Kummt Senf druff

Ein halbes Dutzend Gründe für die neue (alte) FCK-Krise

Ein halbes Dutzend Gründe für die neue (alte) FCK-Krise


Nach dem 0:1 des FCK beim Tabellenletzten Cottbus herrscht Ratlosigkeit in der Pfalz. „Die Ergebniskrise ist zu einer wirklichen Krise ausgewachsen“, heißt es in der Rheinpfalz. DBB-Autor Marky ist auf die Suche nach Gründen gegangen.

„Ein Verhalten im Diskurs, bei dem das bloße Nennen von bekannten Namen an die Stelle einer inhaltlichen Begründung des eigenen Standpunktes tritt“, wird als Namedropping bezeichnet. Ziel des Verwenders ist es, „die eigene Argumentation zu unterstützen und das Gewicht der eigenen Argumente zu stärken, indem die Fachkompetenz Dritter ohne weiteren inhaltlichen Bezug zu deren Werk in Anspruch genommen wird“. Dem Gegenüber soll ein Gefühl der eigenen Überlegenheit durch den in Anspruch genommenen Wissensvorsprung vermittelt werden.

Wenn man sich die Transfers des FCK in letzter Zeit anschaut, dann können die Namen durchaus imponieren, sie unterstreichen und betonen die vermeintliche Qualität der Einkaufspolitik: Idrissou, Bunjaku, Köhler, Löwe, Torrejon, Baumjohann, Hoffer, Occean, Matmour und aktuell Ede und Lakic. Sie lassen gegnerische Trainer haufenweise Sätze raushauen, wie: „Mit diesem Kader ist der FCK Topfavorit auf den Aufstieg“ oder der Spieler X sei Wettbewerbsverzerrung.

Idrissou, Hoffer und Köhler zum Beispiel haben im Aufstiegsjahr von Eintracht Frankfurt tatsächlich einen Großteil der Tore erzielt. Aber entscheidend für die glänzende Saison der Hessen war der Eintracht-Oberkämpfer Alex Meier, an dem sich die anderen orientierten und hochzogen. Oder das hervorragende Mittelfeld mit Schwegler und den Rohdiamanten Jung und Rode. Sie alle sollten in der Folge eine erstaunliche Bundesligasaison spielen. Hoffer, Köhler und Idrissou wurden von Trainer Veh aussortiert.

Der FCK griff zu. Was sollte mit Idrissou schief gehen, dem Mann mit der eingebauten Aufstiegsgarantie, der aber auch nicht jünger wird und neben großem Torhunger ein noch größeres Ego mit sich bringt. Das kann gut gehen, wenn es neben Idrissou noch andere Größen in einer Mannschaft gibt, wie in Frankfurt. Aber wehe dem, der von Form und Laune des hoch gewachsenen Angreifers abhängig ist. Und das ist der 1. Fußball-Club Kaiserslautern bis heute.

Kollege Occean war mal Torschützenkönig in Fürth, ein Verein, der von seiner ganzen Struktur und seinem Umfeld nicht mit dem FCK zu vergleichen ist. Er kam als ein Häufchen Elend, sein Bundesligajahr in Frankfurt war ein Alptraum. Für viel Aufsehen sorgte auch Winterneuzugang Lakic. Nur, was Occean einmal erlebt hat, ist dem Kroaten dreimal widerfahren. Hintereinander.

Beim letzten Aufstieg unter Trainer Kurz geriet keiner bei Namen wie Sam und Ilicevic schon im Vorfeld ins Schwärmen. Ja, die Experten prophezeiten dem FCK eine holprige Saison. Es kam anders.

Andauernde Führungsschwäche: Dass der FCK mit Kurz aufstieg, lag auch an der kongenialen Flügelzange Sam und Ilicevic, aber vor allem daran, dass das Team eine klare Struktur hatte, mit Amedick als Anführer. Als dieses Gefüge gesprengt wurde und Tiffert das Kapitänsamt übernehmen musste, begann das Dilemma. Es folgten viele Versuche, als gelungen kann man sie allesamt nicht bezeichnen. Kurz-Nach-Nachfolger Foda führte sogar die Kapitäns-Rotation ein. Es sollte eine seiner letzten Entscheidungen sein.

