Linksverteidiger, ligaerfahren, aber noch jung genug, um sich weiterzuentwickeln, zudem ablösefrei. Neuzugang Florian Kleinhansl vom VfL Osnabrück passt bestens ins gesuchte Profil des 1. FC Kaiserslautern. Ein zweiter Tymo Puchacz ist er aber nicht.
Dass es schon ihr Kindheitstraum war, einmal Fußballprofi zu werden, sagen viele. Er aber könne dies belegen, anhand von Aufsätzen, die er schon als Sechs- oder Siebenjähriger abgefasst habe, erklärte Florian Kleinhansl im Sommer 2021 bei seiner Vorstellung im "VfL-TV" des VfL Osnabrück. Vielen aber fehlt's am Willen, diesen weiten Weg zu gehen. Dem Jungen aus dem schwäbischen Nürtingen jedoch hat es daran nie gefehlt, sein Blick ging stets nach vorne, im Leben wie auf dem Rasen. "Ich will mich weiterentwickeln." Das sagte er, als er an der Bremer Brücke ankam. Das sagte er aber auch schon als C-Jugendlicher des VfB Stuttgart, wie dieser frühe Video-Schnipsel beweist, in dem er mit der ganzen Entschlossenheit eines 13-Jährigen ankündigt, kommende Saison so viele Tore wie möglich zu schießen, von seiner Position "vorne links" aus.
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Ganz so viele Tore für den VfB wurden es dann doch nicht. Mit 14 wurde er aus NLZ der Schwaben-Metropole ausgemustert, weil man ihn für körperlich zu schwach hielt - ein Schicksal, das in diesem Alter ums Haar einst auch den späteren Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm getroffen hätte. Der kleine Florian indes wechselte daraufhin zum SSV Reutlingen, später zu den Stuttgarter Kickers - und kehrte im U19-Alter, nun offenbar stark genug, zum VfB zurück. Mit dessen A-Junioren wurde er Deutsche Vizemeister und holte den DFB-Pokal. Auch wenn er beim 2:1-Sieg im Finale gegen Rasenballsport Leipzig erst in der 66. Minute eingewechselt wurde.
Von der Zweitauswahl des VfL an die Bremer Brücke
Ab Sommer 2019 lief der nunmehr auf 1,80 Meter Körpergröße gewachsene Nachwuchsmann dann zwei Spielzeiten für die Zweitauswahl des VfB auf, zunächst in der Oberliga Baden-Württemberg, dann in der Regionalliga Südwest, wo er sich als linker Verteidiger neben dem Ex-Bayern Holger Badstuber etablierte, den die Schwaben in die Heimat zurückgeholt hatten, auf dass er im Spätherbst seines Karriere ihren Jungspunden als ruhender Abwehrpol diene.
Im Sommer 2021 wechselte Florian Kleinhansl nach Osnabrück in die 3. Liga. 2023 stieg er mit den Lila-Weißen in die 2. Bundesliga auf - und nach dieser Spielzeit wieder ab. Dass er selbst nicht wieder den Weg zurückgehen wollte, hatte er bei den Verantwortlichen schon frühzeitig hinterlegt.
Schon ein Jahr zuvor war ihm der Sprung in die zweite Klasse zugetraut worden. Wäre er mit den Lila-Weißen nicht aufgestiegen, hätte sich wohl Hannover 96 die Dienste des Linksverteidigers gesichert. Der damals 22-Jährige hatte eine starke Saison gespielt, seine Offensivqualitäten mit drei Treffern und fünf Vorlagen unter Beweis gestellt. Beim 2:2 gegen Meppen gelang ihm beides. Hier zu sehen: Tor bei Minute 0:15, Assist bei Minute 2:50.
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Beide Aktionen sind typisch für Kleinhansl: Der Torschuss aus dem hinteren linken Halbraum, natürlich mit links. Und die Vorlage kommt per Ecke. Von den fünf Assists aus dieser Spielzeit, die die Statistiken für ihn ausweisen, resultieren zwei aus Eckstößen. Bei einem Treffer, zum Saisonauftakt gegen den Karlsruher SC, wird er als Vorlagengeber geführt, weil Erik Engelhardt einen abgefälschten Torschuss von ihm verwandelte, bei zwei weiteren, weil er der gefoulte Spieler war, der einen Elfmeter herausholte. Er sucht also auch als Verteidiger gerne mal den Weg in den gegnerischen Strafraum. Hier die Aktion, die zum 1:1 im Spiel gegen den 1. FC Magdeburg führt:
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In den beiden Drittliga-Spielzeiten servierte er seinen Mitspielern neben Ecken auch einige Freistoßflanken, die zu Treffern führten. Flanken aus dem Spiel heraus schlägt Kleinhansl zwar auch, zu Toren aber führen diese selten bis gar nicht.
