Über'n Tellerrand: Zu Besuch bei den Rolling Devils

„Die Fans sind unser sechster Mann“

„Die Fans sind unser sechster Mann“


Beim 1. FC Kaiserslautern wird Fußball gespielt. Nur Fußball? Nicht ganz: Mit seinen Rollstuhlbasketballern, den „Rolling Devils“, hat der FCK eine Abteilung, bei der die Fankultur vom Betzenberg auch in der Halle Einzug findet - und das demnächst in der ersten Liga.

- Fotogalerie: Die Rolling Devils: Rollstuhlbasketball beim FCK

„Es kribbelt“, gibt FCK-Fan André Dambach kurz vor dem Anwurf zum Heimspiel der 1. FCK Rolling Devils gegen den RC Sabres Ulm einen Einblick in seine Gefühlswelt. André gehört zum Fanclub „Freie Supporter Zone“ (FSZ) und war einer derjenigen, die vor zwei Jahren die Betze-Fankultur in die Sporthalle gebracht haben. Heute sind die Fans aus der Westkurve nicht mehr wegzudenken und tragen von der Tribüne aus ihren Teil zum Erfolg der Basketballer bei.

„Die Fans sind unser sechster Mann“, sagt auch Sascha Gergele, Abteilungsleiter der Rollis und zugleich Aktiver in der ersten Mannschaft. „Wir freuen uns über die tolle Unterstützung, die Fußballfans sind bei uns sehr willkommen.“ André Dambach bestätigt das: „Wir haben ein super Verhältnis zum Verein.“ In der Partie gegen Ulm geht es für Spieler und Fans um nicht weniger als den vorzeitigen Aufstieg in die Bundesliga. Ohne Punktverlust haben die Rolling Devils die Saison 2013/14 bisher absolviert und wollen mit einem Sieg gegen den Tabellenzweiten die letzten Zweifel an der Erstklassigkeit beseitigen.

Die Sporthalle der Technischen Universität ist gut gefüllt, über 500 Zuschauer sind da. Im Vorprogramm spielt Komponist Horst Schneider live sein „Betze-Lied“, ein Hauch von Stadionatmosphäre. Oder doch eher eine gelungene Mischung aus Basketball und Fußball: Denn auch die aus der NBA bekannten Jingles nach Korberfolgen dürfen nicht fehlen, doch hier dröhnt beispielsweise Presis „Ole rot-weiß, so laafd die G'schicht“ aus den Boxen und nicht irgendein langweiliger Abklatsch aus dem Fernsehen. Aber auch die aus dem Stadion bekannten Hits werden angestimmt - nur heißt es anstatt „Fußball“ hier eben „So spielt man Ballsport in Lautern“, wenn mal wieder einer der gegnerischen Spieler mit seinem Rollstuhl umkippt.

Rollstuhlbasketball ist eine spektakuläre Sportart. Und eine harte. Wenn die stählernen Rollstühle im Zweikampf mit voller Wucht aneinander knallen, ist das nichts für zarte Gemüter und ganz anders, als es vielleicht der Laie von einem Behindertensport erwartet. Die Rollis sind zwar faire Sportler, aber Rücksicht auf den Gegner oder den eigenen Körper wird im Spiel nicht genommen. Um eine Chancengleichheit zu gewähren, werden die Behinderungen der Spieler in Klassen von 1 (Beine bewegungsunfähig und eingeschränkte oder gar keine Rumpfkontrolle) bis 4,5 (geringe oder gar keine Behinderung) Punkten eingeteilt, für alle fünf Spieler auf dem Feld gilt eine Höchstgrenze von 14,5 Punkten.

„Ein Sportrollstuhl kostet zwischen 3.500 und 7.000 Euro und besteht aus stabilem, gehärteten Aluminium. Jeder Rollstuhl ist maßgeschneidert für den jeweiligen Spieler und wird in Einzelanfertigung hergestellt“, erklärt Sascha Gergele, der die treibende Kraft bei der Entstehung des Rollstuhlsports beim FCK war. Im September 2009 wurden die Rollis zunächst bei den klassischen Basketballern eingegliedert, ehe nach dem rasanten Aufstieg und stetig steigendem Interesse im März 2013 die „Rolling Devils“ als eigene Abteilung innerhalb des 1. FC Kaiserslautern e.V. gegründet wurden. Schon vor dem Aufstieg in die Bundesliga hat der FCK hier eine erstklassige Mannschaft zusammengetrommelt: Mehrere Deutsche Meistertitel kommen bei den Devils zusammen, Serdar Antac gewann mit Galatasaray Istanbul zwei Mal den Champions Cup (vergleichbar mit der Champions League im Fußball), Sebastian Spitznagel und Sascha Gergele waren eine zeitlang als Profis in Italien aktiv. Was die Kunst an dieser Sportart ist? „Den Rollstuhl und gleichzeitig den Ball kontrollieren, das ist gar nicht so einfach“, erklärt Sascha Gergele. Und tatsächlich ist es beeindruckend zu sehen, wie selbstverständlich die Akteure auf dem Parkett mit ihren zwei Sportgeräten umzugehen wissen. Diesbezüglich ist auch erwähnenswert, dass die Spiele auf einem ganz normalen Basketballfeld ausgetragen werden, es also keine speziellen Anpassungen oder gar niedriger hängende Körbe gibt.

