Der Karlsruher SC reist mit vier Liga-Niederlagen in Folge im Gepäck zum 1. FC Kaiserslautern. Also als verunsicherter Gegner, der sein Heil in der Defensive suchen wird? Davon sollten Dirk Schuster und Co. auf gar keinen Fall ausgehen.
Schwach gestartet, gut aufgeholt, stark nachgelassen: Seit seinem letzten Aufstieg 2019 hält sich der KSC im nunmehr vierten Jahr hintereinander in der Zweiten Liga. 2020/21 schloss der Klub sogar auf Rang 6 ab. Mit dem ehemaligen Profi und Assistenztrainer Christian Eichner, der im Februar 2020 Aufstiegscoach Alois Schwartz ablöste, setzen die Karlsruher auch auf der Position des Übungsleiters auf Kontinuität. In diesem Sommer wechselte Torjäger Philipp Hofmann, der in der abgelaufenen Saison 19 Treffer erzielt hatte, zum VfL Bochum - ablösefrei, was Klubs mit nur bescheidenen finanziellen Möglichkeiten bekanntlich besonders schmerzt. Prompt wurden die Badener auch vor dieser Spielzeit zum Kreis der Abstiegskandidaten gezählt. Nach einem kapitalen Fehlstart mit 0:8 Toren in den ersten drei Halbzeiten und zwei Niederlagen in den ersten beiden Partien der Saison schienen sich diese Prognosen auch zu bewahrheiten. Danach steigerte sich die Eichner-Elf aber und es sah so aus, als könnte sie Skeptiker eines Besseren belehren - nach dem 11. Spieltag stand der KSC gar auf Platz 6. Zuletzt aber setzte es vier Niederlagen in Folge und zusätzlich das Aus im DFB-Pokal. Den Tiefpunkt bildete das 1:4 am vergangenen Samstag zuhause gegen Holstein Kiel.
Hofmann-Ersatz zündet noch nicht: Kostspielige Lösungen für die Hofmann-Nachfolge waren nicht drin. Drum verpflichtete Sport-Geschäftsführer Oliver Kreuzer für kleines Geld Simone Rapp vom FC Vaduz. Bislang aber läuft es bei der 1,93-Meter-Kante noch nicht rund. Immerhin: Gegen Kiel erzielte der 30-Jährige nach seiner Einwechslung den Ehrentreffer. Als torgefährlichster Stürmer hat sich bislang der erfahrene Fabian Schleusener profiliert. Der 31-Jährige ist im Gegensatz zu Hofmann oder Rapp eher der Typ des beweglichen Stürmers, der die gesamte Breite des Spielfelds nutzt. Und er hat schon fünfmal getroffen.
Die Alten müssen’s richten: Die Personalie Schleusener steht irgendwie auch für den KSC-Stil insgesamt im Spieljahr 2022/23. Da die Jungen nicht so richtig zünden, müssen die Alten brennen. Mit Marcel Franke (29) glückte Kreuzer die ablösefreie Verpflichtung eines erfahrenen Abwehrroutiniers von Hannover 96. Sebastian Jung (32) ist nach seinem Kreuzbandriss wieder auf seine angestammte Position als Rechtsverteidiger zurückgekehrt. Jerome Gondorf (34) ist nach wie vor eine feste Größe im Mittelfeld, fehlte gegen Kiel zuletzt aber gelbgesperrt. Linksverteidiger Philip Heise (31) spielt laut "Wyscout" die zweitmeisten Steilpässe der Liga - und die zweitgenauesten. Heimlicher Star der Truppe aber ist Marvin Wanitzek (29), der laut "Wyscout“-Index sogar der beste zentrale Mittelfeldspieler seiner Klasse ist. Und der ebenfalls schon fünfmal getroffen hat.
Talente in Lauerstellung: Vom FC Kopenhagen lieh der KSC den dänischen U 21-Nationalstürmer Mikkel Kaufmann (21), der in der vergangenen Saison bereits an den Hamburger SV ausgeliehen war. Von Mainz 05 Offensivkraft Paul Nebel (20), Kapitän der deutschen U20-Nationalmannschaft. Die Talente sollen sich in Karlsruhe weiterentwickeln, haben bislang aber noch nicht wirklich was gerockt. Den Stammplatz als Innenverteidiger neben Franke erobert hat sich Stephan Ambrosius (23), Leihgabe vom Hamburger SV und ehemaliger U20-Nationalspieler. Gegen Kiel musste er allerdings kurz vor Schluss verletzt raus. Konstantester Nachwuchskicker ist Eigengewächs Tim Breithaupt (20), der trotz seiner Jugend schon im zweiten Jahr einen Stammplatz als Sechser behauptet, aktueller U20-Nationalspieler ist und dessen Marktwert bei "transfermarkt.de" mittlerweile auf 2,8 Millionen Euro taxiert wird. Gegen Kiel unterlief Breithaupt allerdings das Eigentor zum 0:1, das sein Team schon früh auf die Verliererstraße brachte.
Ganz schön forsch: Dass der KSC mit fünf Pflichtspiel-Niederlagen im Kreuz auf dem Betzenberg erstmal sein Heil in der Defensive suchen wird - davon sollte FCK-Coach Dirk Schuster auf gar keinen Fall ausgehen. Bislang ließen die Karlsruher im Schnitt nur 8,82 Pässe des Gegners zu, ehe sie ihn attackierten. Damit zählen sie zu den Top Fünf im Liga-Ranking der "Passes per defensive Action" (PPDA). Tabellenletzter in dieser Wertung ist übrigens der FCK, der im Schnitt 13,94 Zuspielen des Gegners zusieht, ehe er etwas unternimmt. Spitze sind die Badener auch im Herausholen von Ecken - im Schnitt flanken sie 6,2 mal pro Spiel von der Fahne. Die Roten Teufel sind in diesem Ranking immerhin Sechster, mit 5,27 Ecken im Mittel. Dafür treffen sie nach Ecken häufiger als ihre Dienstagsgäste: Viermal haben sie bereits genetzt, die Karlsruher erst zweimal.
Fazit: Braunschweig, Regensburg, Rostock, Nürnberg, Bielefeld: Mit Ausnahme des Hamburger SV waren fünf der letzten sechs Lautrer Gegner solche, die gerade Talsohlen durchwanderten. Die Bilanz: Zwei Siege, eine Niederlage und zwei Unentschieden. Nun kommt also der KSC mit seiner Pleitenserie im Gepäck. Doch Ergebniskrise hin oder her: Wenn die Gäste ihrem Stil treu bleiben, muss sich der FCK auf einen früh attackierenden Gegner einstellen. Das heißt: Sich nicht direkt zum Schlagen langer Bälle verleiten lassen, sondern auch mal versuchen, die erste Pressinglinie des Gegners zu überspielen - flach, vertikal und präzise. Nicht gerade die Stärke des eher rustikalen Defensivtriangels Bormuth-Tomiak-Niehues. Ob der zuletzt erkrankte Hendrick Zuck, der Aufbauspieler an der linken Seitenlinie, wieder zurückkehren kann, ist noch fraglich. Eine Möglichkeit könnte sein, dass Philipp Klement sich im Aufbauspiel immer wieder in die letzte Linie zurückfallen lässt. Auch wenn er nominell "Zehner" ist, ist ihm diese Rolle durchaus nicht fremd.
Quelle: Der Betze brennt
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- Dienstag, 18:30 Uhr: Pfalz gegen Baden, FCK gegen KSC (Der Betze brennt)