Mit Filip Kaloc wechselt wieder mal ein Kicker aus Tschechien zum 1. FC Kaiserslautern. Ein Star wie Pavel Kuka oder Miro Kadlec ist die Leihgabe von Banik Ostrau noch lange nicht, aber er hat in jungen Jahren schon einige Erfahrungen gesammelt.
Im Sommer war für ihn die Welt noch in Ordnung. "Der Höhepunkt seiner Karriere" stand an, wie er tschechischen Medien erklärte: die U21-Europameisterschaft in Georgien und Rumänien. Filip Kaloc sollte die tschechische Auswahl als Kapitän aufs Feld führen - und wollte bei diesem Turnier gleichzeitig seinen altersbedingten Ausstand geben. Er hatte nunmehr das 23. Lebensjahr erreicht.
Hinter dem Youngster lagen zwei Spielzeiten, in denen er sich bei seinem Heimatverein Banik Ostrau erfolgreich als Stammkraft etabliert hatte. 2022/23 war der zentrale Mittelfeldspieler 25 Mal in der Startelf aufgelaufen. Gegen Ende der Saison war er sogar zum Kapitän ernannt worden. Was gemeinhin auch auf ein gutes Verhältnis zum Trainer hindeutet: Der ehemalige tschechische Internationale Paval Hapal, der in seiner aktiven Zeit auch mal für Bayer Leverkusen die Stiefel schnürte, hatte das Amt in Ostrau im Oktober 2022 übernommen, nachdem sich sein Vorgänger Pavel Vrba nach nur drei Monaten wieder verabschiedet hatte.
Zum Einstand feierte Hapal einen 3:1-Sieg gegen 1. FC Slovacko, zu dem Kaloc den dritten Treffer beisteuerte. Und seinem neuen Vorgesetzten signalisierte: Ich bin zwar Rechtsfuß, kann aber auch mit links. Hier ist der Treffer zu sehen:
» Zum Video: Filip Kaloc' Treffer für Ostrau gegen Slovacko
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Sollte man meinen. Bereits im Januar 2023 erneuerte Filip Kaloc seinen Vertrag in Ostrau, der im Sommer ausgelaufen wäre. "Ich bin einfach glücklich", ließ er die Medien wissen. "Ich bin seit meiner Kindheit hier, und wenn mir jemand mit zehn oder elf Jahren gesagt hätte, dass ich bei Banik 2023 einen Vertrag für die nächsten dreieinhalb Jahre unterschreibe, hätte ich das nicht für möglich gehalten." Dass er nicht vorhatte, ewig in Ostrau zu bleiben, deutete er aber ebenfalls bereits an. Ein starker Auftritt bei U21-EM könnte ihm neue Perspektiven eröffnen und einen "Wendepunkt" in seiner Karriere markieren, dessen seien sich er und seine Berater bewusst: "Ich höre mich um, das ist richtig."
So wirklich rund lief's bei dem internationalen Nachwuchsturnier dann aber doch nicht, weder für ihn persönlich noch für sein Team. Für die Tschechen war nach der Gruppenphase Schluss, nach Niederlagen gegen den späteren U21-Europameister England und den Halbfinalisten Israel. Und beim 2:1-Sieg gegen die deutsche Auswahl kam Kaloc nur von der Bank.
Im Sommer wollte ihn Rapid, dann ging nichts mehr
Interesse aus dem Ausland hatte der 23-Jährige dennoch geweckt. Rapid Wien dachte im Sommer intensiv über seine Verpflichtung nach, zog aber wieder zurück. Die Ablöse, die sich aus dem bis 2026 geschlossenen Vertrag ergab, schreckte die Ösis dann doch zu sehr.
Und dann? Bekam die bislang so gradlinig verlaufenen Karriere des 1,90 Meter-Hünen einen Knick, den sich offenbar niemand so recht erklären kann. Zum Saisondebüt 2023/24 gegen Slovan Liberec führte Kaloc sein Team noch als Kapitän aufs Feld. Auf den 1:3-Fehlstart folgte ein 0:0 gegen Slovacko, bei dem er nur noch 20 Minuten mitmachen durfte. Anschließend klebte er sieben Spiele lang jeweils über die volle Spielzeit auf der Bank, und den Rest der Halbserie reichte es nur noch für sieben Kurzeinsätze. Insgesamt hat Kaloc bisher 118 Pflichtspiele für Ostrau absolviert.
Zuletzt nur noch Reservist - Ursache ist unklar
Hapal zieht ihm mittlerweile den 21-Jährigen Tomas Rigo vor, den Ostrau im Sommer von Slavia Prag verpflichtete. Auch der 24-jährige Jiri Boula, der vergangenes Jahr in der Kaderhierarchie noch hinter Kaloc stand, ist nun an ihm vorbeigezogen.
