@Paul
Im Prinzip hast Du recht, dass man manchmal "vermeintlich" alles richtig macht und dann doch verliert.
In der Realität sieht das meist ein "wenig" anders aus. Als Unternehmer ist man verpflichtet, sich ständig mit den neuesten Auslegungen der Gesetze, egal welche unternehmensrelevante Gesetze es sind (Personal, Finanzen, Sicherheit etc), auseinander zu setzen und zu beurteilen, welche Auswirkungen es auf die laufende Praxis hat. Meist werden dafür "Berater" (Steuerberater, Personalberater, Finanzberater etc) herangezogen. Die Themen sind meist zu komplex, als das man den vollen Durch- und Überblick behalten kann. Deutsche neigen leider zu einer sehr komplexen Gesetzessituation und das führt zu der "Berater-Mentalität". Leider sind die Berater, wenn überhaupt, nur zivilrechtlich greifbar, wenn etwas schief läuft (kennen wir doch irgendwie). Verantwortlich und Haftbar ist der Unternehmer.
So, nun zum eigentlichen Thema das, nebenbei erwähnt, ja nur eines der 4-5 Punkte bei der Betriebsprüfung war das in die Hose gegangen ist.
Dr. Ohlinger hat es gestern wie folgt an einem Beispiel (Zahlen sind aus dem Raum gegriffen und haben deshalb keine wirkliche Bedeutung):
Vorneweg ein wenig abstruse Buchhaltungskunde:
Wenn ein Unternehmen einen Gegenstand erwirbt, so wird dieser (ab einer bestimmten Wertgrenze) ins "Anlagenvermögen" eingestellt. Das Anlagenvermögen spiegelt den Gegenwert zum Kapital dar (in der Bilanz), da ja Geld von einer Seite (Bankkonto) in einen Gegenstand (Anlage) gewandert ist. Dadurch wird die Bilanz ausgeglichen (sinnbildlich).
Unter Anlagen (Anlagevermögen) werden zum Beispiel Maschinen, Computer, Fahrzeuge, Gebäude aber auch "immatrielle Anlage (Wirtschaftsgüter)" wie Lizenzen, Software und Rechte bzw. Patente und Beteiligungen verstanden.
Bei einem "Profi"-Klub sind das - und hier wird es ein wenig "pervers" - auch die Spieler. Man kauft einen Spieler X für den Betrag (Ablösesumme) Y ein. Damit wird Geld in eine Anlage umgewandelt. Der Spieler X wird nun in das "Anlagevermögen" eingebucht.
Da jede Anlage eine Nutzungsdauer hat, wird auf diese Dauer die "Anlage" abgeschrieben. Ein Gebäude wird typischerweise mit 30 Jahren abgeschrieben, ein Computer (Workstation) auf 3 ein Server zum Beispiel auf 5 Jahre. (Auf die verschiedenen Abschreibungsarten gehe ich jetzt nicht ein

)
Da die Abschreibung einen "Verlust" an Wert darstellt, verringert die Abschreibung den Gewinn eines Unternehmens. Dadurch sind weniger Steuern fällig, da nur Unternehmen die Gewinn erwirtschaften auch Steuern vom Ertrag (Gewinn) (Kapitalsteuer, Gewerbesteuer etc) zahlen müssen. Da die Finanzverwaltung (das Finanzamt hat hier nichts zu sagen) weiß, dass Unternehmer ungern Steuern zahlen, gibt es für alle "Anlagen" die so genannte Mindestnutzungsdauer (Mindest-Abschreibungsdauer). Dadurch wird verhindert, dass Anlagen in einem Jahr vollständig abgeschrieben werden, wenn ein hoher Gewinn vorliegt und das Finanzamt leer ausgeht (Solidarprinzip unserer Gesellschaft).
Kommen wir nun auf den vorliegenden Fall. Hierzu muss noch erwähnt werden, dass im Jahr 2001 (1.1.2001) die Abschreibungsdauer von nahezu allen Anlagegütern angepasst wurde (man erinnere sich bitte an die damaligen klammen Kassen unserer Regierung). In den meisten Fällen wurde die Abschreibungsdauer verlängert, was zu einer indirekten Anhebung des Gewinns führte und somit zu höheren Steuereinnahmen des Staates.
Im Falle eines Lizenzspielers ist es beim FCK (und auch anderen Vereinen) bis dahin so gewesen, dass ein "vorsichtiger" und "umsichtiger" Vorstand ein wenig gedacht hat und einen Spieler mit einem Vertrag für, zum Beispiel, drei Jahre sofort "abgeschrieben" hat. Das tat man, um a) Steuern zu reduzieren wenn Gewinn vorliegt und (aber auch) b) da man nicht sicher sein konnte, dass dieser Spieler in der/den kommenden Saison(s) wieder eingesetzt wird (Verletzung, Trainerwechsel etc).
Letzteren Punkt hat man als Argument verwendet, um es dem Finanzamt zu erklären. Ersteren Punkt hat man als "Nebeneffekt" gerne mitgenommen.
Man folgte mit dieser Logik dem Sinn des Anlagenvermögens, da eine Anlage (Fahrzeug / Computer) wenn sie vor Ablauf der Abschreibungsdauer kaputt geht (Schrott) "voll abgeschrieben" wird und nur noch im Keller oder sonst wo gelagert wird (Ausnahme Kfz) bis die "Nutzungsdauer" vorbei ist.
Sprich, ein Spieler der sich verletzt und nicht mehr spielen kann, sollte nicht im Anlagenvermögen bestehen und weiter die Bilanz belasten. Diese Praxis war durchaus üblich und führte zu keinen größeren Problemen (natürlich immer wieder Diskussion aber letztlich akzeptiert).
Durch die Gesetzesänderung zum 1.1.2001 hat sich einiges geändert und die Finanzverwaltung (Bundesamt für Steuern) hat über die folgenden Jahre die Interpretation der Abschreibungsmöglichkeiten präziser gefasst und teilweise angepasst. Um die "berüchtigte" Gleichbehandlung umzusetzen wurde nun diese Praxis, die eine "Sofortabschreibung" darstellte, nicht mehr akzeptiert. Ein Spieler muss linear über die Vertragsdauer "abgeschrieben" werden, also bei einem 4-Jahresvertrag über die vier Jahre in vier gleichen Teilen (1 Mio Ablöse, 4 Jahre je 250.000 Euro Abschreibung).
Ein weiteres Problem stellt das - bei den meisten Profi-Klubs - Geschäftsjahr dar. Ein "normales" Unternehmen hat das Geschäftsjahr identisch mit dem Kalenderjahr. Das ist kein Muss, wird aber in den meisten Fällen so gemacht.
Die Fußballclubs haben aber meist das Geschäftsjahr gleich der Saison. Deshalb ist auch bei uns das Geschäftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni.
Gesetze haben nun meist die Eigenart, dass sie zum 1. Januar eines Jahres in Kraft treten. So auch bei dem Gesetz über die Abschreibungspraktiken. Kauft man nun einen Spieler z.B. am 15. Dezember und das Gesetz ändert sich zum 1. Januar, so gelten die neuen Gesetze für das laufende Geschäftsjahr. Bis zum Ende des Geschäftsjahres (30. Juni) gab es aber (soweit ich mich erinnere) noch keine Durchführungsrichtlinie für die Finanzverwaltung (Betriebsprüfer) und somit ein wenig "Unsicherheit" bei der Beurteilung der Abschreibungspraktiken. Eine Bilanz ist aber, nachdem sie einmal erstellt wurde, nicht mehr änderbar.
Genau hier schlug nun das Problem ein.
Unser Vorstand "ahnte" vermutlich schon das Problem und stellte sicherheitshalber 750.000 Euro in die Rückstellung ein. Offenbar gab es aber bedeutend mehr Fälle oder höhere Abweichungen als gedacht und es wurde richtig schlimm, weshalb die Rückstellung angehoben wurde.
Das schlimme daran ist ja, dass man durch die Verschiebung der Abschreibung für ein erfolgreiches Jahr, dem nur noch verlustreiche Jahre folgten, diese Verschiebung des Gewinns nicht im Rahmen der folgenden Jahre wieder gut machen kann.
Bei einem Verlust fällt keine Steuer an, man bekommt auch (mit Ausnahmen....) keine Steuer zurück.
In unserem Falle war 2000/2001 das letzte Jahr mit Gewinn. Wird hier die Abschreibung reduziert, wird der Gewinn höher und somit müssen Steuern nachgezahlt werden. Die Anhebung der Abschreibung in den Folgejahren führt nur zur Anhebung des Verlusts, was sich aber nicht auf die Steuern auswirkt (mehr als 0 Euro Steuer ist nicht).
So, nach dieser langen Erklärung ist wohl auch klar, weshalb man nicht mit Dreck auf die damaligen Verantwortlichen werfen kann/will.
Ich hoffe, es ist einigermassen deutlich geworden wo "eines" unserer Probleme begraben liegt.