Kummt Senf druff

Die nächste Nagelprobe kommt bestimmt

Die nächste Nagelprobe kommt bestimmt


Der Aufstieg ist geschafft. Doch so überwältigend ihr Happy End war - diese Saison hat auch gezeigt: Von stabilen Strukturen, die es braucht, um weitere Schritte nach oben zu gehen, ist der 1. FC Kaiserslautern noch weit entfernt. Ein Kommentar von DBB-Autor Eric.

Wir haben es also tatsächlich geschafft. Wir sind in die Zweite Liga aufgestiegen. Aber seien wir ehrlich: Für viele im Verein und in seinem Umfeld soll dies nur der erste große Schritt "zurück nach oben" gewesen sein. Nach ihrem Selbstverständnis "gehört" der FCK in die Bundesliga, nach wie vor. Und die, für die dies eben nicht mehr soo selbstverständlich ist, träumen wenigstens vom Comeback des FCK in der Beletage. Gegen Träumen ist auch nichts zu sagen, das darf und muss einem Fußballfan gestattet sein. Nur sollte er solche Träume nach dem Aufwachen vernünftig einordnen können.

Noch sind wir einfach nur glücklich, aber spätestens in ein paar Tagen werden wir uns schon wieder die Köpfe heiß reden. Etwa über den Kader für die kommende Saison. Mit welchen Spielern wird Thomas Hengen die Verträge verlängern, welche neuen wird er holen?

Die Fragen bleiben: Sind alle Brandherde wirklich erloschen?

Und wir werden uns auch bald wieder ärgern. Über ausbleibende Erfolge, und natürlich über den vereinsinternen Knatsch, den diese nach sich ziehen werden. Denn eines hat diese Saison gezeigt: Der FCK verfügt noch lange nicht über Strukturen, die stabil genug sind, um auch mal Wellentäler zu durchstehen. Möglicherweise hat Thomas Hengen mit Dirk Schuster nun einen Cheftrainer gefunden, den er als "seinen" Kandidaten empfindet und mit dem er Zusammenarbeit und -halt intensiver pflegt als mit dessen Vorgänger. Damit wäre ein erster Schritt getan, dass der FCK eben nicht mehr jede Saison den Trainer wechselt - und wenigstens ein Grundstein für die schon seit Jahren fehlende "Kontinuität" gelegt.

Ob damit aber auch alle Brandherde im Hintergrund erloschen sind? Von wo zum Beispiel breiten sich immer wieder zur Unzeit Gerüchte aus wie zuletzt das um Miro Klose? Sind die Konfliktlinien beseitigt, die während der Saison zu den Abschieden von Soeren Oliver Voigt und Markus Merk geführt haben? Und wie wird sich die neue Investorengruppe neben der "Saar-Pfalz-Invest GmbH" einbringen, die "Pacific Media Group", über deren Engagement der FCK bislang beschämend wenig bekanntgab?

Die Bundesliga, wie der FCK sie gekannt hat, gibt es gar nicht mehr

Endlich stabile Strukturen, die gegen Störelemente von innen wie von außen immun sind, sind jedoch wichtiger denn je, wenn der FCK tatsächlich einmal in die Fußballwelt zurückkehren will, in die er nach seinem Verständnis immer noch gehört. Obwohl diese Welt heute nichts mehr mit der zu tun hat, die er einst verlassen hat. Die Kluft zwischen Reich und Arm ist längst so groß geworden, dass es wohl nie wieder einen 1. FC Kaiserslautern geben wird, der in einer besonders berauschenden Saison dem großen FC Bayern den Meistertitel abjagt.

Die Abermillionen, die die Gelddruckmaschine Champions League, die ungerechte Verteilung der Fernsehgelder sowie saudi-arabische, chinesische oder russische Konzerne und Milliardäre den Großen in den Rachen stopfen, sind für den FCK in den vergangenen Jahren unerreichbar gewesen und werden es auch in absehbarer Zukunft sein. Und es stellt sich zunehmend die Frage, ob ein Mitspielenwollen in dieser Welt überhaupt noch erstrebenswert ist. Diese Klubs sorgen sich längst nicht mehr um ihre Fans vor Ort, sondern visieren via Internet-Streaming und Satellitenfernsehen Publikum in allen Teilen der Welt an, in die sie neben Fußball auch noch ihre Merchandisingprodukte vertreiben können.

Jetzt heißt es, sich an den richtigen Vorbildern orientieren

Der FCK muss sich an den wenigen Klubs orientieren, die es nach wie vor ohne Konzernmillionen schaffen, sich wenigstens national im Konzert der Großen zu behaupten. Vereine wie den SC Freiburg, den VfL Bochum oder Union Berlin. Und was zeichnet diese am stärksten aus? Stabile Strukturen, nach innen wie nach außen.

Die allein genügen natürlich nicht. Ohne Moos ist auch im Fähnlein der letzten Aufrechten nichts los. Mit Arminia Bielefeld und der SpVgg Fürth müssen nach dieser Saison abermals zwei Klubs in die Zweite Liga runter, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten gute Arbeit machten, am Ende aber doch nicht genug investieren konnten. Wie man zu Geld kommt, ohne einen Megamillionenspender in der Hinterhand zu haben, machen beispielsweise die Mainzer vor. Die haben zwischen 2015 und 2021 zehn Spielerwechsel bewerkstelligt, die jeweils zwischen zehn und 28 Millionen Euro in ihre Kassen spülten. Oder Freiburg: Zwischen 2014 und 2019 sieben Transfers, die zwischen zehn und 21 Millionen Euro brachten. Auch das sind Dimensionen, von denen der FCK bislang nur träumen kann. Sein bester Transfererlös stammt nach wie vor aus dem Jahr 2005: die fünf Millionen Euro, die fällig wurden, als Miro Klose zu Werder Bremen wechselte.

Zweite Liga: Wiedersehen mit einigen Schicksalsgefährten

Jetzt aber heißt es erst einmal, sich in der Zweiten Liga zu behaupten. Auch dort sind mittlerweile einige Klubs gestrandet, die finanziell bessere Möglichkeiten haben als der FCK, aber dennoch auf der Stelle treten. Der Hamburger SV, Fortuna Düsseldorf, der 1. FC Nürnberg, Hannover 96 - mit allen haben die Lautrer schon in der Bundesliga die Klingen gekreuzt. Und die sind nicht abgestürzt, weil sie sich irgendwann einmal an einem Projekt "WM-Stadion" verhoben haben, sondern weil sie über Jahre hinweg zu keinen stabilen Strukturen fanden.

Beispiele, dass es mit konstanter Arbeit besser geht, sind auch in der zweiten Klasse zu finden. Der 1. FC Heidenheim etwa behauptet sich seit Jahren, obwohl sein Name längst nicht so nach Fußballtradition klingt wie die zuvor genannten. Da arbeitet ein Trainer namens Frank Schmidt nun schon seit 15 Jahren. Torsten Lieberknecht, der Pfälzer, hat in dieser Saison mit Darmstadt 98 lange um den Aufstieg mitgespielt, obwohl sein Team kaum zum Favoritenkreis gezählt worden war. Er hat nun schon in seinem ersten Vertragsjahr bis 2025 verlängert - um "Kontinuität vorzuleben", wie er sagt.

Betze-Fußball hat immer nach Bier nach Bratwurst gerochen. Eine Zukunft, in der dies auch weiter oben möglich ist, ist nach wie vor denkbar. Dazu braucht es aber gar nicht mal unbedingt Megamillionen von irgendwelchen Investoren. Sondern zunächst mal stabile Strukturen.

Dieser Text stammt in leicht angepasster Form aus dem Schlusskapitel von Eric Scherers neuestem FCK-Buch: "Der Aufstieg: Mein Betze-Tagebuch 2021/22" ist wie immer über die Homepage des Autors bestellbar und kostet 12,90 Euro (ISBN 978-3-00-072514-2).

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Rückblick & Rezension: Eine Saison wie ein höllischer Wellenritt (Der Betze brennt)

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