Nun trägt Marc Torrejon die Binde. Der Spanier ist ein Ausnahmeverteidiger in der Zweiten Liga. Aber kann er mit seiner Präsenz eine Mannschaft mitreißen? In guten und vor allem in schlechten Zeiten? Wenn man an Aue und Cottbus denkt und an die Heimspiele gegen Düsseldorf, Paderborn und Aalen. War da überhaupt eine Hierarchie in der Mannschaft zu erkennen?

Wie kann es sein, dass bei dem ersten Gegenwind, dem ersten Negativerlebnis, das ganze Kartenhaus zusammenbricht. Wie kann es sein, dass in der laufenden Saison nur einmal ein Spiel nach Rückstand gedreht werden kann. Und dann noch von einem Mann, der auf keine schillernde Vita verweisen kann. Der aber einfach auf den Betze passt. Der seine Position tadellos ausfüllt. Der bei jedem Charaktertest besteht. Der die Antworten auf dem Platz gibt: Simon Zoller. Seine Verletzung wiegt mindestens genauso schwer wie die Torflaute von Idrissou.

Große Sprüche (wenig dahinter): Sie haben dem FCK in seiner Geschichte weder gut gestanden noch viel Glück gebracht. Neuerdings sind sie trotzdem auf Spielankündigungsplakaten zu lesen, fallen in Pressekonferenzen vom Trainer oder von Spielern selbst. All das führt dazu - inkl. die angesprochen prominenten Namen im Kader - dass Spiele gegen Kaiserslautern für gegnerische Teams Pokalcharakter bekommen. Oft wird von deren Trainern nach den (oft siegreichen) Partien dann ein Vokabular benutzt, dass früher auch FCK-Übungsleiter gerne verwendeten. Man habe den Gegner niedergekämpft, ihm die Stirn geboten, keine Chance gehabt, aber die genutzt.

In seinen besten Zeiten war es unter der Woche auf dem Betzenberg verdächtig ruhig. Ja, man machte sich dort fast kleiner als man tatsächlich war. Doch es war die Ruhe vor dem Sturm. Am Wochenende fielen Spieler und Fans über den Gegner her. Ähnlich verhalten sich jetzt Teams wie Aue, Cottbus, Aalen oder Paderborn.

Dünnes Fell: Die vergangenen Jahre haben kräftig an den Nerven gezerrt. Man ist dünnhäutig geworden. Oben am Betze. So lobte ein Foda mal vor versammelter Presse die Fans aus Köln, die ihre Mannschaft feierten, obwohl der FC gerade 3:0 im Fritz-Walter-Stadion verloren hatte. Und auch ein Stefan Kuntz wunderte sich im vergangenen Jahr am TV-Mikro über die angeblich ausbleibenden Beifallsstürme, ob der gerade geschafften Relegation in Regensburg. Es ließen sich weitere Beispiele anführen...

Auf den sozialen Kanälen versucht man, sich mitunter eine eigene heile Welt zu schaffen. Und drückt das ein oder andere Mal zu oft die Löschtaste (freilich auch manchmal berechtigt!). Dabei sind gerade Plattformen wie Facebook dazu da - und zwar ausschließlich - sich der Kritik zu stellen, auf sie einzugehen. Zuzuhören. Zu antworten. Es geht hier vor allem um das „Empfangen“ - „senden“ und sich in Szene setzen kann man auch auf seiner Homepage, seiner Marketingbühne.

Der Verein sollte die Foren und Facebook als Chance zur Interaktion begreifen. Und nicht als Bedrohung. Wo kann man besser der Basis lauschen als dort.

