Miroslav Kadlec - wie kaum ein anderer prägte der sympathische Tscheche die 90er Jahre beim FCK. Er gewann beide Meisterschaften, holte einen Pokalsieg, blieb dem FCK auch nach dem bitteren Abstieg 1996 treu und war in der Aufstiegssaison auch in der zweiten Liga ein Erfolgsgarant. Wie wichtig Miroslav Kadlec, der von allen nur Miro genannt wurde, in seinen acht Jahren in der Pfalz als Spieler war, spürt man noch heute: "Seit Miro weg ist, hatten wir nie mehr eine richtige Abwehr", hört man verzweifelte Fans oft nach Niederlagen klagen. Illustre Namen tummelten sich seit 1998 in der Pfalz, um die Nachfolge des Tschechen anzutreten, angefangen beim Ägypter Samir Ibrahim. Doch Kadlec vergessen machen - das schaffte nicht ein einziger seiner Nachfolger.
Miroslav Kadlec kam 1990 zum frischgebackenen Pokalsieger 1. FC Kaiserslautern und seinem Trainerfuchs Kalli Feldkamp. Dieser wollte den FCK, den er gerade noch vor dem ersten Bundesligaabstieg der Vereinsgeschichte retten konnte, im Mittelfeld konsolidieren und wurde im tschechischen Vitkovice mit dem 26-jährigen Kadlec fündig - nach einer passablen WM in Italien, bei der er alle fünf Spiele für die Tschechoslowakei absolvierte und im Viertelfinale an Deutschland scheiterte. Damals dachte noch niemand daran, dass Kadlec und einer seiner Gegner, Andreas Brehme, acht Jahre später gemeinsam den deutschen Meistertitel für den FCK gewinnen sollten.
In Kaiserslautern präsentierte sich Kadlec gleich als absolute Verstärkung. Sofort in der Stammelf gelang ihm in seinem zweiten Bundesligaspiel sein erster Treffer, beim 1:1 gegen Eintracht Frankfurt erzielte er die Führung und half so mit, dass sich die Lautrer um Kapitän Stefan Kuntz sofort in oberen Tabellengefilden tummelten. Der FCK beendete die Hinrunde als Dritter hinter Bremen und den Bayern und konnte sich überraschenderweise Chancen auf den Meistertitel ausrechnen. In jedem Spiel von Anfang bis Ende dabei: Miroslav Kadlec.
Man hatte zwar mit 24 Gegentreffern die meisten in der oberen Tabellenregion, aber dennoch spürte jeder die Souveränität des tschechischen Nationalspielers. Galt er, besonders in den späteren Jahren, als etwas langsam, doch seine Gabe, das Spiel zu lesen und die Hintermannschaft zu dirigieren machten die Schnelligkeitsdefizite mehr als wett.
Die Rückrunde der Saison 1990/91 ist schnell erzählt: Der FCK kassierte weniger Gegentore als in der Hinrunde, holte mehr Punkte, besiegte den FC Bayern und wurde am 34. Spieltag in Köln deutscher Meister. Obwohl Miro in den letzten Spielen verletzungsbedingt nicht mehr helfen konnte war jedem klar: Dieser Neuzugang hatte einen großen Anteil am Überraschungscoup. Nicht nur durch seine beiden Treffer (Kadlec traf übrigens als einer der wenigen langjährigen FCK-Spieler in jeder Saison mindestens einmal), sondern besonders durch seine ruhige Spielweise, seine Souveränität und sein phänomenales Auge. Aber auch sein Gefühl im Fuß war nicht zu verachten: In all seinen Jahren in der Bundesliga war Kadlec als gefährlicher Freistoßschütze bekannt, mit dem Höhepunkt in der Vizemeistersaison 1993/94, als er ein halbes Dutzend Tore erzielte.
