Um den fünften Sieg in Folge einzufahren, muss der 1. FC Kaiserslautern am Samstag die stärkste Abwehr der Liga überwinden. Hannover 96 wiederum will sein Offensivspiel verbessern - und hat in der Winterpause neue Weichen gestellt.
So lief's seit dem Hinspiel: 3:1 schlugen die Niedersachsen die Pfälzer im Hinspiel. In einer Partie, die sie ingesamt gut im Griff hatten, das mochte auch Ragnar Aches zwischenzeitliches 1:1 nicht zu wenden . Es war der dritte Sieg der 96er im dritten Heimspiel, und zuhause sollten sie auch eine Macht bleiben. Ab Spieltag 9 folgten drei Siege nacheinander gegen Schalke, Magdeburg Karlsruhe - und schon stand man auf Platz 1. Die Verwirklichung des "Dreijahresplans" zum Wiederaufstieg in die Bundesliga, den Sportdirektor Marcus Mann, Trainer Stefan Leitl und der damalige Fußball-BossMartin Kind 2022 erarbeitet hatten, schien näher zu rücken. Dann jedoch folgten sieben Spiele mit nur einem Sieg und drei Niederlagen. Eigentlich noch kein Drama, da auch die Konkurrenz nicht berauschend punktete und der Abstand zu Aufstiegsplätzen nach vor nur zu zwei Zählern betrug. Drum kam die Meldung, dass sich der Verein von Trainer Leitl trennte, für Außenstehende überraschend. Die Erklärung mutete dagegen handelsüblich an: Das Team sei zu schwankend in seinen Leistungen gewesen, es brauche "einen neuen Impuls", um das große Ziel noch zu erreichen, und so weiter. André Breitenreiter übernahm. Er hat den Klub schon einmal, 2017, ins Oberhaus geführt. Und in der Winterpause signalisierten die 96er auch mit einigen spannenden Neuerwerbungen, dass sie durchaus ernst machen wollen mit dem Gipfelsturm. Bislang sprechen die Ergebnisse allerdings noch nicht dafür, dass aus dem Anspruch Wirklichkeit wird: ein Sieg, drei Remis. Coach Breitenreiter wähnt sich dennoch auf dem richtigen Weg. Mittlerweile aber sind's bereits fünf Punkte Abstand auf den Relegationsplatz. Und bei einer Niederlage gegen den aktuellen Tabellendritten am kommenden Samstag könnte der auf heftige acht anschwellen.
Das hat sich geändert: Vierer- oder Dreierkette - das ist für André Breitenreiter keine Grundsatzfrage, ebenso wenig, wie es das Vorgänger Leitl war, aber auch FCK-Trainer Markus Anfang und etliche andere der aktuellen Zweitliga-Trainer ist. Beim 1:0-Auswärtssieg in Regensburg zum Jahresbeginn ließ Breitenreiter mit einer 3-1-4-2-Formation starten. Beim 1:1 gegen Düsseldorf zuletzt formierte er eine Viererkette - vermutlich, weil die Fortuna ein 4-3-3 mit echten Flügelstürmen bevorzugt. Gegen das fluide 3-4-1-2 des FCK wird der Coach zur Dreierkette zurückkehren, tippen wir mal. Was auch seinem Abwehrchef Marcel Halstenberg (33) besser entgegenkommt, der gegen Düsseldorf als linker Verteidiger ranmusste. Seine Qualitäten als Aufbauspieler kann er zentral besser zur Geltung bringen. Neben ihm in der hinteren Reihe gesetzt sein dürften Phil Neumann (27) und, na klar, Boris Tomiak (26), der nach seinem Wechsel vom Betzenberg an die Leine wie erwartetet direkt Stammkraft wurde. Der zweite aufsehenerregende Wintertransfer der "Roten" durfte gegen Düsseldorf zum ersten Mal starten: Rabbi Matondo (24), der bereits vor zwei Wochen beim Hamburger SV als Einwechselspieler mächtig Betrieb machte und den Treffer zum 2:2-Endstand erzielte. Der Waliser ist von den Glasgow Rangers geliehen, dem Vernehmen mit einer Kaufoption von einer Millionen Euro. Eigentlich ein Klacks für einen Tempodribbler mit einem solchen Potenzial, dennoch wird er für die Hannoveraner wohl nur im Aufstiegsfall zu halten sein. Ebenfalls als großes Talent gilt Aséko Nkili (19), den Sportdirektor Mann am Tag des Transferschlusses vom FC Bayern lieh, wo der Mittelfeldspieler bei den Profis schon das ein oder andere Mal die Reservebank drücken durfte. Gegen Düsseldorf allerdings stand Nkili noch nicht im Kader.