Der 1:1-Vergleich mit Puchacz bringt nicht viel
Wer ihn nun partout mit Tymo Puchacz vergleichen will und sich dabei auf nackte Zahlen fixiert, könnte daher skeptisch werden. Denn einem 1:1-Vergleich hält der Neue nur bedingt stand: Laut "bundesliga.de" erreicht der Pole, der aus Berlin geliehen war und dessen Rückkehr nach Lautern mehr als fraglich ist, eine Spitzengeschwindigkeit von 35,65 km/h, Kleinhansl kommt lediglich auf 32,45 km/h. Puchacz hat in der Zweitligasaison 2023/24 insgesamt 789 Sprints angezogen, Kleinhansl bei vergleichbaren Einsatzzeiten nur 543, Puchacz schlug 94 Flanken, Kleinhansl nur 58.
Okay, im Speed-Vergleich der langsamere zu sein, lässt sich schlecht relativieren. Die anderen Werte aber sind mit Vorsicht zu betrachten. Puchacz war oft als Schienenspieler in einer Formation mit Dreierkette eingesetzt, hatte also systembedingt Freiheiten nach vorne, die seinem Typ entgegenkamen. Kleinhansl spielte meist linker Verteidiger in einem 4-3-3-System hinter einem klassischen Linksaußen. Da konnte er weniger mit Flankenläufen bis zur Grundlinie glänzen, war mehr für Absicherung zuständig. Einer der Flügelstürmer, der in Osnabrück öfter vor ihm spielte, hieß übrigens Christian Conteh. Mit der Personalie beschäftigt sich gerüchteweise auch der FCK. Zufall? Vielleicht. Vielleicht aber auch ein Hinweis. Jedenfalls soll auch Bundesligist VfL Bochum mit Conteh verhandelt haben, der Transfer wurde aber jüngst als geplatzt vermeldet.
Doch zurück zu Kleinhansl: Die forsche Spielanlage, die Lauterns Trainer Markus Anfang dem Vernehmen nach bevorzugt, ähnelt der, mit der Tobias Schweinsteiger die Lila-Weißen in die Zweite Liga führte und dort auch zu bestehen versuchte, bis ihn die "Mechanismen des Geschäfts" ereilten. Dass beide Trainer sich für ähnliche Spielertypen erwärmen, ist zumindest nicht abwegig. An Kleinhansl sollen zudem auch Eintracht Braunschweig und Darmstadt 98 interessiert gewesen sein. Für Kaiserslautern entschied er sich laut eigener Aussage auch wegen der Fans: "Ich habe vor allem in der abgelaufenen Saison beim Spiel mit Osnabrück auf dem Betze hautnah miterlebt, was die Atmosphäre hier ausmacht. Ich kann es daher kaum erwarten, in Zukunft diese Fans im Rücken zu haben."
Außenverteidiger mit neuen Aufgaben? Kleinshansl ist lernfähig
Bleibt Anfang den Ideen treu, die er auch auf seinen früheren Stationen umzusetzen versuchte, werden sich Lauterns Außenverteidiger ohnehin ein wenig umstellen müssen. Statt an der Seitenlinie rauf und runter zu ackern, werden sie sich bei eigenem Ballbesitz künftig mehr in die Mitte bewegen, um den Sechser zu flankieren und den beiden Innenverteidigern Anspielstationen auf kurzen Wegen anzubieten.
Das könnte Kleinhansl sogar besser hinbekommen als Puchacz. Es gibt nämlich auch "Wyscout"-Werte aus der vergangenen Saison, bei denen der Schwabe den Polen überflügelt. Seine Passpräzision war etwas besser, lag bei 78,6 Prozent gegenüber 77,3 Prozent. Seine langen Pässe kamen zu 50,2 Prozent an (Puchacz: 48,5 Prozent). Vor allem aber war Kleinshansls Zweikampfquote deutlich besser. 61,2 Prozent gegenüber 50,8 Prozent.
Kleinhansl dürfte bei seinem Arbeitgeber also reichlich Gelegenheit bekommen, das zu tun, was er schon mit 13 vorgenommen hat: sich weiterzuentwickeln.
Das hat er auch in der abgelaufenen Runde schon getan. Etwa, indem er lernte, Treffer auch mit rechts zu erzielen. Hier zu sehen ab Minute 4:18. Das 1:1 in Paderborn blieb auch sein einziges Tor in dieser Spielzeit.
» Zum Video: Florian Kleinhansl trifft für Osnabrück gegen Paderborn
Beim neuen deutschen Vizemeister indes haben sie Florian Kleinhansl übrigens nicht vergessen. "Er galt schon bei uns als Musterprofi", erklärte ein Mitarbeiter aus dem Nachwuchsbereich des VfB Stuttgart auf Nachfrage von Der Betze brennt. "Er ist intelligent, gewissenhaft und hat Humor. Als uns die Nachricht erreichte, dass er nach Kaiserslautern wechselt, haben wir uns alle für ihn gefreut."
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Florian Kleinhansl wechselt aus Osnabrück nach Lautern (Pressemeldung FCK)