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DFL-Klubs stimmen mit Minimal-Mehrheit für Investor

DFL-Klubs stimmen mit Minimal-Mehrheit für Investor


Die 36 Klubs der ersten und zweiten Bundesliga haben mit hauchdünner Mehrheit den Weg für den umstrittenen Einstieg eines Investors bei der DFL freigemacht. Fans befürchten Konsequenzen wie Zerstückelung der Spieltage und Bundesliga-Spiele im Ausland.

Nachdem die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit bei der ersten Abstimmung im Mai 2023 noch verfehlt wurde, haben es die Befürworter nun geschafft: Übereinstimmenden Medienberichten von "Sportschau" und "Kicker" zufolge stimmten 24 Klub-Vertreter dafür, zehn dagegen und zwei enthielten sich. Rund eine Milliarde Euro möchte die DFL vom Investor bekommen, der im Gegenzug für eine Laufzeit von 20 Jahren rund 8 Prozent aus den Erlösen der Vermarktungsrechte erhält. Kritiker befürchten, dass zur Zufriedenstellung des Investors "rote Linien" wie eine weitere Zerstückelung des Spielplans, mehr fanfeindliche Anstoßzeiten oder Bundesliga-Partien, Pokal-Endspiele oder der Supercup im Ausland ausgetragen werden könnten. Außerdem könnte die finanzielle Schere zwischen den besonders reichen Vereinen und dem Rest der Ligen noch weiter auseinandergezogen werden als sowieso schon.

Besonders brisant bei der heutigen geheimen Abstimmung ist außerdem die Frage, wie Hannover-96-Geschäftsführer Martin Kind gewählt hat. Kind hatte als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Hannover 96 KGaA vom Mutterverein Hannover 96 e.V. die bindende Anweisung erhalten, gegen den Investoren-Einstieg zu stimmen, gilt selbst aber als Befürworter sowie bekanntermaßen seit jeher als harter Gegner der deutschen 50+1-Regel. Gegenüber der "Sportschau" sagte Kind trotz der Vereinsanweisung nur lapidar: "Es war doch eine geheime Wahl."

Wie FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen am heutigen Montag in Frankfurt abstimmte, ist bisher nicht offiziell bekannt. Bei der Jahreshauptversammlung der Roten Teufel vor einer Woche versprachen Hengen sowie FCK-Beiratsvorsitzender Rainer Keßler jedoch, dass sie den Willen der Fans und Mitglieder verstanden hätten. Vorangegangen war eine Investoren-kritische Wortmeldung des Fanbündnis 1. FC Kaiserslautern, die von großem Applaus der anwesenden Vereinsmitglieder unterstützt wurde. Der Redebeitrag wurde heute auch nachträglich im Internet veröffentlicht:

Die JHV-Wortmeldung des Fanbündnis 1. FC Kaiserslautern:

"Ich möchte stellvertretend für das Fanbündnis 1. FC Kaiserslautern die Gelegenheit nutzen, um im Rahmen dieser Jahreshauptversammlung über die geplante Beteiligung von Erlösen an Medien- und Lizenzrechten der DFL durch einen Investor sowohl die Mitgliederversammlung als auch die Geschäftsführung zu sensibilisieren.

Es geht dabei darum, dass die DFL die Gründung einer neuen Vermarktungsgesellschaft, der 'MediaCo KGaA', plant, die zukünftig die nationalen und internationalen Medienrechte der DFL lizenzieren soll. Bereits im Mai wurde über diese Thematik im Rahmen einer DFL Versammlung abgestimmt, wobei die nötige 2/3-Mehrheit für einen Investoreneinstieg nicht erreicht wurde. Dass diese Entscheidung schon nach sechs Monaten wieder in Frage gestellt wird, zeugt nicht gerade von einer tiefergehenden Aufarbeitung des Scheiterns und erinnert mehr an einen Entscheid mit der Brechstange.

Diesmal soll es im Gegensatz zur Abstimmung im Mai ein Paket mit einer 'kleineren' Beteiligung eines Investors an den TV-Rechten in Höhe von 7-9% geben, womit ein Geldbetrag in Höhe von 800 Millionen bis 1 Milliarde Euro eingenommen werden soll. Nach dem gescheiterten ersten Versuch wurde sich augenscheinlich nicht mit den Ursachen für dieses Scheitern auseinandergesetzt, geschweige denn neben einer einmaligen Geldspritze nach anderen, langfristigen und nachhaltigen Lösungen gesucht.

Soviel zur Ausgangslage.

