Ja, als ambitionierter Drittligist gegen einen Oberliga-Aufsteiger nur mit Ach und Krach im Elfmeterschießen den Verbandspokal zu gewinnen, grenzt an eine Blamage. Es ist aber kein Grund, für die kommende Saison schon komplett schwarz zu malen. Ein paar Fingerzeige in die richtige Richtung bot dieses Finale durchaus.
Schon klar: Alemannia Waldalgesheim war im Februar noch Sechstligist und hatte wegen Corona seither gar keine Wettkampfpraxis mehr. Da durfte von einem 1. FC Kaiserslautern auch so kurz nach dem Trainingsstart bereits mehr erwartet werden.
Hercher und Bakhats Blaupause blieb ungenutzt
Und es hätte ja auch ein entspannter Nachmittag für den 1. FC Kaiserslautern werden können. Wie, demonstrierte die Elf von Boris Schommers schon nach zwei Minuten schön anschaulich: Carlo Sickinger nutzt mit einem Flankenwechsel die Breite des Spielfelds, Philipp Hercher und Anas Bakhat spielen einen flotten doppelten Doppelpass, Bakhat marschiert in die Box, flankt fast von der Grundlinie flach in die Rückraum und Florian Pick vergibt eine erste "Hundertprozentige" zur Führung.
Die Blaupause, um die wie erwartet tief stehende Deckung der Waldalgesheimer zu knacken, war damit geschaffen. Doch wurde sie in den folgenden 120 Minuten leider zunehmend fahriger genutzt. Wobei Hercher und später Dominik Schad sich auf der rechten Seite durchaus immer mal gut durchsetzten, allerdings fanden ihre Hereingaben in die Mitte keine Abnehmer.
Die Älteren erinnern sich: Hlousek kann es besser
Über die linke Seite wiederum bereitete Manfred Starke kurz vor der Pause die zweite "Hundertprozentige" vor, als er mit einer halbhohen Flanke Elias Huth im Fünfmeterraum bediente, dieser das Leder aber freistehend nicht unter Kontrolle bekam.
Mit langen Märschen an der Seitenlinie unterwegs war zudem Linksverteidiger Adam Hlousek. Seine Flanken allerdings, für die er mehrfach viel Zeit hatte, waren, gelinde gesagt, noch stark verbesserungsbedürftig. Doch wer sich noch an Hlouseks Lautrer, Nürnberger und Stuttgarter Tage erinnert, weiß: Das kann er besser. Da darf also aus guten Gründen gehofft werden.
Wie sich auch insgesamt übers Flügelspiel der Roten Teufel sagen lässt: Es lief sicher noch lange nicht rund, doch waren durchaus Ansätze erkennbar, wie es in ein zwei, drei Wochen richtig gut aussehen könnte.
Aus der Mitte entspringt noch viel Stuss
Das, was sich beim Spiel in und durch die Mitte so tat, wirkte dagegen noch reichlich unausgegoren. Erstaunlich vor allem, wie viele Fehlpässe sich Hikmet Ciftci weitgehend unbedrängt aus der hinteren Reihe erlaubte. Auch Carlo Sickinger zeigte sich nicht immer passsicher. Immerhin aber setzte er ein Highlight: Sein Zuckerpass auf den eingewechselten Mohamed Morabet hätte dem FCK ums Haar die Verlängerung erspart.
Morabet hatte in der 73. Minute auch den Elfmeter herausgeholt, den Lucas Röser verschoss. Der 22-Jährige war zu Boden gegangen, nachdem dem für Bakhat eingewechselten Janik Bachmann mal ein Zuspiel durch die Mitte geglückt war. Kurz vor Schluss verzog Morabet zudem eine Direktabnahme nach Hercher-Abnahme. Was zeigt: Der Deutsch-Marokkaner war, obwohl auch er sich wiederholt festdribbelte, wesentlich präsenter im Angriff als der einmal mehr meist unsichtbare Röser.
Hinter dem Offensivtrio stehen noch viele Fragezeichen
Überhaupt: In welcher personellen Besetzung Schommers' Offensiv-Triangel in die Drittligasaison startet, dürfte die spannendste Rätselfrage der nächsten Wochen werden - von den Transferdiskussionen um Pick und Christian Kühlwetter mal abgesehen. Gegen Waldalgesheim starteten Pick und Huth ganz vorne, Starke gab den beweglichen zentralen Offensiven.
