Wer in Hannover gewinnt, muss zuhause Holstein Kiel schlagen? Wer die Zweite Liga kennt, weiß: Das wird kein Selbstläufer. Auch die Partie gegen die Störche dürfte für den 1. FC Kaiserslautern wieder zur "engen Kiste" werden.
So lief's seit dem Hinspiel: Die Kieler legten einen eher durchwachsenen Liga-Start hin, ihr 2:2 gegen den FCK am 2. Spieltag passte da ins Leistungsbild. Zurückgeführt wurde dies auf diverse Corona-Pausen, nach denen einige Spieler erst wieder zu Form finden mussten. Den negativen Höhepunkt bildete ein 2:7 beim SC Paderborn. Seit dem 10. Spieltag allerdings läuft's recht rund für die Störche: nur eine Niederlage seither. Überragend bislang die Offensivkräfte Steven Skrzybski und Fabian Reese. Mit zehn Treffern und sechs Vorlagen ist Skrzybski zurzeit der beste Scorer der Liga, Flügelspieler Reese verzeichnet fünf Tore und vier Assists. Damit geht rund die Hälfte des bislang erzielten 32 Treffer aufs Konto dieser beiden. Kein Wunder, dass der abstiegsbedrohte Bundesligist Hertha BSC die bereits für Sommer feststehende Verpflichtung von Reese gerne schon auf den Winter vorziehen wollte. Dem schob am gestrigen "Deadline Day" aber Kiels Sportchef Uwe Stöver einen Riegel vor - Reese ist also in Lautern mit dabei. Weniger gut lief es bei dem als Leistungsträger erwarteten Lewis Holtby, den eine Meniskusverletzung in der ersten Hälfte der Hinrunde zurückwarf. Auch beim 2:1 zum Jahresauftakt gehen SpVgg Fürth fehlte der bundesligaerfahrene Wandervogel wegen einer Bauchmuskelzerrung. Ebenso Fin Bartels wegen eines Zehenbruchs. Der Dauerbrenner hatte unmittelbar vor der Winterpause wieder in die Startelf zurückgefunden. Nicht viel gerissen hat bislang der einst als Top-Talent gehandelte Fiete Arp, der meist nur als Einwechselspieler zum Zug kommt.
Die Torwart-Misere: Sie haben so viele Tore geschossen wie Lautern, aber fünf mehr kassiert - und vielleicht sind es ja genau die, die die vier Ränge Unterschied in der Tabelle ausmachen. Eine der Ursachen dafür, dass sich die Kieler Hintermannschaft nicht ganz so sattelfest präsentiert, dürfte das Verletzungspech sein, das sie auf der Torhüter-Position heimsuchte. Die etatmäßige Nummer eins Thomas Dähne verletzte sich am 13. Spieltag. Für ihn rückte der erst 20-jährige Tim Schreiber zwischen die Pfosten, der bislang noch seiner Unerfahrenheit Tribut zollt, wie unter anderem auch sein "Kicker"-Notendurchschnitt von 4,0 aussagt. In der Winterpause verpflichtete Stöver den ehemaligen Sankt-Pauli-Keeper Robin Himmelmann, um die Misere zu beheben. Zur allgemeinen Überraschung jedoch nominierte Trainer Marcel Rapp zum Rückrundenauftakt gegen Fürth erneut Schreiber in die Startelf. Und der patzte beim 1:0-Führungstreffer des Kleeblatts schwer.
Die Unberechenbaren: Himmelmann nicht zu bringen, war nicht die einzige Überraschung, die sich Marcel Rapp gegen Fürth erlaubte. Vorne lief weder Kwasi Wriedt auf, der in Kiels 3-5-2 normalerweise Nebenmann von To-Stürmer Skrybski ist, noch der Isländer Hólmbert Aron Fridjónsson, der in der Winterpause von seiner Leihe zu Lillestrøm SK (Norwegen) zurückkehrte und in der Vorbereitung Pluspunkte gesammelt hatte. Und Ösi-Kante Benedikt Pichler hat nach Verletzung noch Trainingsrückstand. Stattdessen brachte Rapp Youngster Marvin Obuz, dazu den erst 20-jährigen Jonas Sterner im zentralen Mittelfeld, und Fabian Reese rückte von seiner angestammten linken auf die rechte Seite. Insgesamt überzeugte das neu geschürte Paket in den ersten 45 Minuten jedoch gar nicht, die Fürther waren klar feldüberlegen. Zu Linie finden die Störche erst, als in der Pause die erfahrenen Wriedt und Finn Porath kamen. Die Weichen auf Sieg stellten danach die Innenverteidiger Hauke Wahl und Simon Lorenz. Ob Rapp am Betzenberg noch einmal so experimentierfreudig zu Werke geht? Wohl eher nicht, aber wer außer dem Trainer weiß das schon genau.
Die Spielstarken: In der Tabelle mögen die Kieler nur Achter sein. Ihre Passquote jedoch ist die viertbeste der Liga. Und von ihren "intelligenten", also linienüberwindenden Pässen, kommen 50,8 Prozent zum Mann, das ist der zweitbeste Wert der Liga. Überdurchschnittlich gut sind Störche auch in Sachen "Herausforderungsintensität": Pro Minute gelingt es im Schnitt 6,8 Mal, den Gegner zu attackieren oder einen Pass abzufangen, das ist der drittbeste Wert im Liga-Ranking. Ebenfalls Drittbester sind sie bei Treffern nach Standards. Und sie holen so viele Ecken heraus wie sonst keiner, im Schnitt 6,14 pro Partie.
Fazit: Reese und Skrzybski ausschalten, dann erledigt sich alles andere von selbst? So werden es die formulieren, die es sich gerne einfach machen. Dabei sollte die Daten im vorangegangenen Abschnitt es eigentlich aufgezeigt haben: Wer denkt, wer als Tabellenvierter gerade auswärts den Fünften geschlagen hat, müsse zuhause mit dem Tabellenachten doch leichter fertigwerden, irrt gewaltig. Diese Kiste dürfte genauso eng werden wie die in Hannover. Zweite Liga ist nun mal Zweite Liga. Der FCK sollte eigentlich bestrebt sein, die spielstarken Gäste eben nicht ins Spiel kommen zu lassen. Und möglichst schnell und früh deren Hintermannschaft stressen, und das nicht nur wegen des Fragezeichens auf der Torhüter-Position. Auch die eigentlich abgeklärte Dreierkette mit Lorenz, Wahl und Marvin Schulz ist unter Druck anfällig, wie in der ersten Halbzeit gegen Fürth zu sehen war. Freilich: Früher Sturm und Drang war bislang noch gar nicht Lautrer Stil. Man darf wieder mal gespannt sein, was Dirk Schuster sich einfallen lässt. Von den 3:1-Siegern aus dem Hannover-Spiel hat eigentlich keiner verdient, auf die Bank gesetzt zu werden. Aber ob der Coach tatsächlich ohne passsicheren Aufbauspieler beginnen würde, sofern Philipp Klement und/oder Marlon Ritter und/oder Nicolai Rapp wieder voll zur Verfügung stehen, und das zuhause, vor prachtvoll gefüllter Kulisse? Schau'n mer mal.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Samstag, 13:00 Uhr: Die Störche zu Gast bei den Teufeln (Der Betze brennt)