Der Einstieg eines Investors in Form eines Private Equity-Unternehmens ist allerdings aus mehreren Gesichtspunkten sehr kritisch zu sehen. So ist es logisch, dass ein Investor nicht nur mit offenem Geldbeutel bei der DFL aufschlägt, sondern auch Mitspracherechte für sein Investment eingeräumt bekommen möchte. Die DFL betont, dass dies nicht der Fall ist, wobei Investitionsbeispiele aus Hamburg, Berlin, 60 München und auch Kaiserslautern zeigen, dass keine Stimmhoheit erforderlich ist, um als Investor seinen Willen durchzusetzen.

Zudem sind Ausgleichszahlungen nach dem Verkauf der Medienrechte und damit verbundenen Mindereinnahmen nur für die ersten fünf Jahre vorgesehen, weshalb sowohl Vereine als auch Investor darauf angewiesen sind, kurzfristig die Medienerlöse zu steigern. Wie das ohne zusätzliche Spieltagszerstückelung oder Spielmodi wie z.B. Playoffs funktionieren soll, bleibt bis dato das Geheimnis der DFL. Einer Überschreitung dieser roten Linien ist also auch ganz ohne Stimmrechtsmehrheit eines Investors Tür und Tor geöffnet.
Eines der 5 Unternehmen, die um die Gunst der DFL buhlen, ist die sogenannte CVC mit Sitz in Luxemburg. Dem Vernehmen nach machte diese in der Vergangenheit mit dubiosen Briefkastenfirmen in karibischen Steueroasen von sich reden und sorgt durch den aktuellen Investoren-Deal in der spanischen La Liga für Aufsehen, wo trotz Widerstand von Spielern und Funktionären aktuell alles ausgestrahlt wird, was sich vermarkten lassen kann.

Dass der Investor ohne Rücksicht auf Verluste die Interessen der Vereine und Fans ignoriert, ist also ein durchaus realistisches und bereits vorhandenes Szenario. Weiter ist nicht auszuschließen, dass es, abgesehen von einer weiteren Zerstückelung der Anstoßzeiten in der Bundesliga, sogar zur Verlegung einzelner Spiele ins Ausland kommt, um die internationale Vermarktung zu verbessern und somit die Erlöse zu steigern. So findet in Spanien kein einziges Erstligaspiel parallel statt und italienische Fans mussten bereits nach Saudi-Arabien reisen, um ihre Mannschaft im Pokalfinale zu sehen. 2024 soll die Ausschreibung für die TV-Rechte ab der Saison 2025/2026 erfolgen. Durch die logische Zielsetzung eines Investors, Mehreinnahmen zu erzielen, wird er zwangsläufig die Ausschreibung mitgestalten können, weshalb die DFL die Abstimmung noch in diesem Jahr durchpeitschen will.

Dass Leute ohne Bezug zum Fußball und seinen Fans solche Entscheidungen treffen können, ist ein Risiko, dass es unbedingt zu verhindern gilt und würde nicht gerade für den langfristigen Erhalt der einzigartigen Fußballkultur in Deutschland sprechen.

Die DFL erhofft sich vor allem durch internationale Vermarktung Mehreinnahmen in Folge des Lizenzierungsverfahrens und lässt dabei außer Acht, dass eine weitere Verteilung nach dem aktuellen Vergabeschlüssel, bei möglicherweise noch höheren Einnahmen, die aktuelle Lage nur noch verschärfen würde. Vielmehr geht die Schere aus armen und reichen Vereinen in Deutschland noch weiter auseinander und macht einen gerechten Wettbewerb noch unrealistischer, als er ohnehin schon ist.

Dabei gibt es alternative Lösungsansätze, mit denen man den nationalen Fußball nachhaltig und basisorientiert verbessern kann, ganz ohne den Markt mit zusätzlichen Millionen zu fluten. Eine gerechtere Verteilung der TV-Erlöse, die Etablierung eines echten 'Financial Fairplays', 'Salary Caps' für Spielergehälter oder die Ausdehnung der 50+1-Regel wären beispielsweise Ansätze, die den strukturellen Problemen des heutigen Profifußballs entgegenwirken könnten. Das geplante Vorhaben der DFL wirkt dagegen wie eine notdürftige Maßnahme zur Beschaffung von frischem Kapital, anstatt sich mit den Ursachen der Symptome zu befassen, an denen der Fußball tatsächlich krankt.

Vor allem wir als 1. FC Kaiserslautern sollten nach der durchlaufenen Planinsolvenz weiterhin einen demütigen und ehrlichen Weg gehen, statt sich am Rattenrennen um immer mehr Geld im Profigeschäft zu beteiligen.

In diesem Sinne möchten wir als Fanbündnis 1. FC Kaiserslautern unsere Geschäftsführung in Person von Thomas Hengen auffordern, im Sinne eines fannahen Vereins abzustimmen und den Einstieg eines Investors bei der DFL am Tag der Abstimmung am 11.12.2023 abzulehnen."

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: Umstrittene Pläne zu Investoren-Einstieg bei der DFL

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