Sind die Mitbewerber tatsächlich so stark geworden? Ist ein Leistungstief die Ursache für die Nichtberücksichtigung? Oder ist er sonstwie beim Trainer in Ungnade gefallen? Dass Hapal die Spielweise seiner Elf so verändert hätte, dass Kaloc nicht mehr hineinpasst, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Der Trainer hat auch in der vergangenen Saison gerne zwischen verschiedenen Grundordnungen hin- und hergeswitcht. Seit dieser experimentiert er auch mal mit einer Dreier-Abwehrkette. Für die Rollen des Achters oder Sechsers, die Kaloc beide ausfüllen kann, dürfte das aber nicht entscheidend sein.
Macht Druck auf Mitbewerber, hat aber auch Startelf-Potenzial
Anderseits hat die Reservistenrolle Kaloc für den FCK sicher erschwinglicher gemacht. Und da er lediglich bis Sommer geliehen ist - laut tschechischen Medienberichten mit Kaufoption für 500.000 Euro -, stellt der Transfer ein Invest von überschaubarem Risiko dar. Von einem 23-Jährigen, der sich für den Markt wieder attraktiv machen will, darf genug Engagement erwartet werden, um Druck auf die etablierten Mittelfeldspieler im Kader macht.
Was nicht heißen soll, er verfüge nicht über ausreichend Potenzial, Stammkraft zu werden. Das lassen die Video-Schnipsel, die bei "Wyscout" verfügbar sind, durchaus erkennen. Vor allem scheint er stärker darauf bedacht, die Mitte zu halten, wenn er als zentraler Mann vor der Abwehr eingesetzt wird, als dass etwa bei Julian Niehues der Fall ist, der diese Position beim FCK in der Vorrunde meist bekleidete - und oft nach rechts oder links ausflügelte.
Vergleich mit Niehues: Spielerisch Vorteile, kämpferisch Nachteile
Interessant ist auch der Datenvergleich mit Niehues, der wohl sein Hauptkonkurrent um einen Startelf-Platz sein wird. Neben Afeez Aremu natürlich, der nach langer Verletzungspause in der Rückrunde nun ebenfalls loslegen könnte, zu dem aber keine aktuellen Vergleichsdaten vorliegen können. Zudem ist der Nigerianer in den ersten zwei Liga-Spielen bekanntlich sowieso noch gesperrt.
Mit 83,6 Prozent weist Kaloc in der tschechischen Ersten Liga die bessere Passquote auf als Niehues in der deutschen Zweiten Liga (80,6 Prozent). Die Vorwärtspässe sind genauer - 74 Prozent statt 66,1 Prozent kommen an. Noch präziser sind seine langen Pässe - 59,7 Prozent (Niehues: 44,6 Prozent). Dafür weist Niehues bei der Defensivarbeit besser Werte auf. Er gewinnt beispielsweise 56,3 Prozent seiner Zweikämpfe um den freien Ball (Kaloc: 43,8 Prozent) und 56,4 Prozent seiner Kopfball-Duelle (Kaloc: 44,4 Prozent).
Auch als Balleroberer - wichtiges Kriterium für einen Sechser - sieht Niehues besser aus. Im Schnitt jagt er 9,88-mal pro Spiel dem Gegner den Ball ab, Kaloc lediglich 5,61-mal. Dabei haben wir nur Daten aus Kalocs starker Saison 2022/23 berücksichtigt. Die aus seinen vielen Kurzeinsätzen dieser Halbserie hätten die Ergebnisse zu sehr verwässert.
Tore und Assists sollten bei der Beurteilung eines defensiven Mittelfeldspielers weniger relevant sein. Dennoch: In der vergangenen Saison erzielte Kaloc noch einen weiteren Treffer, beim 5:0-Sieg Ostraus gegen Lauterns einstiges Europacup-Trauma FK Teplice, der nicht weniger sehenswert war und darum hier gezeigt werden soll.
» Zum Video: Kaloc' Treffer für Banik Ostrau gegen FK Teplice
Wenn, versucht es Kaloc also lieber aus der Distanz. In der Saison 2021/22 hatte für seinen Klub nur einmal getroffen, bei einem 3:3 gegen Slavia Prag. Doch dieses Geschoss wurde direkt zum schönsten Banik-Treffer der Saison gekürt. Das nächste dieser Art erzielt er hoffentlich im Trikot der Roten Teufel.
» Zum Video: Filip Kaloc trifft aus der Distanz gegen Slavia Prag
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Filip Kaloc wechselt auf Leihbasis von Ostrau nach Lautern (Pressemeldung FCK)