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DBB-Gegner-Check: So spielt man dem SC einen Streich

DBB-Gegner-Check: So spielt man dem SC einen Streich

Foto: Imago Images

Im DFB-Pokal trifft Zweitliga-Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern auf Europa League-Teilnehmer SC Freiburg. Als Außenseiter? Sogar Christian Streich ist nur "kritisch leicht optimistisch". Die Schuster-Jungen sollten seine Skepsis bestätigen können.

Die leidigen "K"-Wörter: Okay, so langsam mag man es nicht mehr hören, aber es trifft nun einmal zu. Der SC Freiburg bietet den besten Gegenentwurf zur Überkommerzialisierung des deutschen Fußballs. Und sein Erfolg ermöglicht eine in Deutschland einzigartige Kontinuität in der sportlichen Leitung. Auch darum ist der SC Kult, vor allem wegen seines Trainer-Kauzes Christian Streich. Eigentlich ist es ja auch zu schön, um wahr zu sein: Jemanden auf der Bank sitzen zu haben, der fachlich top ist, von einem Geldverein aber kaum weggekauft werden kann, da sein Zungenschlag so dialektgefärbt ist, dass er anderswo kaum zu vermitteln wäre. Die souveräne Hand des Sportmanagements hat sich auch in diesem Sommer wieder gezeigt. Mit dem Verkauf von Innenverteidiger Nico Schlotterbeck nach Dortmund haben die Freiburger wieder einen 20-Millionen-Transfer getätigt, wie sie ihn immer wieder mal brauchen, um der Übermacht der großen Klubs zu trotzen. Dafür holten sie Matthias Ginter aus Gladbach zurück in seine alte Heimat, der die gleiche Position spielt und ungefähr den gleichen Marktwert aufweist wie Schlotterbeck. Der aber ablösefrei kam, weil sein Vertrag auslief. Besser geht’s nicht.

Nicht viel Kaderbewegung: Außer dem Schlotterbeck-Ginter-Wechsel bewegten die Badener nicht viel Personal, dieses aber mit Verstand: Mit Daniel-Kofi Kyereh holten sie von St. Pauli den laut "kicker"-Rangliste besten offensiven Mittelfeldspieler der Zweiten Liga. Mit dem FC Augsburg tauschten sie Mittelstürmer: Michael Gregoritsch kam, Ermedin Demirovic ging. Ansonsten genießt der Kader, dessen Gesamtmarktwert nur als der zehnthöchste der Liga beziffert wird, weiter Vertrauen. Warum auch nicht, nach einem 6. Platz in der Bundesliga, der die Qualifikation für die Europa League bedeutete, sowie dem Erreichen des Pokalfinales in der vergangenen Runde. Lange Zeit hatte es sogar danach ausgesehen, dass der SC einen Champions-League-Rang erobern könnte. Ob die Kaderbreite allerdings für einen Tanz auf drei Hochzeiten ausreicht, wird sich noch weisen müssen. Zum Saisonstart dürfte diese Frage jedoch noch keine Rolle spielen.

Verletzungssorgen: Der FCK müsste sich auf ein auch zu seiner Saisonpremiere bestens eingespieltes Team einstellen, müsste der SC nicht mehrere Verletzungsausfälle von Offensivspielern beklagen. Stürmer Lucas Höfer und Turbosprinter Kevin Schade fallen länger aus, im jüngsten Testspiel gegen Racing Straßburg (3:3) verletzte sich Neuzugang Gregoritsch. Sein Einsatz in Lautern ist ebenso unsicher wie der des angeschlagenen Roland Sallai. Kyereh war wegen Rückenbeschwerden in der Vorbereitung ausgefallen, kommt erst langsam zurück.

Die Symbolfigur: Angesichts der vielen Ausfälle in der Offensive könnte auf dem Betzenberg mal wieder Nils Petersen in der Startelf stehen. Der Rekordtorjäger, der in sieben Jahren 102 Treffer für den SC erzielte, ist schon jetzt eine Vereinslegende. Freiburger aus Überzeugung, seit er in der Glitzerwelt des FC Bayern nicht zurechtkam. Neuerliche Angebote, an fette Fleischtöpfe zu wechseln, hat er danach immer wieder abgelehnt. Der nunmehr 33-Jährige wollte auch in der vergangenen Saison nicht gehen, obwohl er meist nur noch als Einwechselspieler zum Zug kam. 2011 wäre Petersen, damals noch bei Energie Cottbus unter Vertrag, übrigens um ein Haar nach Kaiserslautern gewechselt, wie er in einem "Rheinpfalz"-Interview 2016 enthüllte.

Der Stareinkauf: Mit der 8,5 Millionen Euro-Verpflichtung des Japaners Ritsu Doan vom PSV Eindhoven leistete sich der SC den zweitteuersten Einkauf seiner Vereinsgeschichte. Der 24-Jährige deutete in den Testspielen bereits an, dass er den damit verbundenen hohen Erwartungen durchaus gerecht werden könnte, präsentierte sich als schneller, dribbelstarker Flügelstürmer. Trainer Streich hat bei ihm aber auch schon Defizite in der Rückwärtsbewegung ausgemacht. Wegen der vielen Ausfälle dürfte Doan aber am Sonntag gesetzt sein.

"Eiserne" als Blaupause: Bei allem Respekt vor dem Gegner - gegen Ende der vergangenen Saison schwächelte er ein wenig, kassierte in den finalen vier Partien neun Gegentreffer. Vor allem schmerzte die Badener ihre Heimniederlage gegen Tabellennachbar Union Berlin am vorletzten Spieltag. Obwohl die "Eisernen" über 90 Minuten für sich nicht einmal 30 Prozent Ballbesitz beanspruchten, gewannen sie 4:1. Auch die Roten Teufel haben in ihren ersten beiden Pflichtspielen mit weniger Ballbesitz gepunktet. Die Köpenicker standen in Freiburg kompakt, verdichteten das Zentrum - so wie der FCK gegen Hannover. Bei Ballbesitz nutzten sie die Flügel, vor allem den rechten, da Freiburgs offensivstarker Linksverteidiger Christian Günter bei seinen Vorstößen nur unzureichend abgesichert wurde. Jean Zimmer und Terrence Boyd haben gegen Hannover und in Kiel bereits Treffer über die rechte Seite vorbereitet. Die Eisernen agierten allerdings in einem eng geschlossenen 5-3-2-, später in einem 5-4-1-System. Solcher Formationen hat sich Dirk Schuster bislang noch nicht bedient.

Und nicht vergessen: Der Klassenunterschied lässt sich natürlich nicht leugnen. Aber: Die Lautrer haben in dieser Spielzeit schon zwei Pflichtspiele bestritten, die Freiburger noch keins. Das ist ein Vorteil. Dazu der zwölfte Mann, die "West", die in den vergangenen Monaten auch von Süd- und Nordtribüne lautstark unterstützt wurde. Sogar SC-Trainer Streich ist, wie er verlauten ließ, nur "kritisch leicht optimistisch". Und überzeugt: "Wir werden kämpfen müssen." Das sollte ihm die Schuster-Elf bestätigen können. Nach den Gegentreffern von Kiel heißt es am Sonntag jedoch ganz besonders: Vorsicht vor ruhenden Bällen! Freiburgs Vincenzo Grifo gilt als einer der besten Standardschützen der Bundesliga.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Vorab-Diskussion FCK-SCF | Sonntag, 15:30 Uhr: Pokalzeit auf dem Betzenberg (Der Betze brennt)

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