Über'n Tellerrand: Sicherheitsgipfel in Berlin

Gegen Gewalt - Für Dialog

Gegen Gewalt - Für Dialog


Neben der Vorbereitung unseres 1. FC Kaiserslautern treibt derzeit noch ein anderes Thema viele Fußballfans um: Die geplanten neuen Sicherheitsmaßnahmen von DFB/DFL und der Politik. Diese sollen am Dienstag in Berlin mit Innenminister Hans-Peter Friedrich und den Klubverantwortlichen der drei Profiligen besprochen werden. Name der Veranstaltung: „Für Fußball - Gegen Gewalt“.

Suggeriert wird mit dieser Einladung , dass sich im Fußball eine zunehmende Bedrohung durch Gewalt etabliert. Dies sieht unter anderem die Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte als unzutreffend an. Schließlich beweisen nicht zuletzt die Zahlen der Polizei, genauer der „Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS), das Gegenteil: Die Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen sind rückläufig! Der Eindruck der zunehmenden Gewalt rund um Fußballspiele kommt vielmehr zustande durch irrsinnige, teils geradezu satirische öffentliche Diskussionen in Zeitungen und Talkshows, wie sie zuletzt im Mai rund um die Vorfälle in Düsseldorf, Karlsruhe und Köln zu vernehmen waren. Vermeintliche Fußballexperten, die sich beim Stadionbesuch höchstens auf den Wegen von der Tiefgarage zu den besseren Plätzen auskennen, reproduzierten ein Bild der Angst und erzeugten einen öffentlichen Druck, der mit der Realität in den Stadien nichts mehr zu tun hat. Wer schützt eigentlich uns Fans vor solchen Leuten?

Fußballfans sind beim Sicherheitsgipfel in Berlin jedenfalls nicht eingeladen. Eine lösungsorientierte Diskussion auf Augenhöhe mit den Betroffenen ist weiterhin nicht vorgesehen, obwohl Innenminister Friedrich noch vor wenigen Monaten richtigerweise betont hatte: „Der Dialog mit den Fans ist ein Schlüsselfaktor, um des Problems Herr zu werden.“ Stattdessen werden nun hinter verschlossenen Türen Beschlüsse gefasst und wohl in erster Linie noch härtere Repressionen präsentiert, obwohl dieses Drehen an den Daumenschrauben doch schon seit Jahren eher das Gegenteil dessen bewirkt, was eigentlich erreicht werden soll. Hunderte Fanvertreter und -experten haben sich bereits den Mund fusselig geredet, dass die zweifellos bestehenden Probleme nicht mit immer noch heftigeren (Kollektiv-)Strafen oder wahnwitzigeren Kontrollmechanismen zu lösen sind.

Hinzu kommt, dass von Funktionären sowie Medien weiterhin Themen wie Pyrotechnik, Emotionen und tatsächliche Gewalt in einen Topf geworfen werden. Immerhin hat Innenminister Friedrich das angedrohte Stehplatzverbot kurz vor dem Sicherheitsgipfel wieder zu den Akten gelegt, nicht jedoch ohne gleich die nächste Drohung auszusprechen: „Dass dies so bleibt, haben die Fans selbst in der Hand.“ Fanvertreter befürchten nun, dass mit solchen Aussagen ein Keil zwischen die vielen hunderttausend Anhänger getrieben werden soll, die jedes Wochenende die Stadien der Republik bevölkern. Selbstredend wird damit eher Unfrieden gestiftet als zur Beruhigung der Situation beizutragen. Abgesehen davon, dass bei näherem Betrachten schnell auffällt, dass überhaupt kein Zusammenhang zwischen Stehplätzen und tatsächlichen Ausschreitungen sowie sonstigen „Ungehorsam“ besteht.

Die Fans haben reagiert und laden, wie bereits auf dem Berliner Fankongress im Januar 2012 geschehen, nun selbst ein. In unmittelbarer Nähe zum Tagungsort des Sichterheitsgipfels findet am Dienstag ein Expertengespräch statt, bei dem Politikern, Funktionären und Journalisten die eigenen Konzepte und Ideen der Fußballanhänger vorgestellt werden sollen. Organisiert wird diese Veranstaltung von den „ProFans“, „Unsere Kurve“, der Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte. „Unsere Türen stehen offen“, unterstreicht Jakob Falk von „ProFans“ die weiterhin vorhandene Gesprächsbereitschaft seitens der Anhänger.

Der Sicherheitsgipfel des Innenministers ist indes nur für wenige Stunden angesetzt. Wie sollen in so kurzer Zeit brauchbare Lösungen für höchst komplexes Themen gefunden werden? Und dann auch noch ohne diejenigen, die wirklich Ahnung von der Materie haben? Hoffen wir, dass sich die gruseligen Szenarien, die in den letzten Tagen und Wochen gefordert wurden, nicht durchsetzen. Schön wäre auch, wenn die Vereine sich für ihre Fans stark machen und die populistischen Sicherheitsfanatiker in ihre Schranken weisen. Sonst ist es bald vorbei mit der unvergleichlichen Stadionatmosphäre in Deutschland.

Für den Erhalt der Fankultur!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: connavar

Weitere Links zum Thema:

- ProFans: Sicherheitsgipfel wieder ohne Fans - Fans aber weiter gesprächsbereit
- Fananwälte: Zahl der Straftaten ist rückläufig - Vorwurf eines „Kuschelkurses“ ist abwegig

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