Tymo Puchacz kommt von einem Europacup-Teilnehmer, ist Nationalspieler und war einst der Rekord-Transfer von Union Berlin. Doch auch neben dem Platz klingt der zweite Neuzugang des 1. FC Kaiserslautern im wahrsten Sinne des Wortes vielversprechend.
Im Sportjournalismus und speziell im Fußball werden gerne plakative Bezeichnungen benutzt, um einen Spieler zu definieren. So kommt beispielsweise noch heute kaum ein Fernsehkommentator ohne das Attribut "Weltmeister" aus, wenn er Spielzüge von FCK-Außenverteidiger Erik Durm beschreibt. Und das, obwohl Durm dies selbst gar nicht gerne hört. Hat er schließlich beim WM-Triumph in Brasilien vor über neun Jahren keine einzige Spielminute absolviert. Nun bekommt unter anderem jener Durm neue Konkurrenz auf der Außenbahn. Nicht von einem Weltmeister. Aber von einem Spieler, dessen Vita sich ähnlich interessant liest. Schließlich wechselt Tymoteusz "Tymo" Puchacz (Aussprache: "Ti-mo Puch-hasch") auf Leihbasis vom frischgebackenen Champions-League-Teilnehmer Union Berlin in die Pfalz. Darüber hinaus hat er bereits 12 A-Länderspiele für Polen absolviert und bei allen drei Vorrundenspielen der EM 2020/21 für sein Heimatland über 90 Minuten auf dem Platz gestanden - unter anderem beim 1:1 gegen Spanien. Erfahrung bringt der Außenverteidiger also jede Menge mit. Dennoch zeigt die jüngere Vergangenheit des heute 24-Jährigen, dass man die Erwartungshaltung nicht direkt in den Himmel wachsen lassen sollte.
Außenverteidiger mit Offensivdrang und Schwächen in der Defensive
Bei den Roten Teufeln ist Puchacz die gewünschte Alternative zu Hendrick Zuck auf der linken Verteidiger-Seite. Und zwar als Außenverteidiger oder Schienenspieler ganz links auf der Außenseite, nicht etwa als linker Innenverteidiger in einer möglichen Dreierkette, wie Dirk Schuster beim Trainingsauftakt verriet. Geschäftsführer Thomas Hengen freut sich auf einen "körperlich sehr robusten Linksfuß mit viel Offensivdrang, der mit seinem Einsatzwillen sehr gut auf den Betzenberg passt und der in seinen jungen Jahren schon viel internationale Erfahrung sammeln konnte."
Gegenüber Der Betze brennt bestätigt der polnische Sportjournalist Kuba Synowiec vom Portal iGol": "Puchacz ist in Polen hoch angesehen. Er verließ die Ekstraklasa vor zwei Jahren als Perspektivspieler. Er passte aber leider nicht in das System von Union Berlin und deren Trainer Urs Fischer. Er hat große motorische Fähigkeiten und rennt viel."
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Damit dürfte er tatsächlich von seinem Grund-Typus gut an den Betzenberg passen. Experte Synowiec ergänzt aber: "Ihm liegen die offensiven Aspekte des Spiels mehr als die Defensive. Während der letzten Europameisterschaft waren seine Querpässe bei uns ein großes Thema. Gefühlt machte er rund 20 davon, aber nur drei bis vier waren gut und kamen an." Eine Eigenschaft, die ihm bei FCK-Trainer Schuster Probleme machen könnte. Der betonte beim gestrigen Trainingsauftakt daher nochmal das Obligatorische: "Auch er muss sich über Leistung anbieten. Natürlich haben wir seine Qualitäten als polnischer Nationalspieler gesehen, was schon ein Markenzeichen ist. Mit Hendrick Zuck hat er auf seiner Seite aber auch einen Konkurrenten, der in der Viererkette letzte Saison gute Leistungen erbracht hat."
"Hoch angesehener Perspektivspieler" bricht in Berlin Rekorde
Die Anlagen, sich defensiv zu verbessern, hat Puchacz aber allemal. Er könnte Tempo und Geschwindigkeit auf die linke Außenbahn bringen, die Zuck in der ein oder anderen Situation fehlen. Dazu wäre es aber wichtig, dass der Pole beginnt, regelmäßig und konstant gute Leistungen bringt. Nach Stationen in der Heimat, insbesondere bei Lech Posen, war er 2021 für die damalige vereinsinterne Rekordablöse von 2,5 Millionen Euro zu Union Berlin gewechselt. Polnische Medien spekulierten seinerzeit gar, der Deal könnte sich auf 3,5 Millionen plus Bonuszahlungen belaufen. Doch in Berlin hatte er es unter Urs Fischer von Beginn an schwer. In der Hinrunde der Saison 2021/22 stand er in 18 Partien lediglich zweimal im Kader, zu einem Bundesliga-Debüt kam es (noch) nicht. Dafür durfte er sich auf der internationalen Bühne präsentieren, kam zu vier Startelf-Einsätzen in der Conference League und erzielte dabei eine Torvorlage. Dennoch folgte im Winter ein Ausleihgeschäft in die Türkei, was sich Trabzonspor kolportierte 200.000 Euro kosten ließ. Dort kam er auf neun Einsätze in der Liga und vier weitere im nationalen Pokal - und trug zum ersten Meistertitel des türkischen Traditionsvereins und einstigen FCK-Gegners im Uefa-Cup nach 38 Jahren bei.
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Vom Hoffnungsträger zum "Leih-Nomaden": Puchacz will endlich ankommen
Zurück bei Union wollte es Puchacz eigentlich packen. Doch auch in der Saison 2022/23 lief es für ihn bei den Köpenickern nicht rund. Immerhin feierte er am 12. Spieltag beim 2:1-Sieg über Borussia Mönchengladbach sein Bundesliga-Debüt und stand 59 Minuten auf dem Platz. Allerdings folgten diesem Einsatz keinerlei Spielminuten in der Liga mehr. Dafür zeigte er sein Können im DFB-Pokal. In der zweiten Runde erzielte er gegen Heidenheim den Führungstreffer und legte so den Grundstein für das Weiterkommen. Und auch in der Europa League sammelte er gegen den SC Braga auf internationaler Bühne 71 Minuten Spielzeit. Doch auch wegen der Konkurrenzsituation bei den aufstrebenden Berlinern, bei denen jetzt Nationalspieler Robin Gosens ein Kandidat für Puchacz’ Position sein soll, konnte sich der Pole nicht durchsetzen. Letztlich waren die geringen Einsatzzeiten wohl auch dafür verantwortlich, dass Puchacz die WM in Katar verpasste. Sein letztes Länderspiel datiert vom 01. Juni 2022. Damals sorgte er gegen Wales in der Nations League sogar für eine Torvorlage. Letztmals nominiert, aber ohne Einsatz geblieben, war er vor drei Monaten gegen Albanien.
Doch weder Puchacz noch Union wollten das bis 2025 laufende Projekt vorzeitig komplett beenden und so arrangierten beide ein weiteres Leihgeschäft. Diesmal ging es nach Griechenland zu Panathinaikos Athen. Dort kam er immerhin 16 Mal zum Einsatz, jedoch auch dort meist nur als Einwechselspieler. Und so soll der Sprung in die Stammformation nun mit der insgesamt fünften Leihe seiner Karriere in Kaiserslautern gelingen. Die "Berliner Zeitung" betitelte Puchacz wegen der vielen Leihwechsel gar schon als "Fußballnomade".
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Ein Mann der großen Töne: Puchacz zweite Leidenschaft
Auf einen voll durchstartenden Neuzugang hoffen natürlich auch die FCK-Fans, bei denen der Transfer insgesamt durchaus Zuspruch erntet. Sollte dies aber doch nicht klappen, dann steht dem Außenverteidiger auch noch ein zweiter Karriereweg offen. Der an allen Armen und Beinen tätowierte Puchacz hat nämlich bereits sein Talent als Rapper unter Beweis gestellt. 2019 nahm er unter dem Künstlernamen "Puszka" mit "Kante" sogar einen eigenen Song auf, der bei einem Plattenlabel erschienen ist. Heute hat der Track über 2,4 Millionen Aufrufe auf YouTube und eine echte, kleine Fangemeinde. Vielleicht erobert er nun bald auch das Fritz-Walter-Stadion und steigt in die "Kabinenhits" der FCK-Spieler auf. Oder nimmt mal was mit dem ebenfalls im musikalischen Bereich aktiven Aaron Opoku auf.
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Kann sich Puchacz vorstellen, dass Musik den Fußball als Beruf ablöst? Dazu sagte er 2020 in einem Interview: "Wenn ich in einer starken Position bin und das erreicht habe, was ich im Fußball erreichen möchte, dann vielleicht. Dann würde ich mich auf jeden Fall noch einmal im Rap versuchen." Bis dahin ist aber noch jede Menge Zeit. Schließlich will Puchacz nun endlich im deutschen Fußball Fuß fassen. Wenn der Ball aber mal ruht, und er nicht die lauten Töne durch ein Mikrofon rappt, dann ist der Pole eigentlich ein besonnener Zeitgenosse. So trinkt er beispielsweise keinerlei Alkohol und holte sich 2020 mehrere Spezialisten an seine Seite, wie etwa einen Muskelmobilisierungsmann und einen Osteopathen zur Oberkörperentspannung. Fußball ist ihm eben doch am Wichtigsten.
Dem ordnet Puchacz, der zwar deutsch versteht, aber in Kaiserslautern erstmal noch lieber englisch spricht, auch alles andere unter, wie er ebenfalls 2020 in einem Interview verriet: "Ich glaube nicht, dass es in Polen viele Spieler gibt, die in so jungen Jahren so viel durchgemacht haben wie ich. Ich war weit weg von zu Hause und spürte, was Einsamkeit ist. Absteiger, Aufsteiger. Viele dieser Erfahrungen liegen hinter mir und ich fühle mich bereit. Ich fühle mich geformt und habe gelernt, damit umzugehen. Ich weiß, wie man aufs Feld geht und sich auf die Arbeit konzentriert. Wenn ich nicht an einem Auswärtsspiel teilnahm, ging ich um 1:00 Uhr morgens in die Turnhalle des Vereins und trainierte bis 4:00 Uhr. Dann ging es nach Hause, gleich nach dem Aufwachen Laufen und dann zum Ausgleichstraining. Ich war auf die Arbeit konzentriert. Das war das Einzige, was mir wichtig war." Mit dieser Einstellung könnte der Betze noch viel Freude mit Puchacz haben.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Zweiter Neuzugang: Tymoteusz Puchacz wechselt zum FCK (Pressemeldung FCK)