Gewinner und Verlierer: Stärkste Offensivkraft ist der junge Nicolò Tresoldi (20), der bereits sechs Treffer erzielte. Er dürfte am Ende dieser Saison auf jeen Fall aufsteigen, da für ihn Angebote zu erwarten sind, die ein Zweitligist nicht ablehnen kann. Den von der Frankfurter Eintracht geleasten Jessic Ngankam (24) hält Breitenreiter für noch entwicklungsfähig, bislang aber hat er die Erwartungen noch nicht so recht erfüllt. Mit vier Treffern und zwei Vorlagen steht er allerdings besser da als die erfahrenen Stürmer Havard Nielsen (31) und Andreas Voglsammer (33), die längst nicht mehr so treffen wie in früheren Zeiten. Ihre Startelf-Einsätze haben sich dementsprechend reduziert. Auf der linken Abwehrseite hat sich der aus Portugal geliehene Pole Bartlomiej Wdowik (25) etabliert, zuletzt gegen Düsseldorf jedoch fiel er Breitenreiters Ausrichtung mit Viererkette zum Opfer. Im zentralen Mittelfeld haben sich Fabian Kunze (26) und Enzo Leopold (24) festgespielt, Max Christiansen (28) spielt nach wie vor nicht die Rolle, die er einst in Fürth mal ausfüllte. Seit Breitenreiter Chef ist, steht der mit kolportierten 1,5 Millionen Euro teuerste Sommer-Einkauf Jannik Rochelt (26) regelmäßig in der Startelf, unter Leitl war er meist nur Teilzeitkraft. Gegen Düsseldorf erzielte der ehemalige Elversberger seinen ersten Saisontreffer. Und wer sich an den asiatischen Einschlag im Team der Niedersachsen gewöhnt hat, könnte am Samstag enttäuscht werden: Hyun-ju Lee (22) und Sei Muroya (30) fehlten zuletzt, zum Teil verletzungsbedingt.
Zahlenspiele: Hannover stellt nach wie vor das beste Heimteam der Liga, das aber spielt auf dem Betzenberg keine Rolle. Auswärts haben die 96er erst neun Punkte geholt, was sie zum viertschlechtesten Team der Liga macht, dabei gerade mal zehn Treffer erzielt. Sogar Aufsteiger Ulm hat in der Fremde einmal mehr getroffen. Keine Frage: Die mangelnde Torausbeute - erst 28 Buden - ist ihr Hauptproblem. Allerdings: Nach xGoals hätten es sechs mehr sein können. Wer sich stets sorgt, weil der FCK in den Laufstatistiken nur hintere Plätze belegt, darf dem Samstag beruhigt entgegenblicken: Die Niedersachsen rennen noch weniger als die Pfälzer, Platz 18 im Ranking der zurückgelegten Gesamtkilometer (FCK: Platz 16). Was "intensive Läufe" und "Sprints" angeht, stehen sie allerdings besser als Lautern. Mit Leopold haben sie sogar den viertbesten der Liga in den Reihen, was Laufintensität angeht. Interessant: Obwohl sie über keinen ausgesprochenen Kopfballstürmer verfügen, stehen sie Flanken-Ranking auf Platz 3. Dafür verantwortlich zeichnen sich hauptsächlich die Außenbahnspieler Wdowik und Muraya, so sie denn spielen. Prunkstück der Hannoveraner ist und bleibt ihr Abwehrverbund, der mit Tomiak bestimmt nicht schwächer geworden ist. Mit ersten 22 Gegentreffern sie Liga-Spitze. Der große Rückhalt ist weiterhin Keeper Ron-Robert Zieler (35). Nach Ansicht vieler - und auch den "Wsycout"-Statistiken zufolge - immer noch der beste Keeper der Liga.
Fazit: Vergangene Woche Fabian Reese, diesen Samstag Rabbi Matondo: Wenn Breitenreiter den Waliser über die linke Seite kommen lässt, die er bevorzugt, sollte Jan Gyamerah mal darüber nachdenken, bei seinem Arbeitgeber Erschwerniszulagen einzufordern. Ansonsten ist schnell umrissen, worum es den Roten Teufeln gehen sollte: Diese Abwehr überwinden, irgendwie. Am besten über außen. Bringt Anfang vielleicht auch links mal wieder einen richtigen Flügelstürmer? Und ist das 1:0 erstmal gefallen ist, darf das Ergebnis gerne wieder so souverän über die Zeit gebracht werden wie zuletzt in Berlin. Wo Maxi Bauer und Jan Elvedi andeuteten, dass sie zu einem echten Bollwerk zusammenwachsen könnten. Ob Tim Breithaupt sein Startelf-Debüt auf der Sechs geben darf? Wir erlauben uns mal zu tippen: ja. Gegen einen solchen Gegner braucht es Ruhe und präzises Aufbauspiel aus dem hinteren Mittelfeld.
Quelle: Der Betze brennt
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