Nicolai Rapp kommt auf Leihbasis von Werder Bremen zum 1. FC Kaiserslautern. Ein "Defensiv-Allrounder" mit der Ambition auf einen Stammplatz im Zentrum - und mit viel Erfahrung in den oberen Gefilden der Zweiten Liga.
"Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um wieder zwei nach vorne machen zu können." Diesen klugen Satz sprach einst der spätere FCK-Kapitän Martin Amedick, als er 2008 vom aufstrebenden Erstligisten Borussia Dortmund zum Zweitligisten nach Kaiserslautern wechselte. Nicolai Rapp könnte ihm da zustimmen. Denn der 26-Jährige befindet sich in einer vergleichbaren Ausgangsposition, und er hat diese in seiner Karriere sogar schon mehrere Male durchlebt.
Dabei schien Rapp im Sommer bereits ganz oben angekommen. Er war mit dem SV Werder in die Bundesliga aufgestiegen. Gegen den VfL Wolfsburg stand er am ersten Spieltag zwar nur 15 Minuten auf dem Platz, doch immerhin markierte dieser Einsatz sein Debüt im Oberhaus - und eben darauf hatte er immer hingearbeitet. Mit der Beharrlichkeit eines Fußballers, der sich nie allein auf sein Talent verlassen hat. Dessen Geschichte aber auch verdeutlicht, wie wichtig es ist, an die richtigen Förderer zu geraten, um im Profigeschäft Fuß zu fassen - und an Trainer, die auf einen Spieler setzen.
Ausgebildet in Hoffenheim - U19-Meister mit Nagelsmann
Bereits mit neun Jahren wechselte Nicolai Rapp von seinem Heimatort Limbach im Odenwald zur TSG Hoffenheim. 2006 war das. Das von Ralf Rangnick geleitete Dietmar-Hopp-Projekt steckte noch in der Entwicklung, die Erste Mannschaft spielte 3. Liga. Im Ausbildungsbereich jedoch wurde schon damals auf Top-Niveau gearbeitet. Unter anderem wurde darauf geachtet, den Nachwuchs beidfüßig zu schulen. Eine Eigenschaft, die Nicolai Rapp auch heute noch auszeichnet. Auf ihr gründet sein Ruf als "Defensiv-Allrounder", und "insgesamt hilft sie mir sehr im Aufbauspiel", wie er später im "Lilienkurier" erzählte.
Rapp durchlief sämtliche Juniorenmannschaften der TSG. Drei Jahre lang wurde er von einem gewissen Julian Nagelsmann trainiert. Mit ihm gewann er 2014 die Deutsche Meisterschaft der U19-Junioren. In Hoffenheim unterschrieb der Youngster auch seinen ersten Profivertrag, doch war der nunmehrige Bundesligist auf den Innenverteidiger-Positionen quantitativ wie qualitativ so stark besetzt, dass Rapp keine Chance für sich sah und sich nach Fürth ausleihen ließ.
Erst Fürth, dann Aue: Lehrjahre eines Defensiv-Allrounders
"In Fürth habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, regelmäßig zu spielen" - diesen Grundsatz beherzigte er auch später immer wieder und er war auch ausschlaggebend für seinen Wechsel in die Pfalz. Im Trikot des Kleeblatt bestritt er seine ersten Zweitliga-Einsätze und schoss auch sein erstes Tor als Profi - am 15. November 2016 beim 2:1-Sieg gegen Arminia Bielefeld. Kurioserweise fabrizierte er in der gleichen Partie ein Eigentor.
Generell zählt Torgefährlichkeit nicht zu seinen Stärken. In 133 Einsätzen in der 2. Bundesliga erzielte Nicolai Rapp gerade mal fünf Treffer. Auch in dieser Spaß-Challenge mit seinem Bremer Teamkameraden Niklas Schmidt präsentiert sich "Rappo" nicht gerade treffsicher:
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Nach seiner Rückkehr aus Fürth stellte Rapp fest: Seine Chancen, bei Hoffenheim Spielzeit zu bekommen, waren kaum gestiegen. Also zog er anno 2017 weiter nach Aue, unterschrieb beim FC Erzgebirge ein Dreijahresvertrag. Initiiert worden war der Transfer von Aue-Coach Domenico Tedesco, der Rapp noch von seiner Zeit als Jugendtrainer in Hoffenheim kannte. "Nicolai stellt einen optimalen Mix aus jung, hungrig und erfahren dar. Vor allem die Innenverteidiger-Position hat er sehr intelligent interpretiert", urteilte Tedesco über den damals 20-Jährigen. Tedesco blieb allerdings nicht lange Trainer in Aue. Doch auch bei dessen Nachfolgern war Rapp meist als linker Innenverteidiger einer Dreierkette im Einsatz.
Aufstieg mit Union, aber keine Aussichten
In der Winterpause 2019/2020 wechselte er zu Union Berlin, dort sah er die Chance, in die Bundesliga aufzusteigen. Was den Eisernen auch gelang. Nur war Rapps Anteil am Erfolg gering. Eine Verletzung und zwei Sperren warfen ihn zurück, bis zum Sommer verzeichnete er nur vier Einsätze - und fand sich plötzlich in der gleichen Situation wieder wie vier Jahre zuvor in Hoffenheim. Er hatte einen Profivertrag bei einem Erstligisten, aber kaum Aussicht auf Spielpraxis. Also ließ er sich erneut in die Zweite Liga ausleihen, diesmal zu Darmstadt 98.
