Über'n Tellerrand: Athlelic Club Bilbao

Der stolze Underdog aus dem Baskenland

Der stolze Underdog aus dem Baskenland

Foto: Alberto Varela

In der Rubrik „Über'n Tellerrand“ blicken wir auf Themen, die über das Geschehen am Betzenberg hinausgehen. Heute stellt Gastautor Zizou91 einen Verein vor, der als Underdog in Spanien durchaus Parallelen zum FCK aufbietet: Den Athletic Club aus Bilbao.

27. August 2010, Betzenberg, ausverkauftes Haus. Gerade hat der 1. FC Kaiserslautern als krasser Außenseiter den amtierenden Meister und Pokalsieger Bayern München mit 2:0 aus dem Stadion geputzt. Und das, obwohl die Gegensätze eigentlich nicht viel extremer sein können. Vergleicht man den Etat, vergleicht man die Einwohnerzahl, die einzelnen Spieler und vor allem die finanziellen Möglichkeiten beider Vereine... man könnte diese Liste beliebig weiterführen.

So oder so ähnlich dürfte es ziemlich oft auch einem anderen Traditionsverein ergehen. Anderes Land, andere Liga, gleicher Sport, ähnliches Bild. Die Rede ist von einem Verein aus dem Baskenland Spaniens, dem Athletic Club aus Bilbao.

Auch wenn Bilbao eine der zehn größten Städten Spaniens ist (ca. 900.000 Einwohner) und auf den ersten Blick keine großen Nachteile haben dürfte, so ist es doch anders, als es scheint.

Denn den größten Wettbewerbsnachteil verschaffte der Verein sich selbst. Weil er eben nicht wie die anderen ist - man möchte sich abgrenzen, man ist anders. Für diese Menschen ist der Verein der Stolz der Region, ihres Baskenlandes, das schon seit etlichen Jahrzehnten darum kämpft, als eigenständiges Land anerkannt zu werden.

So hat sich Athletic Bilbao auferlegt, nur Spieler einzusetzen bzw. zu verpflichten, die entweder aus dem Baskenland stammen oder in der Jugend eines Fußballklubs aus den besagten Provinzen ausgebildet wurden.

Rund 2,7 Millionen Einwohner stellt das Baskenland. Wenn man dies in Relation setzt, wäre das ungefähr so, als würde der FCK nur Spieler einsetzen, die aus Rheinland-Pfalz (ca. vier Millionen Einwohner) stammen oder in rheinland-pfälzischen Vereinen ausgebildet wurden, während andere Klubs etliche Millionen für Spieler aus dem Ausland bezahlen. Dies nur zur Verdeutlichung.

Darüber hinaus gelang es Athletic Bilbao - die sogar mal von Jupp Heynckes trainiert wurden - bis 2008 ohne Trikotwerbung durchzuhalten. Was von Vereinen wie Real Madrid und dem FC Barcelona jahrelang praktiziert und mittlerweile ebenfalls aufgegeben wurde, stellte auch für die stolzen Basken eine Ehrensache dar.

Welcher Erfolg trotzdem erreicht wurde, ist erstaunlich: Seit Gründung der spanischen Liga im Jahr 1928 spielt Bilbao ununterbrochen erstklassig, gewann acht Mal die Meisterschaft, 24-mal (!) den spanischen Pokal, den Copa del Rey, und steht in der ewigen Tabelle auf dem dritten Platz hinter den beiden wohl größten Vereinen der Welt.

Momentan ist jedoch Geduld gefragt, denn der letzte Titelgewinn liegt fast genau 20 Jahre zurück. Kein Wunder wenn fast alle Neuzugänge Spieler aus der eigenen Jugend sind. Allerdings ist die Mannschaft im Aufwind. So stand sie 2011/12 im Finale der Europa League und momentan in der Liga hinter dem großen FC Barcelona und den beiden Klubs aus Madrid auf Rang 4.

Beachtlich, wenn man bedenkt, dass der Verein ständig Leistungsträger abgeben muss - die er meist noch selbst ausgebildet hat - da er auf die Millionen der Spielerverkäufe angewiesen ist.

Jüngste Beispiele dafür sind Bayerns 40-Millionen Mann Javi Martinez oder der zu Juve abgewanderte Top-Torjäger Fernndo Llorente. Aber auch andere Spieler trugen das Trikot der Basken, die wohl dem ein oder anderen noch ein Begriff sind: Andoni Zubizaretta, Bixente Lizarazu, Aitor Karanka, Julen Guerrero oder auch Joseba Exteberria, um nur einige zu nennen. Als größtes Talent momentan gilt Iker Munian, der sogar schon mit 16 Jahren in der ersten Mannschaft debütierte.

„Ein einziger Titel mit Athletic ist genauso viel wert wie zehn Titel mit Real Madrid!“ Diesen Satz gab Julen Guerrero von sich, nachdem er Mitte der 1990er Jahre mehrere Millionenangebote aus ganz Europa ausschlug und dann einen Zehnjahresvertrag (!) bei Bilbao unterschrieb. Er sollte niemals für einen anderen Verein spielen.

Joseba Exteberria, weitere Athletic-Legende, verdeutlicht noch mehr die Verbundenheit zu diesem Klub. Aus Dankbarkeit, aus Loyalität, ja sogar aus Liebe zu diesem Verein spielte er seine letzte Saison 2009/10 komplett ohne Gehalt. Auch er spielte erstmals mit 17 Jahren für Bilbao und sollte nie mehr für einen anderen Verein spielen.

Für mich sind diese Spieler Legenden und mit solchen gelingt es immer mal wieder, dem ein oder anderen „Großen“ ein Bein zu stellen. Womit irgendwie auch wieder der Bogen zum 1. FC Kaiserslautern gespannt wäre. Das sind Geschichten, die nur der Fussball schreibt.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Zizou91

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