Kontinuität war einmal ein FCK-Erfolgsrezept. Neuerdings wird munter durchgemischt. Trainer, Spieler, Kapitänsbinden, Spielsysteme. Auch Trainer Runjaic hat sich offenbar von dieser Unruhe, die im Verein mittlerweile systemimmanent zu sein scheint, anstecken lassen.

Warum im Trainingslager intensiv ein 4-2-3-1 mit einem Fortounis auf der Zehn erprobt wird und dieser Plan nach nur einem Spiel verworfen wird und Fortounis in der Folge gar auf der Tribüne landet, ist da nur eine Auffälligkeit; eine andere, warum man überhaupt vom eigentlich erfolgreichen 4-4-2-System der Vorrunde abgerückt ist. Wegen einer schlechten Halbzeit gegen Düsseldorf? Wo man doch nach der guten ersten eigentlich schon drei zu eins führen musste? Wegen eines 0:1 gegen Paderborn? Bei dem der Mannschaft nicht nur Durchschlagskraft, sondern auch Selbstbewusstsein fehlte.

Im Moment kann keiner voraussagen, wer die „Sechser“ gegen Sandhausen sind, ob Gaus auf der linken offensiven Seite eine weitere Chance bekommt, wer stürmt, wer das Innenverteidiger-Pärchen bildet. Alles nicht ganz unwichtige Positionen.

Dabei meinte dann doch gerade mit Runjaic einen Coach gefunden haben, der einem festen Stamm von Spielern vertraut, der einen festen Plan hat. Was zum Teufel hat ihn davon abkommen lassen...

Ein Fall für die Couch sind die Fans von Kaiserslautern - nach all den Traumata in den letzten Jahren, die tiefe Spuren hinterlassen haben. Doch für Vergangenheitsbewältigung bleibt kaum Zeit. Kapitel um Kapitel füllt sich in der rasant voranschreitenden total, total verrückten FCK-Geschichte.

Zuletzt haben die großen Fangruppen ein neues Banner in der Westkurve ausgerollt. „Bastion Betzenberg“ ist darauf zu lesen. Bei der Erklärung der Spruchwahl ist man rückwärtsgewandt, stützt sich auf die glorreiche Vergangenheit. Doch die Gegenwart ist grau. Zur Banner-Premiere gibt es ein 1:2 gegen Aalen. So trostlos und blutleer wie das Spiel: die Atmosphäre auf den Rängen. Dabei versuchen Schiedsrichterin Steinhaus und der schauspielerisch hochbegabte Gegner alles, um den Betze aus dem Tiefschlaf zu reisen. Als der Wut-Pegel ansteigt, Hass und Liebe klar zu trennen scheinen, wird in Lauterns berüchtigster Kurve „... wollen Lautern oben sehen“ angestimmt. Schon länger kocht jedes Grüppchen sein eigenes Support-Süppchen. Beim Lästern über den Vorsänger wird mehr Energie verbraucht als beim Anfeuern und Auspfeifen (des Gegners).

Neben dem Selbstverständnis hat man auch sein Selbstbewusstsein verloren. Das Vertrauen in die ureigene Stärke. Nach dem Heimspiel gegen Union Berlin fragte ein Fan aus der Hauptstadt, warum es auf dem Betze trotz des 1:0 in der zweiten Halbzeit so leise geworden sei. Die Antwort „Aus Angst, den Ausgleich zu kassieren“, schien sein Weltbild zu sprengen. Er kann nichts wissen von den Höllenqualen des jüngsten Bundesligaabstiegs, das den Mythos des Vereins schwer wanken ließ. Von der Entfremdung der Anhänger. Es heißt so schön, der Funke müsse vom Platz auf die Tribüne überspringen, von den Spielern auf die Fans. Beide scheinen momentan auf Deutschlands höchsten Fußballberg um Welten voneinander getrennt. Dabei kann das System FCK nur als Einheit funktionieren.

Wir übergeben das Mikro an Euch - was sind für Euch die Gründe, warum der FCK in „schwere See“ geraten ist, wie es in der „Nachlese“ auf der Vereinshomepage heißt.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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