Im Pokal hat sie sich gerade bei Viertligist Homburg blamiert, aber gerade das dürfte die SpVgg Fürth für den 1. FC Kaiserslautern eher schwerer machen. In der Liga jedenfalls trumpften die Gäste zuletzt stark auf.
Anspruch und Wirklichkeit: Das letzte Mal aus der Bundesliga abgestiegen ist die SpVgg Fürth 2022. Normalerweise reden Absteiger da erst einmal über den direkten Wiederaufstieg, auch wenn das leicht in die andere Richtung gehen kann, wie das Beispiel Arminia Bielefeld vergangene Saison zeigte. Auch das Kleeblatt fand sich vorübergehend tief im Tabellenkeller wieder, konsolidierte sich nach der Verpflichtung von Trainer Alexander Zorniger am Ende aber auf Platz 12. Doch große Töne waren am Ronhof ohnehin nicht gespuckt worden, und das war auch vor dieser Spielzeit so. Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi bekennt sich zur Rolle seines Klubs als Ausbildungsverein, sieht ihn durchaus auch mal in der Lage, oben anzugreifen, aber erst, wenn dafür wieder ausreichend Talent herangezogen ist. Wie zuletzt in der Saison 2020/21, als ihn spätere A-Nationalspieler wie David Raum und Anton Stach zum Aufstieg führten. Diese Saison scheint's eher noch nicht wieder soweit zu sein. Oder? Seit einigen Wochen ist ein Aufwärtstrend zu erkennen. Nach einem fulminanten Start mit einem 5:0 über Paderborn gab's in folgenden vier Partien zwar nur einen Punkt, seit Spieltag 6 aber haben die Fürther nur noch einmal verloren, 0:2 beim Hamburger SV. Zuletzt siegten sie deutlich 4:0 gegen Aufsteiger Osnabrück. Im DFB-Pokal allerdings setzte es am Dienstagabend eine peinliche 1:2-Niederlage gegen Viertligist Homburg.
Die Neuen: Mit Innenverteidiger Sebastian Griesbeck und Mittelfeldordner Max Christiansen haben sich im Sommer zwei Korsettstangen verabschiedet, Leihspieler Ragnar Ache ging nach Frankfurt zurück, von wo er bekanntlich nach Kaiserslautern weiterzog. Dort landete auch Tobias Raschl, mit dessen Entwicklung man in Fürth nicht mehr zufrieden war. Dennoch: Ein gewaltiger Aderlass an guter Zweitliga-Qualität. Erfahrung geholt wurde mit Stürmer Dennis Srbeny und dem Sechser Orestis Kiomourtzoglou, der einst in Unterhaching groß wurde und den Azzouzi nun aus Schottland in deutsche Lande zurückholte. Als Nachfolger von Christiansen hat sich der 25-Jährige allerdings noch nicht etabliert. Der im September noch nachverpflichtete Linksverteidiger Niko Gießelmann hat sich Anfang des Monats verletzt und fällt erst einmal aus. Ansonsten setzt das Kleeblatt wieder auf Talent, freilich nicht nur auf eigenes. Der 21-jährige Tim Lemperle ist im Sturm seit Saisonbeginn gesetzt und hat schon drei Treffer erzielt. Er ist aus Köln geliehen, ebenso wie Keeper Jonas Urbig, der direkt die Nummer 1 wurde. Auf Christiansens Sechser-Position behauptet sich bislang die Freiburger Leihgabe Robert Wagner. Der aus Schalke geleaste Kerim Calhanoglu dagegen ist nach ein paar Einsätzen zum Rundenstart in der Versenkung verschwunden. Fest verpflichtet wurde indes Mittelfeldspieler Jomaine Consbruch von Absteiger Bielefeld. Den Nachweis, dass er talentierter ist als Raschl, hat der 21-Jährige allerdings noch nicht erbracht, er verzeichnet erst einen Startelf-Einsatz. Dafür hat sich Eigengewächs Maximilian Dietz bereits als echte Alternative in der Innenverteidigung etabliert.
Die Formation: Dreh- und Angelpunkt in Zornigers 3-4-1-2 ist und bleibt der Mann hinter den den Spitzen, Kapitän Branimir Hrgota, seit Jahren gleichermaßen Torschütze wie Vorbereiter. Diese Saison verzeichnet er bislang allerdings erst einen Assist, und nach drei Treffern in den ersten beiden Partien hat er nur noch einmal genetzt. Als Führungskraft unterstützt wird er von Achter Julian Green, der nunmehr im sechsten Jahr im Ronhof aufläuft. Um die beiden Startplätze im Sturm bewerben sich neben Lemperle permanent Armando Sieb und Dickson Abiama, Srbeny kommt meist von der Bank. Gegen Osnabrück haben die drei Erstgenannten allesamt getroffen, mal sehen, wen Zorniger auf dem Betzenberg von der Leine lässt. Eine feste Größe in der Innenverteidigung ist Damian Michalski. Meist stehen ihm der frühere Hamburger Gideon Jung sowie Luca Itter zur Seite. Oder eben Talent Dietz. Auf der rechten Außenbahn ist nach wie vor Simon Asta gesetzt, der durchaus Potenzial für weiter oben hat. Links muss Oussama Haddadi ran, nachdem sich neben Nachverpflichtung Gießelmann auch der ehemalige Mannheimer und Saarbrücker Marco Meyerhöfer verletzt hat. In Homburg bescherte Zorniger zudem dem jungen Innenverteidiger Ben Schlicke und dem zweiten Keeper Andreas Linde Spielpraxis, auf dem Betzenberg aber dürften die beiden wohl eher keine Rolle spielen.
Zahlenspiele: Auf seinen frühen Trainerstationen in Leipzig und Stuttgart galt Alexander Zorniger als Verfechter von Angriffspressing und Vollgasfußball. Drum hatte so mancher Zweifel, dass "sein" Stil nach Fürth passt, wo der gepflegte Spielaufbau per Flachpass als Markenkern gilt. Doch wie sich gezeigt hat, kann nicht nur ein Trainer eine Mannschaft seinem Stil anpassen, es geht auch umgekehrt. In den "Wyscout"-Statistiken zur "Herausforderungsintensität" oder den Pässen, die ein Team dem Gegner gestattet, ehe es attackiert (PPDA), belegt das Kleeblatt jedenfalls nur Mittelfeldplätze. Dafür weist das Team die viertstärkste Passrate auf, 14,3 Mal wird pro Minute abgespielt. Fürth ist also auch unter Zorniger Fürth geblieben. Der FCK ist im Passraten-Ranking übrigens Tabellenletzter, was wiederum Schuster-Style ist. Spitzenreiter ist Fürth im Herausholen von Ecken, im Schnitt 6,51 pro Spiel (Lautern: 4,42). Und sie haben dabei schon viermal getroffen, der FCK fünfmal. Auch in Sachen Durchschnittsalter ist der Deutsche Meister von 1914, 1926 und 1929 Spitze, von unten betrachtet: Erst 24,1 Jahre alt ist der Kader im Mittel - der jüngste der Zweiten Liga (FCK: 25,9, Platz 9).
Fazit: Nach Leckerlis gegen Hamburg und Köln nun wieder Liga-Graubrot: Die SpVgg Fürth kommt. Die sich in der Pokalrunde gerade zu Deppen gemacht haben. Da könnte so manchem glatt die Floskel "Pflichtsieg" einfallen. Von wegen. FCK-Boss Thomas Hengen hat es am Dienstagabend nach dem 3:2 gegen Köln bereits richtig gesagt: Dieses dritte Heimspiel innerhalb einer Englischen Woche wird das schwerste. Weil es nach den beiden vorangegangenen Partien die Konzentration hochzuhalten gilt. Insbesondere den laufintensiven Pokalfight gilt aus den Knochen zu schütteln, es sei nur an Boris Tomiak und Jean Zimmer erinnert, die sich in den Schlussminuten mit Krämpfen quälten. Zorniger hat bereits in Homburg einige seiner Stammkräfte geschont, Schuster ließ seine Bestbesetzung auflaufen, das heißt, vermutlich wird nun der FCK-Coach auf mindestens zwei, drei Positionen für Blutauffrischung sorgen müssen. Zu spekulieren, welche Entscheidungen er da treffen könnte, ist müßig. Für Zimmer könnte Erik Durm mal wieder eine Chance bekommen, links könnten die voraussichtlich wieder einsatzbereiten Hendrick Zuck und Tymo Puchacz Thema sein, Aaron Opoku könnte Richmond Tachie eine Verschnaufpause verschaffen. Und Julian Niehues, in der Schuster-Ära stets feste Größe gewesen, aber zuletzt nur zwei Mal auf der Bank, scharrt sicher mit den Hufen. Aber das sind nur so Ideen. Wichtig ist: Pokal ist Pokal, und der ist abzuhaken. In der Liga präsentierte Fürth sich zuletzt stark. Außerdem ist das Kleeblatt Spitzenreiter der "Ewigen Zweitliga-Tabelle". Also bloß nichts schleifen lassen.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Puchacz und Zuck gegen Fürth wohl wieder einsatzbereit (Der Betze brennt)