Im Match gegen Ulm geht es gleich zur Sache. Von Beginn an kämpfen die Lautrer Basketballer um jeden Meter, haben den Gegner stets im Griff und pushen sich in Wechselwirkung mit dem Publikum. Wenn Pieter Dries, der „fliegende Belgier“, mal wieder mit seinem Rollstuhl gegen einen Gegner knallt oder Spielertrainer Sebastian Spitznagel, der als Center auch in dieser Sportart seine Körperlänge ausspielen kann, den Ball im Korb versenkt, tobt die Halle. Und wenn die Halle tobt, holen die Spieler noch mal ein paar Prozent mehr aus sich heraus. Am Ende wird es zwar noch einmal fast spannend, unter dem Strich steht aber dann doch ein klarer 76:64-Erfolg gegen die Sabres Ulm. Wie selbstverständlich stürmen die Fans aufs Parkett, liegen sich mit den Spielern in den Armen und feiern gemeinsam den Aufstieg in die Bundesliga. Aus den Lautsprechern erklingen FCK-Lieder und Shooting Guard Pieter Dries lässt sich unter dem Gejohle der Zuschauer auf den 3,05 Meter hohen Basketballkorb hieven, um dort das Netz abzuschneiden - ein ganz persönliches Souvenir vom größten Tag in der noch jungen Geschichte der Rolling Devils.

„Der Aufstieg in die Bundesliga war das große Ziel, auf welches wir seit vier Jahren hingearbeitet haben. Alleine der Name 1. FCK gehört einfach in die erste Liga. Wir freuen uns darauf, uns mit den Topvereinen in Deutschland zu messen und die Farben unseres FCK im Oberhaus zu vertreten“, erzählt Abteilungsleiter Sascha Gergele nicht ohne Stolz. „Aber es wird auch eine Herausforderung, vor allem finanziell. Die Auswärtsfahrten werden weiter, man wird auch mal eine Übernachtung einplanen müssen, die Schiedsrichterkosten sind in der ersten Liga höher. Das alles müssen wir über Sponsorengelder oder Spenden quasi selbst finanzieren. Und natürlich brauchen wir auch noch Verstärkungen für unseren Kader. Trotz allem ist der Aufstieg aber eine Riesensache für uns und wir freuen uns auf eine tolle Zeit.“

Noch mehr als sowieso schon wird es in der ersten Liga, wo die Heimspiele künftig in der Sporthalle der Schillerschule ausgetragen werden, auf die Unterstützung der FCK-Fans ankommen. Im Pokal-Derby gegen Frankfurt hatten die Supporter sogar eine kleine Choreographie organisiert, die erste überhaupt im deutschen Rollstuhlbasketball, und damit eine teuflisch gute Atmosphäre eingeleitet. „Da machte sich der Schiri sogar Sorgen, dass er das Spiel abbrechen müsse, weil es so hitzig war“, erinnert sich André Dambach schmunzelnd. Das war natürlich übertrieben und der Schiedsrichter hatte wohl eher schlotternde Knie wegen der Lautstärke und den Emotionen, wie man es eben so kennt beim FCK. Aber handgreiflich wird hier niemand. Bei den Rolling Devils sind die Fans voll akzeptiert und es herrscht eine familiäre Atmosphäre zwischen Anhang und Spielern. Längst ist die FSZ nicht mehr der einzige Fanclub beim Rollstuhlbasketball, so dass mit den „Rolling Devils Supporters“ mittlerweile eine eigene Gruppe gegründet wurde.

André über das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Halle: „Wir haben hier ein super Verhältnis zum Verein und die Stimmung ist immer gut. Wir haben uns angepasst, aber auch aus dem Fußballstadion einige Elemente mitgebracht. Und selbst wenn wir für diese Sportart eher ungewöhnliche Gesänge anstimmen wie 'Steht auf, wenn ihr Lautrer seid', ist das kein Problem - ganz im Gegenteil, wir halten zusammen und können auch über uns selbst lachen.“ Und das nicht nur zuhause, sondern auch auswärts: Beim Derby in Heidelberg sorgten letzte Saison mehrere Dutzend FCK-Fans für Aufsehen und selbst nach Salzburg (Österreich) mussten die Rolling Devils Anfang Februar nicht ohne Unterstützung reisen.

In der ersten Bundesliga kommt es für die Rolling Devils nun unter anderem zum Kräftemessen mit der weltbesten Mannschaft in dieser Sportart, dem Serienmeister RSV Lahn-Dill. Und zum Derby gegen die Dolphins Trier, mit denen eine Fanfreundschaft besteht und die den Rollstuhlbasketballer Deutschlands, Nationalmannschaftskapitän Dirk Passiwan, in ihren Reihen haben. Zuvor steht aber am kommenden Sonntag um 15:00 Uhr (Sporthalle der Technischen-Universität KL, Paul-Ehrlich-Straße Geb. 28, 67663 Kaiserslautern) das abschließende Saisonspiel gegen die zweite Mannschaft des RSV Lahn-Dill an. Die „Rolling Devils Supporters“ haben zu dieser Partie erneut eine Choreographie geplant und würden sich ebenso wie die ersten Lautrer Aufstiegshelden im Jahr 2014 über eine erneut tolle Unterstützung von den Rängen freuen.


Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Devils-Homepage: Die offizielle Internetseite der Rolling Devils
- News und Videos: Die Rolling Devils bei Facebook
- Infos für Fans: Die Rolling Devils im Diskussionsforum von „Der Betze brennt“
- Von A bis Z: Die Rolling Devils bei Wikipedia

Kommentare 14 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken