Kummt Senf druff

Kein guter Tag für den Fußball

Kein guter Tag für den Fußball

Türkgücüs ehemaliger Investor und Präsident Hasan Kivran (Archivbild); Foto: Imago Images

Der Rückzug von Türkgücü München wirft kein gutes Licht auf die 3. Liga und den DFB. Vor allem der sportliche Gedanke leidet und dem 1. FC Kaiserslautern wird eines der emotionalsten Dinge genommen, die es im Fußball gibt. Die DBB-Autoren Gerrit Schnabel und Florian Reis kommentieren das vorzeitige Aus der Münchner.

Es hätte alles so schön sein können: Bei frühsommerlichen Temperaturen feiern die FCK-Fans im Fritz-Walter-Stadion am 14. Mai einen fulminanten letzten Heimsieg, der zugleich nach vier schier endlos wirkenden Jahren die ersehnte Rückkehr in die 2. Bundesliga bedeutet. Und jetzt? Nichts da. Ganz egal, wie sich die kommenden Wochen sportlich für das Antwerpen-Team entwickeln werden - am letzten Spieltag werden keine Massen ihre Männer in Rot anfeuern können. Der FCK wird zum Zuschauen verdammt sein. Jeder, der einmal Fußball gespielt hat, weiß, wie sehr es schmerzt, nicht selbst in das Geschehen eingreifen zu können. Und jeder, der den Fußball liebt, weiß auch, was durch die Emotion eines Saisonfinales an Leistungsexplosionen möglich sind. In Kaiserslautern wird man das alles jetzt nur am Fernsehen verfolgt werden können. Mal ganz davon abgesehen, dass vermutlich hunderttausende Euro an Zuschauereinnahmen ausbleiben werden. Rein sportlich muss der Rückzug von Türkgücü München aber nicht zwangsläufig ein Nachteil sein. Die Roten Teufel haben schließlich noch sechs Spiele zu absolvieren, in denen sie den Aufstieg aus eigener Kraft schaffen können. Aber: Aus emotionaler Sicht ist die heutige Entscheidung eine Katastrophe.

Nach Uerdingen, jetzt Türkgücü: Ein Ende, das absehbar war

Und warum das alles? Weil ein Plastik-Klub, wie es Türkgücü schon seit Gründung war, die Liga, den DFB und alle Vereine von Anfang an an der Nase herumgeführt hat. Und da liegt auch einer der Unterschiede zur Insolvenz des FCK im Jahr 2020. Die Roten Teufel hatten nach ihrer erfolgreichen Entschuldung mehrere Investoren an der Hand, die ihnen die Existenz sichern wollten. Auch weil es in einem Traditionsverein gewachsene Strukturen gibt. Ohnehin ist es in dieser Diskussion wichtig, zu differenzieren. Denn jede Insolvenz ist "anders".

Türkgücü München war dagegen von Beginn an vom dubiosen Investor Hasan Kivran abhängig und verpflichtete im vergangenen Sommer mit viel Geld Spieler, die sich aufgrund der finanziellen Versprechungen der Münchner gegen Angebote von anderen Klubs entschieden. Akteure, die jetzt wie der Trainerstab und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle arbeitslos auf der Straße stehen. Noch im Dezember letzten Jahres, als Lautern im Olympiastadion zu Gast war, tönte Geschäftsführer Max Kothny auf die Frage, wie er damit umgehe, dass den Verein eine saftige Geldstrafe erwarte, weil er nach der Entlassung von Peter Hyballa nicht rechtzeitig einen Nachfolger mit Trainerlizenz verpflichtet habe: "Dann bezahlen wir diese Strafe eben, das nehmen wir in Kauf". Was für ein Hohn, bedenkt man, dass der Verein etwas mehr als drei Monate später den Spielbetrieb einstellen muss. Acht Trainer beschäftigte Türkgücü alleine seit Februar 2021. Bis 2023 wollte man in die 2. Bundesliga aufsteigen, koste es, was es wolle. Sinnbildlich für den Übermut: In dieser Saison trugen die Münchner ihre Heimspiele im überdimensionierten Olympiastadion aus. Dort waren Geisterkulissen aber an der Tagesordnung.

Einer Profiliga unwürdig: Der DFB muss sich hinterfragen

Doch auch der DFB und die 3. Liga machten und machen in der Causa zum wiederholten Male keine gute Figur. Wieso kann ein Verein, dessen Konstrukt schon längere Zeit als fragil galt, binnen weniger Monate seine Personalkosten derart erhöhen, wie es Türkgücü in den vergangenen Monaten getan hat? Zudem muss ein Verband von der Größenordnung des DFB - insbesondere nach der Insolvenz des KFC Uerdingen im vergangenen Jahr - Vorsorge treffen, dass im Sinne der übrigen 19 Vereine eine seriöse Saison gewährleistet ist. So schaut am Ende jeder in die Röhre: Die Vereine, denen Punkte abgezogen werden, der FCK, dem ein Saisonfinale genommen wird - das vielleicht emotional wichtigste Match in einer Saison. Und nicht zuletzt die Fairness.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Florian Reis, Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Türkgücü München stellt Spielbetrieb umgehend ein (Der Betze brennt)

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