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Neuzugang im Porträt: Beim FCK ist jetzt der Durm drin

Neuzugang im Porträt: Beim FCK ist jetzt der Durm drin

Foto: Imago Images

Wieder ein Hammer-Transfer, wieder ein erfahrener Profi für den 1. FC Kaiserslautern. Der Reifeprozess von Weltmeister Erik Durm toppt sogar die Biografien von Ben Zolinski und Andreas Luthe. Wir stellen Euch den neuen Pfälzer im Betze-Team näher vor.

Wohl über jeden Fußballprofi in Deutschland und Europa werden mittlerweile Unmengen an Analyse-Daten erhoben, ebenso über jeden einigermaßen auffälligen Nachwuchsspieler. Diese richtig zu interpretieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist allerdings eine Kunst, die nur wenige Manager, Scouts und Trainer beherrschen. Jürgen Klopp war so einer. Der heutige Liverpool-Coach hat dem vor einigen Wochen 30 Jahre alt gewordenen Erik Durm dadurch einen Karriereweg ermöglicht, der andernfalls wahrscheinlich kaum über die 3. Liga hinaus geführt hätte.

Es geschah zu Beginn der Spielzeit 2013/14 in Dortmund. Am 5. Spieltag, in der Partie des BVB gegen den Hamburger SV. Die Borussia führte bereits 5:2, standesgemäß, denn sie wollte nach zwei Meisterschaften und einem Vize-Titel in dieser Saison erneut vorne angreifen.

Verteidiger "handmade": Man nehme einen Pfälzer und ...

Plötzlich aber griff sich der etatmäßige linke Verteidiger Marcel Schmelzer an den Oberschenkel. Muskelfaserriss. Die Borussia hätte eigentlich schon im Sommer dafür sorgen können, dass für einen solchen Fall ein Backup für den Nationalspieler bereit steht, doch Klopp hatte anderes im Sinn: Außenverteidiger kann man sich selber machen, denn dafür braucht es nur einen, der schnell und viel laufen kann - und der lernwillig ist. So einer findet sich auch in der Zweiten Mannschaft, glaubte Klopp. Also schaute er sich die Leistungsdaten seiner Nachwuchskicker an - und erkannte die gewünschten Qualitäten bei dem damals 21-jährigen Erik Durm.

Ein Pfälzer. In Pirmasens geboren, in Rieschweiler aufgewachsen. Hatte als Junior in Saarbrücken gekickt, später in Mainz. War dort auch in die Zweite Mannschaft aufgerückt und hatte in 33 Spielen 13 Mal getroffen. Denn Durm war seinerzeit eigentlich Stürmer, sein Trainer Martin Schmidt hatte ihn sogar als "klassischen Strafraumspieler" bezeichnet. In Dortmunds Zweitvertretung allerdings hatte er in seiner ersten Saison nur zwei Treffer erzielt. "Als Stürmer wird es bei dir ganz oben nicht reichen", sagte Klopp dem jungen Mann ins Gesicht. "Aber als Außenverteidiger hast du eine Perspektive, lass dir das mal durch den Kopf gehen."

» Zum Video: Klopp über den Konkurrenzkampf von Durm und Schmelzer

Erst Kloppo, dann Jogi - und schließlich die WM in Brasilien

Und darum marschierte am 14. September 2013, in dieser Partie gegen den HSV, Erik Durm für Marcel Schmelzer aufs Feld, elf Minuten vor Schluss. Und er blieb direkt Stammkraft als linker Verteidiger. Nur einmal noch trat er für ein paar Wochen ins zweite Glied, als Schmelzer zurückkehrte. Doch den ließ das Verletzungspech nicht los, so dass Durm bald erneut in der Startelf stand. Womit sein kometenhafter Start aber noch nicht vollendet war.

Bundestrainer Joachim Löw kam auf die Idee, dass Schmelzers Vertreter beim BVB auch dessen Ersatzmann in der Nationalelf sein könnte, zumal er mit Mats Hummels als linkem Innenverteidiger auch den gleichen Nebenmann wie im Verein vorfinden würde. Drum gab Durm am 1. Juni 2014 beim 2:2 gegen Kamerun sein A-Länderspieldebüt - und zwar gleich von Beginn an. Doch damit nicht genug, fuhr er anschließend auch mit zur Weltmeisterschaft nach Brasilien. Nach nur 19 Bundesliga-Partien und sieben Auftritten in der Champions League. Darunter das Viertelfinal-Rückspiel gegen Real Madrid, das der BVB mit 2:0 gewann und bei dem Durm über 90 Minuten als Linksverteidiger agierte. Ein Fußballmärchen.

Bei der WM selbst kam er allerdings nicht zum Einsatz. Benedikt Höwedes, obwohl ebenfalls kein "gelernter", übernahm den Posten des linken Verteidigers. Im Viertelfinale gegen Frankreich durfte Durm sich kurz warmlaufen, als Höwedes am Boden lag, doch der Schalker berappelte sich wieder. Drum ziehen notorische Miesmacher heute gern mal eine Schnute, wenn Durm als "Weltmeister" bezeichnet wird. Fakt ist: Er war ein Teil der Mannschaft.

Krankheit und Verletzung: Die schweren Jahre folgen auf dem Fuß

Eine komplette Fußballer-Karriere lässt sich aber nur selten von vorne bis hinten als Märchen erzählen, erst recht nicht die von Erik Durm. Denn unmittelbar anschließend folgten die schweren Jahre. Der BVB, erneut Vize-Meister geworden, stürzte in der Saison 2014/15 zunächst ans Tabellenende, Durm verlor seinen Stammplatz. Das letzte seiner insgesamt sieben Länderspiele bestritt er im November 2014 gegen Spanien.