Das sorgte für eine Unwucht im FCK-Spiel: Pick bevorzugte seine angestammte linke Seite, während Huth sich lieber in der Mitte aufhielt. So blieb die rechte Angriffsseite offensiv unbesetzt. Thiele und Kühlwetter haben in der Vorsaison ihr Wechselspiel zwischen Zentrum und Flügel besser hinbekommen.
Starke ist auf der Zehn vermutlich ein Auslaufmodell
Und Starke dürfte sich gegen die neuen und alten Mitbewerber auf der zentralen offensiven Position kaum behaupten. Ihm fehlen die schnellen Moves, mit denen ein Pick im ZehnerRaum Einschusspositionen kreiert - das war in diesem Verbandspokalfinale deutlich zu sehen. Zuzutrauen sind diese auch Neuzugang Nicolas Sessa, der freilich noch einige Zeit ausfällt. Oder Simon Skarladitis, der sich mittlerweile wieder im Mannschaftstraining befindet.
Neuzugang Marius Kleinsorge wäre ebenfalls ein Mann für kurze, schnelle Bewegungen auf engem Raum. Sein Einstand im FCK-Dress steht noch aus. Für die ersten beiden Pflichtspiele hätten sich andere eher aufgedrängt, erklärte Schommers auf die Frage, weshalb der Ex-Meppener noch nicht zum Einsatz kam. Umstellen muss Kleinsorge sich auf jeden Fall: In Schommers' variablen Offensivspiel ist ein klassischer Flügelspieler, wie Kleinsorge ihn in Meppen meist gab, nicht vorgesehen.
Tim Rieder: Hoffnungsträger und variable Größe für die Defensive
In Waldalgesheim noch nicht dabei war auch Tim Rieder, der Defensivstratege, den der FC Augsburg zuletzt an 1860 München ausgeliehen hatte. Er hätte dem FCK als "Mann für den ersten Pass" sicher gutgetan. Der ehemalige Hachinger Alex Winkler dagegen ließ noch nicht erkennen, dass er zu den spielstarken Innenverteidigern der 3. Liga gehört. Er beschränkte sich an der Seite von Routinier Kevin Kraus darauf, hinten nichts anbrennen zu lassen. Was ihm gegen diesen tiefstehenden Gegner nicht schwerfiel.
Rieder könnte sowohl als Innenverteidiger als auch auf der Sechs zum Einsatz kommen. Oder als Mittelmann einer Dreierkette - in unserem "Interview des Monats", das in den nächsten Tagen erscheint, deutet Boris Schommers an, dass er diese Variante im Blick hat. Janik Bachmann dagegen scheint nun endgültig als Option für die halbrechte Achterposition gedacht zu sein. Dort tauchte er schon Ende der Vorsaison öfter auf, und da spielte er nach seiner Einwechslung gegen Waldalgesheim. Beinahe hätte er in der Nachspielzeit das erlösende 1:0 erzielt, doch scheiterte er, wie seine Kollegen zuvor und Pick gleich mehrmals, am überragenden Alemannia-Keeper Pasquale Patria.
Das alte Problem: Standards, Standards, Standards
Überhaupt zeigt die Spielbetrachtung im Schnelldurchlauf: Bei aller berechtigten Kritik und Selbstkritik, die es nach diesem Finale hagelte, hatte der FCK einige Chancen, das Spiel vor dem Elfmeterschießen zu entscheiden. Mehr jedenfalls als im ebenfalls nicht berauschenden Halbfinale gegen den SV Morlautern eine Woche zuvor.
Mehr, viel mehr hätte wieder einmal - man traut es sich kaum noch zu schreiben - über ruhende Bälle gehen können. Aber da brachten die Lautrer erneut nichts zu Wege. Dabei hatten sie schon die Partie gegen Morlautern durch Standardsituationen entschieden.
Es gibt also noch einiges zu tun im Trainingslager, das am heutigen Montag in Herxheim startet. Die beiden Darbietungen im Verbandspokal mögen dürftig gewesen sind. Einen Anlass, für die kommenden Saison schon wieder alles schwarz zu sehen, sollten sie jedoch nicht bieten.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer
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