Doch leider fällt auch die bitterste Stunde des FCK in den 90er Jahren in die Zeit von Miro Kadlec: Der Abstieg 1996. Diesen konnte auch der Libero nicht verhindern, auch der Tscheche spielte teilweise unsicher, bei der Niederlage in Frankfurt unterlief im gar ein Eigentor. Hinzu kam in der Rückrunde ein unwürdiger Streit um die Liberoposition mit Andreas Brehme und dem Trainer, der im Nachhinein als eine der vielen Bausteine zum ersten Bundesligaabstieg der Lautrer betrachtet werden kann. Aber wie wir ja wissen, lag dieser Abstieg nicht primär bei der Abwehr, die weniger Gegentore zuließ als bei der Meisterschaft fünf Jahre zuvor. Das es dann ausgerechnet Kadlec war, der im EM Finale 1996 in England den Schuss von Oliver Bierhoff abfälschte und somit dem späteren FCK-Torhüter Petr Kouba keine Abwehrchance, ließ passte in den traurigen Sommer des Miroslav Kadlec, den nur der Pokalsieg mit dem FCK eine Woche nach dem Abstieg etwas aufmuntern konnte. Doch wie für viele andere war dieser Pokalsieg auch für Kadlec nur ein Trostpreis, der Abstiegsschmerz saß tief.
Unter Coach Rehhagel fielen dann die letzten beiden Jahre des tschechischen Nationalmannschafts-Kapitäns. Und diese hatten es noch einmal in sich:
Erst bewies Kadlec wie der Großteil des Kaders Treue zum Verein, indem er, immerhin Vize-Europameister, mit in die zweite Liga ging. 24 Spiele absolvierte Kadlec dort als mittlerweile wieder unumstrittener Abwehrchef, nachdem er erst am 8. Spieltag richtig ins Geschehen eingreifen konnte, dann aber seit dem 10. Spieltag nur noch wegen einer Gelbsperre nicht in der Anfangself stand. Auch in jener Saison erzielte Kadlec seinen obligatorischen Treffer, er sorgte für den 1:0-Sieg beim VfB Oldenburg - den einzigen Lautrer Auswärtssieg in der Rückrunde 1996/97, ohne den die vorzeitige Aufstiegsfeier mit dem 7:0 gegen den VfB Lübeck eine Woche später, genau ein Jahr nach dem bitteren Abstieg, nicht möglich gewesen wäre. Am Ende stand die Rückkehr in die Bundesliga und Miro Kadlec vor seiner letzten Saison beim FCK. Mit nun schon 33 Jahren neigte sich die Karriere dem Ende entgegen, 1998 sollte es zurück nach Tschechien gehen, nachdem Trainer Rehhagel ihn noch zu einer letzten Saison in der Pfalz überreden konnte. In dieser Spielzeit wollte Kadlec noch helfen, den FCK in der ersten Liga zu halten. Und dies gelang ihm auch...
Am 33. Spieltag gehörte auch Miroslav Kadlec zu den elf Mann, die den VfL Wolfsburg mit 4:0 aus dem Stadion schossen und das Unglaubliche wahr gemacht hatten: Der 1. FC Kaiserslautern wurde als erster Aufsteiger Deutscher Meister. Kadlecs Zeit in Kaiserslautern endete wie sie begann: Mit einer Meisterschaft! Neben den allgemeinen Jubelorgien zum Titelgewinn wurde auch der Tscheche speziell gebührend gefeiert, sei es mit einem eigens per Flyer eingeführten Abschiedslied der Westkurve oder auch nach Spielende auf dem Balkon im Inneren der Nordtribüne.
Insgesamt lief Kadlec 234mal für die Roten Teufel auf, davon 24mal in der zweiten Liga. 15 Bundesligatreffer und einen in der zweiten Liga konnte er in diesen Spielen erzielen und sammelte damit nur ein Tor weniger als Gelbe Karten. Als Abwehrspieler in acht Jahren nur 17 Gelbe und eine Rote Karte gezeigt zu bekommen ist nicht nur ein Zeugnis für die Fairness, mit der Kadlec seinen Gegenspielern gegenüberstand, sondern auch seines Auges, denn sehr gute Abwehrspieler müssen Gegnern die Bälle nicht abgrätschen, sondern sind schon vorher zur Stelle. Und dies war eine der großen Stärken des Miroslav Kadlec.
In Tschechien spielte Kadlec noch vier Jahre für FK Drnovice und Artikel Brünn, bevor er seine Schuhe mit 38 endgültig an den Nagel hängte. Und trotzdem wissen wir alle: "Auch heute würde der Miro spielen, wenn er noch hier wäre... war das eine schöne Zeit, als es uffm Betze noch hieß - "Mit der Nummer 5: Miroslav Kadlec!"
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian