Kummt Senf druff

Der Senator geht, die Fragen bleiben

Der Senator geht, die Fragen bleiben


Jörg E. Wilhelm, der Aufsichtsratsvorsitzende der FCK-Kapitalgesellschaft, ist nach wochenlangem Streit überraschend zurückgetreten. Die von ihm gesäten Zweifel aber bleiben und lassen sich nur mit offener Kommunikation ausräumen. Ein Kommentar von Eric Scherer.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Sympathien Jörg E. Wilhelm in den vergangenen Wochen in der Anhängerschaft des 1. FC Kaiserslautern erworben hat - sowohl für sich als auch für die von ihm präferierte Investorengruppe aus Dubai. Und es ist ebenso erstaunlich, auf wie viel Skepsis der große Rest der Aufsichts- und Beiratsmitglieder von Verein und Kapitalgesellschaft stößt, nachdem am vergangenen Mittwoch die Entscheidung zugunsten einer Investorengruppe regionaler Unternehmer fiel.

Daher sei es nochmal gesagt: Diese Entscheidung fällte ein "vorläufiger Ausschuss", der sich aus aktuellen Gläubigern im Insolvenzverfahren zusammensetzt, und dies einstimmig, wie der gerichtlich bestellte Sachwalter Andreas Kleinschmidt erklärte. Und lediglich "in Abstimmung" mit den FCK-Gremien sowie unabhängigen Sachverständigen. Beide Investorengruppen hatten ihre Offerten zudem persönlich im Gläubigerausschuss vorgestellt. Unterm Strich ist das also ein recht großer Personenkreis, der einen wesentlich tieferen Einblick in die vorliegenden Angebote hatte als der mitfiebernde Fan - und der sich sehr eindeutig positionierte.

Dennoch sehen große Teile der Anhängerschaft die beteiligten FCK-Funktionäre um die Beiräte Markus Merk und Rainer Keßler, Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt sowie Vereinsvorstand Wolfgang Erfurt hauptverantwortlich für dieses Ja zu den "Regionalen". Sie werden verschiedentlich sogar "Verräter" oder "Totengräber" bezeichnet. Weil sie lieber weiter mit den üblichen Verdächtigen kungeln wollen, statt eine vermeintlich "große Lösung" herbeizuführen. So in etwa ist in den Fanforen und Sozialen Netzwerken die Lesart, wie sie auch den Darstellungen entspricht, die Wilhelm wochenlang ohne Absprache mit seinen Amtsbrüdern verbreitete.

Welcher andere Handlungsspielraum blieb den FCK-Räten?

Ja, schlussendlich entscheiden die FCK-Räte, nicht die Gläubiger, über künftige Investoren. Welcher Handlungsspielraum bleibt ihnen jedoch ernsthaft, wenn die Gläubiger erklären, dass der für die Zukunftssicherung dringend notwendige Schuldenschnitt mit ihnen nur mit Investor A, nicht aber mit Investor B möglich ist?

Gerade mal acht Monate ist es her, dass die aktuelle Führungscrew von den Vereinsmitgliedern mit überwältigenden Mehrheiten inthronisiert wurde. Wie hat es ein einzelner, nicht mehr mit den anderen konform gehender Funktionär geschafft, ein solches Misstrauen zu schüren?

Nun, dass der Senator über einiges an Überzeugungskraft verfügt, ließ sich auch schon im analogen Umfeld der Jahreshauptversammlung am 01. Dezember 2019 erleben. Wilhelm vereinte als Aufsichtsratskandidat 1.190 Stimmen auf sich, sozusagen aus dem Stegreif, damit sogar mehr als Rainer Keßler (1.041), aber weniger als Markus Merk (1.545). Zuvor war der Professor, den auch seine Vita als versierten Wirtschaftsjuristen ausweist, nie in Zusammenhang mit dem FCK in Erscheinung getreten. Er punktete vor allem mit seiner hart formulierten Ankündigung, in den Gremien mit Transparenz zu arbeiten und keinem Konflikt aus dem Weg zu gehen.

Wer "Maulkörbe" verteilt, wirkt nicht souverän

Und gerade aufgrund dieses starken Mandats sollte die FCK-Führung nun jetzt nicht den Fehler machen, nach Wilhelms Ausscheiden mit ihrer bislang praktizierten Kommunikationsstrategie weiterfahren zu können. Wer "Maulkörbe" in Form von juristischen Unterlassungsverfügungen verteilt, wirkt nicht souverän, sondern lediglich wie jemand, der Angst hat, gebissen zu werden. Bei aller berechtigten Kritik am Stil von Wilhelms Äußerungen und dem, was Dritte daraus zuspitzend gemacht haben.

