Neues vom Betzenberg

Torhüter: Lernen von Tarzan

"Es gibt genau zwei Eigenschaften, die ein Torwart nicht haben darf: Angst und Überheblichkeit!" Gerald Ehrmann, von dem diese Worte stammen, muss es wissen. Als Torhüter gewann der Tauberbischofsheimer mit dem 1. FC Kaiserslautern zweimal den DFB-Pokal (1990 und 1996) und eine deutsche Meisterschaft (1991), seit der Saison 1996/1997 ist er auf dem Betzenberg für das Training der Schlussmänner zuständig. Dabei brachte er mit Roman Weidenfeller und Tim Wiese zwei Torhüter hervor, die bei ihren neuen Klubs fest im Sattel sitzen, für viele sogar das Zeug zum Nationaltorhüter haben. Vor allem die Diskussion um Bremens Tim Wiese, der sich selbstbewusst bei der Nationalelf ins Spiel brachte, kann der Mentor nicht nachvollziehen. "Er hat niemanden persönlich beleidigt und spielt seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau."

Vielleicht haben es die Schützlinge von Ehrmann gerade deshalb so schwer in der Nationalmannschaft Fuß zu fassen, weil sie die Lauterer Torhüterschule durchlaufen haben. "Der Torhüter ist ein Einzelkämpfer. Ich versuche den Jungs auch Verhaltensweisen zu vermitteln", sagt Ehrmann über seine Einstellung zum Torhüterspiel und -training. "Er muss den Spielern vor sich klare Anweisungen geben und dabei selbstbewusst auftreten." Einen selbstbewussten Auftritt pflegte der heute 48-Jährige in seiner aktiven Zeit, und auch Weidenfeller und Wiese sind auf und neben dem Platz nicht gerade für ihre Zurückhaltung bekannt. Vielleicht scheut man sich beim DFB daher davor, Wiese oder Weidenfeller eine Chance im Nationaldress zu geben, die auch Ehrmann selbst nie bekam. Die Klasse des Bremers und des Dortmunders ist weitestgehend unbestritten. "Ihn habe ich schon im Training der Nationalmannschaft gehabt, als er bei der U 21 war. Und ich war von ihm begeistert. Das ist ein guter Mann: wie er sich bewegt, wie er fliegt", schwärmt Ex-Bundestorwarttrainer Sepp Maier. "Ich verstehe nicht, dass man den nicht schon lange herangezogen hat", bricht der 63-Jährige eine Lanze für einen Keeper, der der "Katz von Anzing" vor allem auch gefällt, weil er mutiger agiert als viele Kollegen: "Bevor ich den Timo Hildebrand gebracht hätte, hätte ich lieber den Tim Wiese als Nummer drei genommen."

Doch es reicht auch bei Ehrmann nicht aus, die Abwehr mit markigen Sprüchen vor sich herzutreiben. "Der Torhüter muss heutzutage viel mehr mitspielen, antizipieren und beim Herauslaufen etwas riskieren." Der Torwarttrainer fördert diese Risikofreude und ist sich bewusst, dadurch bewusst "Fehler in Kauf zu nehmen". Fehler machen ist bei Ehrmann ausdrücklich erlaubt, nicht die Initiative zu ergreifen, um Fehler zu vermeiden, nicht. Ehrmann selbst gehörte zu den ersten Torhütern, die im Tor nicht darauf warten wollten, dass die gegnerischen Angreifer vor ihrem Tor auftauchten. "Mir lag die Viererkette einfach, die wir schon unter Hannes Bongartz gespielt haben (von 1985 bis 1987 Trainer beim 1. FCK, die Red.)." Mit seiner aggressiven, körperbetonten Spielwiese eroberte sich Ehrmann schnell einen Platz im Herzen der treuen Lauterer Fans, die ihn ob seiner kraftvollen Auftritte und des wohldefinierten Körpers "Tarzan" tauften.

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Quelle und kompletter Text: T-Online

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