Dort setzte ihn Trainer Markus Anfang erstmals dauerhaft als defensiven Mittelfeldspieler ein, wo er neben dem späteren Schalker Victor Palsson richtig aufblühte. Und wo er eines der dramatischsten Spiele seiner Karriere entschied: Am 5. Oktober 2020 erzielte er in Nürnberg das 3:2 für die Lilien per Kopfball in der Nachspielzeit.
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Gerne hätte die Darmstädter ihre nun etablierte Stammkraft fest verpflichtet, waren sogar bereit, mit ihrem Angebot "bis an die Schmerzgrenze" zu gehen, wie der "Kicker" berichtete. Doch dann funkte Werder Bremen dazwischen. An der Weser sah Nicolai Rapp die besseren Chancen, ein weiteres Mal in die Bundesliga aufzusteigen. In diesem Video stellt er sich bei Werder Bremen vor und beschreibt auch, als welchen Spielertyp er sich selbst sieht.
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Neuer Anfang mit Anfang - doch der nimmt schnell ein Ende
Und wer hatte diesen Wechsel initiiert? Wieder ein Trainer, der ihn bereits "von früher" gut kannte, dessen Erinnerungsvermögen diesmal allerdings nicht so weit zurückreichen musste: Markus Anfang, der gerade vom Böllenfalltor an die Weser gewechselt war.
Die erste Spielzeit in Bremen begann bestens für Rapp. Ab dem 3. Spieltag war er feste Stammkraft - bis Trainer Anfang sich mit seiner hanebüchenen Impfpassfälschung selbst ins Aus schoss. Nachfolger Ole Werner setzte Rapp dann zwar immer noch regelmäßig ein, brachte ihn aber öfter von der Bank. Aber: Der Aufstieg glückte - und Nicolai Rapp zog ein weiteres Mal in die Bundesliga ein.
Irgendwie aber scheint sich bei ihm immer der gleiche Jo-Jo-Effekt einzustellen. Nach der Hinrunde kommt der frischgebackene Erstligaspieler gerade mal auf sieben Kurzeinsätze von insgesamt 65 Minuten - zu wenig für seine Ansprüche. So dass ihm einmal mehr nichts anderes übrig bleibt, als den Schritt zurück zu machen.
FCK-Wechsel im Sommer war (noch) kein Thema
Dass der FCK bereits im Sommer an ihm baggerte, mochte Rapp gegenüber dem "Weser-Kurier" übrigens nicht bestätigen. "Ich habe mit dem 1. FC Kaiserslautern nie gesprochen", versicherte er. "Es gab Vereine, die sich gemeldet haben, aber für mich war von Anfang an klar, dass ich in Bremen bleibe." Das Vertrauen in die eigene Stärke und die Aussicht auf die Erste Liga lockten zu sehr. Nun aber sieht der 26-Jährige sich erneut gezwungen, umzudenken. Und nach der gescheiterten Verpflichtung von Schalkes Florian Flick, der Anfang Dezember lieber nach Nürnberg wechselte, flammte auch das Interesse des FCK an Rapp wieder auf.
Sinn ergibt die Leihe vor allem vor dem Hintergrund, als dass sich FCK-Trainer Dirk Schuster noch eine Alternative auf der Sechs wünschte und Geschäftsführer Thomas Hengen jüngst auf der Jahreshauptversammlung erklärte, in der Winterpause solle die Passgenauigkeit im FCK-Spiel verbessert werden. Exakt dies war Rapps Stärke in der Saison 2020/21, als er bei den Lilien sein Coming out als “Sechser” erlebte: Laut “Wyscout” verzeichnete er da eine überdurchschnittlich gute Passquote von 86,9 Prozent. Ebenfalls beachtlich: Im Durchschnitt schaffte er in dieser Spielzeit 10,98 Balleroberungen pro Spiel.
"Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat und kann es kaum erwarten, auf dem Platz zu stehen und loszulegen", wird Nicolai Rapp in der offiziellen Presseerklärung des FCK zitiert. Gegenüber der "Rheinpfalz" versicherte er zudem, in den letzten Wochen nur mit den Roten Teufeln gesprochen zu haben, und: "Es war mein Ziel, mit ins Trainingslager zu gehen." Das ist gelungen. Und auf eines kann sich sein neuer Arbeitgeber auf jeden Fall verlassen: Die Leihgabe wird weiterhin mit aller Kraft versuchen, es nicht nur nach oben zu schaffen, sondern auch, dort zu bleiben.
Wer Nicolai Rapp noch ausführlicher kennenlernen möchte: In diesem Video-Chat beantwortet er eine Ummenge sinnige und weniger sinnige Fragen:
» Zum Video: Nicolai Rapp im Video-Chat aus dem Weserstadion
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Offiziell: FCK leiht Nicolai Rapp von Werder Bremen aus (Pressemeldung FCK)