sie wohl besser mal auf gehabt. Aber letztendlich haben mir die beiden Stationen Mannheim und später Ahlen auch vor Augen geführt, dass der Trainerjob dann doch nicht das ist, was mich erfüllt. Um später von Erfahrung sprechen zu können, muss man eben auch mal falsche Entscheidungen treffen.

Der Betze brennt: Im Abstiegsjahr 2006 sollten Sie dann nochmals als Sportdirektor verpflichtet werden, wechselten aber nach der erfolgreichen Station in Koblenz zum VfL Bochum. Was war diesmal der Knackpunkt, der die Rückkehr zum FCK verhinderte?

Kuntz: Beim VfL wurden mir einfach mehr Kompetenzen angeboten. In Kaiserslautern hätte ich weder über das Nachwuchsleistungszentrum Fröhnerhof bestimmen können noch wären mir die Trainer unterstellt gewesen. Und auf der anderen Seite hatte ich in Bochum ein Angebot als Vorstand.

Der Betze brennt: Damals saß auch noch René C. Jäggi als FCK-Vorstand am Verhandlungstisch, oder?

Kuntz: Ja. Da hatte Jäggi schon seinen Rücktritt eingereicht, war aber bei diesem Gespräch, warum auch immer, noch mit dabei. Ich habe dann gefragt, warum mir nicht die entsprechenden sportlichen Kompetenzen eingeräumt werden sollen, aber das wussten oder wollten die damaligen Verantwortlichen nicht.

Der Betze brennt: Anfang diesen Jahres wurde endlich Ihre endgültige Rückkehr nach Kaiserslautern eingefädelt. Hierüber gibt es verschiedene Gerüchte zum Ablauf: Wer stellte den ersten Kontakt zu Ihnen her? Ministerpräsident Kurt Beck? Dieter Buchholz als Vorsitzender des Aufsichtsrats? Oder jemand ganz anderes?

Kuntz: Das wurde in Zusammenarbeit von Hans-Peter Schössler (Geschäftsführer Lotto Rheinland-Pfalz; Anm. d. Red.), Dieter Buchholz und Erwin Göbel (damals Vorstandsvorsitzender; Anm. d. Red.) erledigt. Hans-Peter Schössler war in gewisse Probleme im Rahmen meiner Tätigkeit in Bochum eingeweiht und hat dann den FCK ins Spiel gebracht, nach dem Motto „Wenn die dich dort nicht mehr wollen, ich hätte da nen Verein...“. Das wurde dann von Dieter Buchholz aufgegriffen und Erwin Göbel hat sofort offen und ehrlich meine Fragen beantwortet und mich später mit den entsprechenden Unterlagen versorgt.

Der Betze brennt: Und wie liefen dann die Verhandlungen, die sich ja über mehrere Monate hinzogen?

Kuntz: Den Kontakt stellte zur Jahreswende wie gesagt Hans-Peter Schössler her, mit dem dann auch ein erstes Treffen stattfand. Richtig ernst wurde es aber erst Ende März, als die Probleme in Bochum größer wurden. In dieser Phase liefen dann alle Gespräche über Dieter Buchholz und Erwin Göbel.

Der Betze brennt: Man munkelt, dass Sie auch bei der Verpflichtung von Trainer Milan Sasic schon mitgewirkt hätten?

Kuntz: Ich denke, dass das normal ist, das man da mal nachhört. Wenn sie mit jemandem in Zukunft zu tun haben wollen, und derjenige hat mit dem Trainer schon lange zu tun gehabt - da wär's ja schön blöd, nicht mal zu fragen, was sie davon halten.

Am Freitag im zweiten Teil des großen "Der Betze brennt"-Interviews: Stefan Kuntz über seine Zwischenbilanz nach fünf Monaten beim FCK, über die geplanten neuen Anstosszeiten und über den Briegel-Prozess.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Kommentare 82 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken