Neues vom Betzenberg

Das Leben des anderen - und sein Tod

66 Mark zeigt das Taxameter, als am 21. März 1979 der unverhoffte Neuzugang an der Geschäftsstelle des 1. FC Kaiserslautern vorfährt. Norbert Thines, der Geschäftsführer, hat kein Detail vergessen. Noch drei Jahrzehnte später wird er sich erinnern: Dieser Mittwoch hat sich eingebrannt. Der junge Mann im schwarzen langen Mantel kommt unangemeldet, unerwartet, noch ist er unerkannt. Thines fährt mit dem Fremden nach Süden, durch den Pfälzerwald, er quartiert ihn in der "Pension Gisela" in Trippstadt ein. "Der heißt Müller", sagt Thines zur Wirtin. "Und der darf erstmal nicht raus."

Der junge Mann mit den wachen, dunklen Augen heißt nicht Müller. Es ist Lutz Eigendorf. 22 Jahre alter Spielmacher des BFC Dynamo aus Ost-Berlin. Sechs Länderspiele für die DDR stehen in seiner Vita. "Ich bin abgehauen", hat er zu Thines gesagt. Rübergemacht, sozusagen, am Tag nach dem Freundschaftsspiel der Ost-Berliner in Kaiserslautern. Seine Dynamo-Genossen haben sich die Gießener Innenstadt angeschaut. Eigendorf schaute dass er wegkommt. Ohne Geld und ohne Gepäck. Ohne Ehefrau Gabriele und Töchterchen Sandy. Ins Taxi, in ein neues Leben.

So mag man sich vorstellen - auch wenn das Spekulation ist -, wie am gleichen Tag in der Ost-Berliner Normannenstraße eine Halsschlag-Ader pocht und wummert: Dynamo ist der Klub des Ministeriums für Staatssicherheit. Es ist der Verein von Stasi-Chef Erich Mielke, größter Fan und Förderer. Einer, der eine Republikflucht durchaus als persönlichen Affront einsortieren kann. Als Angriff, der nur eines verdient: Rache!

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Quelle und kompletter Text: Trierischer Volksfreund

Weitere Links zum Thema:

- Mittwochabend im MDR: Tod dem Verräter - Der Fall Lutz Eigendorf

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