In den nächsten Jahren plagten ihn immer wieder Verletzungen und Krankheiten, unter anderem das heimtückische und nur langwierig auszustehende Pfeiffersche Drüsenfieber. Erst in der Saison 2016/17 kämpfte sich Durm nach einer Knie-OP wieder zurück aufs Feld. Diesmal auf der rechten Seite, als Schienenspieler in einer 3-5-2-Formation, auf die Trainer Thomas Tuchel sein Team umgestellt hatte. "Mit seinen körperlichen Voraussetzungen tut Erik unserem Spiel gut", sagte der Coach damals über den Pfälzer. "Er ist sehr fle­xibel ein­setzbar, das lieben die Trainer, weil es ihnen immer neue Möglichkeiten eröffnet." 2017 folgte dann auch die vorläufige Krönung beim BVB: Im Finale gewinnen der BVB und Durm gegen Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal. Darüber, aber auch über die darauf folgende Seuchensaison erzählt Durm durchaus emotional im Gespräch mit BVB-Legende Norbert "Nobby" Dickel:

» Zum Video: Erik Durm im persönlichen Gespräch mit Norbert Dickel

Ein Hüftverletzung warf Durm anschließend wie erwähnt abermals zurück, die Spielzeit 2017/18 fand komplett ohne ihn statt. Im Sommer darauf wechselte er nach Huddersfield, suchte eine neue Herausforderung unter einem Trainer, der ihn kannte: David Wagner war einst sein Chef bei Dortmunds Zweiter gewesen. Für Durm persönlich lief die Spielzeit in der Premier League auch nicht schlecht, er stand 21 Mal in der Startelf, mal auf der linken, mal auf der rechten Seite. Sein Team allerdings verlor unentwegt. Mit am Ende nur drei Siegen auf dem Konto stieg Huddersfield am Ende ab, Durm kam ablösefrei auf den Markt, Eintracht Frankfurt schlug zu.

Die Frankfurter Zeit: Durchbruch im zweiten Jahr

Dort ging im ersten Jahr nicht viel. Auch Coach Adi Hütter setzte fast immer auf ein 3-5-2, also auf jeweils nur einen Mann auf den Außenbahnen. Da war links an Filip Kostic nicht vorbeizukommen. Rechts musste sich Durm gegen Timothy Chandler und Danny da Costa behaupten. Zu mehr als sechs Startelf-Einsätzen kam er nicht.

Im zweiten Jahr dauerte es bis zum 8. Spieltag, bis er erstmals den Vorzug vor seinen Mitbewerbern erhielt, und die Chance nutzte er. Ab dem 1:1 gegen Rasenballsport Leipzig stand er 19 Mal in der Startelf. Die vergangene Spielzeit begann ebenfalls gut. Auch, weil der neue Eintracht-Trainer Oliver Glasner zunächst wieder auf Viererkette umstellte. Durm eroberte sich den rechten Verteidiger-Posten. Mitte der Hinrunde wechselte Glasner jedoch wieder zur Dreierkette zurück, und um den einzigen Platz auf rechten Außenbahn konkurrierten wieder mehrere Bewerber. Als Frankfurt im Winter Ansgar Knauff von Borussia Dortmund auslieh, war schnell klar, wer da die Nase vorn haben würde. Wer Knauff in der Europa-League-Spielen der Eintracht gegen Barcelona, West Ham und Glasgow spielen sah, weiß, warum. Mittlerweile hat Frankfurt den 20-Jährigen fest verpflichtet.

Wieder "dehääm": Wird Durm nun die "Bank" links hinten?

Mit dem Wechsel nach Kaiserslautern kehrt der Pfälzer nun in seine Heimat zurück. Die Relegationsspiele gegen Dresden sowie Dirk Schusters bevorzugte Formationen auf seinen früheren Stationen deuten darauf hin, dass auch der Lautern-Coach in der kommenden Spielzeit eine Vierer-Abwehrkette präferiert. Was Durm zum ersten Anwärter auf die Position links hinten machen dürfte - also auf den Ausgangspunkt seines Traumstarts vor neun Jahren.

Dass er einer seiner könnte, der mit einer "Jetzt kommt der Weltmeister"-Attitüde auftritt, brauchen seine Mitspieler dagegen nicht zu fürchten. "So oft denke ich nicht mehr an die WM", hat Erik Durm mal "11 Freunde" verraten. "Was soll das auch bringen? Ich lebe im Hier und Jetzt, nicht in der Vergangenheit." Dass er sich dabei selbst nicht zu ernst nimmt und seinen Heimatdialekt ebenfalls noch bestens beherrscht, das zeigte er in einem nicht ganz ernst gemeinten "Genial hessisch"-Quiz zu Frankfurter Zeiten. Hier und da korrigiert er dann auch mal einen hessischen Ausruck ins "richtige" Pfälzisch. Dort sieht er jetzt auch seine Zukunft. In der Pfalz, in der Heimat, beim FCK. "Genial pfälzisch" eben.

» Zum Video: Erik Durm und Mannschaftskollege Aymen Barkok im Dialekte-Quiz

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Coup perfekt: Erik Durm wechselt von Frankfurt zum FCK (Pressemeldung FCK)

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