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FCK-Daten im Check: Von Schönspielern und Murksern

FCK-Daten im Check: Von Schönspielern und Murksern


Der 1. FC Kaiserslautern tritt im vorgezogenen Saisonfinale bei Viktoria Köln an. Ein idealer Gegner, könnten Fußball­beschreiber meinen, die gern Daten-Analysen zu Hilfe nehmen. Denn die Viktoria ist so etwas wie ein "Anti-FCK".

Nach dem Verständnis moderner Ballsportversteher spielt Viktoria Köln "schön", der 1. FC Kaiserslautern dagegen nicht. Doch die "Schönspieler" sind immer noch nicht aller Abstiegssorgen ledig, während die "Murkser" immerhin noch auf Relegationsrang 3 stehen, auch nach zwei bitteren Niederlagen zuletzt. Ob das ungerecht ist? Nö. Das ist die 3. Liga.

Der FCK - Außenseiter mit Abwehrbollwerk? Befeuert wurde diese Sichtweise auf den FCK zuletzt durch eine beim NDR erschienene Zahlenspielerei, die Lautern mit Tabellennachbar Eintracht Braunschweig vergleicht. Da wird dem FCK ein "Außenseiter-Fußball mit Abwehrbollwerk" attestiert, mit einem "ganz speziellen Defensiv-Stil, der sich von allen anderen Mannschaften im oberen Tabellendrittel unterscheidet". Festgemacht wird unter anderem an den geringen Ballbesitz-Anteilen der Roten Teufel und ihrem allgemein wenig aggressiven Pressing-Stil. Offensiv sei der FCK allenfalls durch Standards gefährlich, heißt es.

Da der Autor am Ende die größere Aufstiegswahrscheinlichkeit für Braunschweig errechnet und damit wahrscheinlich richtig liegen wird, wollen wir hier keinesfalls Kollegenschelte betreiben. Aber wenigstens auf ein paar Tücken solcher Zahlenspielereien hinweisen. Daher - und angesichts der angespannten Situation nach den jüngsten zwei Niederlagen -, machen wir heute keinen klassischen Gegner-Check, sondern stellen lediglich ein paar Vergleiche an, die Aufschlüsse über den augenscheinlich angeschlagenen FCK erlauben.

Von wegen kopfballschwach: Im NDR-Bericht wird zum Beispiel darauf verwiesen, dass der FCK nur 46,39 Prozent seiner Kopfballduelle gewinnt und dies im Ligavergleich der drittschlechteste Wert ist. Was der Datenanbieter "Wyscout"auch bestätigt. Aber hallo? Kaiserslautern und kopfballschwach? Wie haben die Betze-Buben dann elf Tore mit dem Schädel erzielen können? Nur Zwickau und Halle haben mehr auf dem Konto. Und wieso haben sie nur drei Kopfballtore kassiert, was absoluter Liga-Bestwert ist, wenn die Hintermannschaft im Luftkampf vorzugsweise den Kürzeren ziehen?

Womöglich verlieren die Roten Teufel ihre Kopfballduelle vornehmlich in Zonen, in denen es nicht drauf ankommt. Und der NDR-Bericht bescheinigt dem FCK immerhin, die beste Mannschaft der Liga zu sein, was die "Effektivität" im Verwerten von Torchancen angeht.

Die spielstarke Viktoria - trotzdem nur Rang 14: Irgendwie aber scheint es schon eine Eigenheit der Mannschaft von Marco Antwerpen zu sein, genau in den Segmenten maue Daten zu produzieren, die moderne Fußballbeschreiber am liebsten heranziehen, um attraktives Spiel zu identifizieren. Der kommende Gegner bildet in dieser Beziehung so etwas wie ein Gegenstück zum FCK.

Die Viktoria spielt im Mittel 438,54 Pässe pro Spiel, nur Magdeburg passt öfter. Im Schnitt spielen die Kicker von Olaf Janßen 53,82 Pässe im Angriffsdrittel, so weit vorne passen nur Magdeburg und Osnabrück öfter. Und das gelingt den Kölnern mit einer Genauigkeit von 69,1 Prozent, das kann nur Magdeburg besser. Sie haben im Spiele-Durchschnitt 56,1 Prozent Ballbesitz, auch da erzielen nur Magdeburg und Osnabrück höhere Werte. Und im besonders beliebt gewordenen PPDA-Ranking, also bei den Pässen, die man dem Gegner gestattet, ehe man ihn attackiert, liegt die Viktoria immerhin auf Rang 5 - nur Magdeburg, Osnabrück, Verl und Mannheim erlauben dem Kontrahenten weniger Zuspiele, ehe sie ihn angreifen. Lautern platziert sich in all diesen Rankings nur unter "ferner liefen", wenn nicht gar ganz hinten.

Merkwürdig ist nur, dass immer wieder genannten Magdeburger souveräner Tabellenerster und bereits feststehender Aufsteiger, die ebenfalls häufig genannten Osnabrücker immerhin Sechster sind - doch Köln ist lediglich Vierzehnter, der Klassenverbleib zwei Runden vor Schluss ist immer noch nicht gesichert. Diese Werte allein garantieren also noch keinen Erfolg. Zum Vergleich: Der FCK passt im Angriffsdrittel zwar deutlich weniger, hat aber 27 Mal öfter aufs Tor geschossen als die Viktoria. Und 20 Mal öfter getroffen.

Quantität und Qualität: Überhaupt, zwischen dem 8. und dem 34. Spieltag - also nach der Generalinventur, die das Trainerteam nach dem 0:1 in Magdeburg vornahm, bis zur Niederlage in Wiesbaden - holte der FCK 58 Punkte, so viele wie keiner sonst in der Liga. Und er erzielte die zweitmeisten Treffer, 50 nämlich. Ganz schön torreicher und langer Lauf für ein Team, das angeblich nur auf sein "Abwehrbollwerk" und seine Standards vertraut, nicht? Oder gibt’s nicht vielleicht doch noch andere Kenngrößen, die die immer noch gute Platzierung der Roten Teufel erklären? Beim Passspiel etwa - kommt’s da nicht vielleicht doch eher auf Qualität statt auf Quantität an?

Der FCK spielt sogenannte "smarte" Pässe, also Pässe, die mindestens eine Abwehrlinie überwinden, mit einer Genauigkeit von 48,5 Prozent. Ein Wert, den sonst keiner in der Liga erreicht. Und auch die "Through Passes", also die Steckpässe hinter die Abwehrreihe, kommen zu 35,5 Prozent exakt, das ist vierbester Wert der Liga. Und war der Fußball, den die Betze-Buben boten, wirklich so unansehnlich, nur weil er keinen Fokus auf Ballbesitz und permanentes Angriffspressing setzte?

Konzentration und Kompaktheit sind jetzt gefragt: Schon klar, nach zwei Niederlagen in Folge ist es nicht angezeigt, Schönfärberei zu betreiben. Aber es ist auch nicht angezeigt, die Nerven zu verlieren. Noch ist alles drin in dieser Saison.

Es soll ja auch gar nicht geleugnet werden: Lautern hat in den letzten drei Monaten trotz vieler Siege selten über 90 Minuten überzeugt. Aber bis auf wenige Ausnahmen gab es in jedem Spiel Phasen, mal länger, mal kürzer, in denen die Mannschaft zeigte, dass sie auch früh attackieren, kompakt aufrücken, zweite Bälle erobern und einen Gegner dominieren kann.

Das Derby gegen Saarbrücken etwa wurde erst in der zweiten Halbzeit zum Triumph der stärkeren Mentalität. In der ersten Halbzeit beherrschten die Männer in Rot den Gast bis zu Kraus’ Platzverweis auch dank ihrer kompakten, nach vorne drängenden Spielanlage. Und in der ersten Hälfte gegen Magdeburg bot der FCK dem spielerisch stärksten Team der Liga absolut paroli, bis er in Rückstand geriet. Die zum größten Teil klaren Heimsiege gegen schwächere Gegner müssen wir nicht im Einzelnen aufzählen.

Die Intensität und die Kompaktheit dieser Phasen gilt es wiederzufinden. Und die Konzentration, diese auch mal länger durchzuhalten. Dabei können auch personelle Wechsel helfen.

Stabilitätsfaktor Kraus: Kevin Kraus dürfte nach seiner Rot-Sperre gegen Köln in die Startelf zurückkehren. Er personifiziert im Grunde, was wir eben beschrieben haben. Kraus ist nicht der Mittelmann einer Dreierkette, wie ihn moderne Fußballbeschreiber gerne sehen. Er ist augenscheinlich nicht besonders ballsicher, nicht besonders schnell und keiner für präzise Aufbaupässe. Was er tatsächlich wert ist, hat man aber zuletzt in den beiden verlorenen Partien gesehen, in denen er fehlte. Stellungsspiel und Antizipationsgeschick lassen sich mit Daten nunmal schwer erfassen.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Sonntag, 14:00 Uhr: Kopf hoch, Brust raus - für den FCK (Der Betze brennt)

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