"Transparenz" zu schaffen, bedeute nicht, jeden Tag neue Wasserstandsmeldungen abzugeben, erst recht nicht bei einem solch sensiblen Prozess wie einer Investorensuche, hat Markus Merk auf der Pressekonferenz am Mittwoch erklärt. Das ist richtig, aber nun ist die Investorensuche abgeschlossen. Jetzt will die Basis mit Fakten und Argumenten überzeugt werden - davon, dass die Entscheidung für die "Regionalen" tatsächlich so "alternativlos" war, wie Merk es formuliert hat.

Eine für viele Fans brennende Frage ist beispielsweise, ob die beiden vorliegenden Angebote tatsächlich nicht zu "matchen" waren, oder ob man dies FCK-Seite einfach nicht ausreichend versucht hat? Was sind die genauen Hintergründe, die zu dieser doch recht eindeutigen Passage in der Pressemitteilung führten: "Letztendlich stellten die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses heute einstimmig fest, dass ausschließlich die Gruppe der regionalen Investoren die Vorgaben zu Bonitätsprüfung, zu Geldwäsche, zu Compliance sowie zu den Regularien und Statuten des DFB und der Satzung des FCK erfüllen konnte."

Die Zahlen sind bekannt, aber der FCK bestätigt sie nicht

Und selbst wenn diese Probleme mit einer engagierteren Herangehensweise zu klären gewesen wären: War das Angebot der Dubai-Gruppe um Horst Peter Petersen wirklich so attraktiv? Wäre es wirklich die "große Lösung" gewesen? Laut DBB-Informationen wollte sie sich mit einer Zahlung von 16,6 Millionen Euro 75 Prozent der Aktien-Anteile sichern. Damit ging sie von einem wesentlich niedrigeren Vereinswert aus als die Regionalen, die 8,3 Millionen Euro für 25 Prozent zahlen wollen. Auch wenn mit diesem Betrag lediglich das wirtschaftliche Überleben für ein weiteres Jahr gesichert werden kann - der FCK erhält sich so die Option, weitere Anteile erst abzugeben, wenn er sportlich besser dasteht und für Investoren wieder attraktiver geworden ist.

Offiziell bestätigt wurden diese Zahlen noch nicht, obwohl sie starke Argumente für die letzte Woche getroffene Entscheidung darstellen würden. Die FCK-Seite hofft offenbar, den Vertrag noch etwas verbessern zu können, wenn sie sich nicht vorab öffentlich auf die 8,3 Millionen Euro festnagelt. Von Seiten der Kritiker wird genau das Gegenteil befürchtet, jetzt wo kein Konkurrent mehr im Ring steht. Sachwalter Kleinschmidt sprach vergangenen Mittwoch lediglich von "gelassenem Raum für weitere zusätzliche Investoren in der Zukunft". Das geht vielleicht noch konkreter.

Die gegenwärtige Spaltung bleibt auch nach dem Rücktritt alarmierend

Für mehr Klarheit könnte auch ein Statement von Aufsichts- und Beiratsmitglied Martin Weimer sorgen. Der angesehene Finanzexperte war auch nach Wilhelms Darstellungen maßgeblich in die Investorensuche involviert, war jedoch weder im Rahmen der jüngsten Pressekonferenz zu sehen, noch taucht sein Name in den jüngsten FCK-Erklärungen zur Entscheidung für die Regionalen Investoren oder gegen Wilhelm auf.

Überhaupt: Die "Regionalen". Der Senator klagt, sie würden bislang genauso gesichtslos agieren, wie es den Dubai-Investoren vorgeworfen wird. Auch dagegen ließe sich jetzt doch etwas tun, zumal die Namen doch längst bekannt sind: Es handelt sich um die Unternehmer Giuseppe Nardi, Peter Theiss, Klaus Dienes, Dieter Buchholz und Axel Kemmler - allesamt langjährige FCK-Sponsoren. Ist nicht das Alarmierendste an der gegenwärtigen Spaltung, dass sich so viele Anhänger lieber ihnen vollkommen unbekannten Investoren anvertrauen würden, die aus einem fernen Land heraus agieren und bei denen keine emotionale Bindung zum FCK erkennbar ist?

Die Fans sehnen sich nach einem Zeichen vom Verein und den Investoren

Wer die Spannungen und Stimmungsschwankungen im Vereinsumfeld schon länger verfolgt, hegt den starken Verdacht: Große Teile des Anhangs sehnen sich eigentlich nicht nach fremden Investoren, sondern danach, dass der FCK sich endlich von den chaotischen und oft intransparenten Zuständen der vergangenen Jahre befreit. Von daher wäre es nun an den Verantwortlichen und auch den Investoren, für jedermann sichtbare Zeichen zu setzen und neues Vertrauen zu schaffen. Durch klare, offene Kommunikation.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Kohlmeyer

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: Konkrete Angebote von potentiellen Investoren an den FCK
- Chronologie im DBB-Forum: Jörg Wilhelm erklärt seinen Rücktritt von allen FCK-Ämtern

Kommentare 374 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken