Nach dem verdienten 4:0 des 1. FC Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden gab es Applaus und eine Schal-Parade für die Mannschaft. Doch die FCK-Protagonisten - auf und neben dem Platz - sollten dies nicht als Bestätigung ihrer Saisonarbeit betrachten. Warum am Betze jetzt guter Rat teuer ist, hat DBB-Autor Marky aufgeschrieben.
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Vor gut einem Jahr hat der 1. FC Kaiserslautern sein letztes Heimspiel der Saison gegen Hoffenheim bestritten. Als klar war, dass ihr Club nicht aufsteigen würde, hoben fast 50.000 FCK-Fans ihre Schals in die Höhe und sangen „Ole rot-weiß“, bis weit nach Spielende. Es war eine trotzige Liebeserklärung. Aus tiefstem Herzen. Treu bis in den Tod, egal, was kommt. Und eine Abgrenzung gegen den Gegner.
Irgendwann fanden sich Spieler und weitere Verantwortliche vor der Westkurve ein - es wurde hoch emotional. FCK-Trainer Franco Foda drückte wenig später in einem TV-Interview seine Gefühle in etwa so aus: Als er vor der Saison gekommen sei, sei der Betze ein Berg der Tränen gewesen, jetzt würden die Fans ihre Mannschaft feiern.
In jener Spielzeit gab es viele Missverständnisse zwischen Team, Verantwortlichen und Fans - aber dies war eines der größten. Und es besteht Anlass zu der Vermutung, dass Foda (und auch noch andere Entscheider?) dies während der Vorbereitung und zu Beginn der aktuellen Saison dachten.
Zweite Liga - Lautern ist weiter dabei
Viele Schals und warmen Applaus gab es nach dem Schlusspfiff auch an diesem sonnigen Sonntag, an dem der FCK sein letztes Heimspiel der Saison gegen Dynamo Dresden bestritt. Und 4:0 gewann. Das positive Feedback kam, obwohl ziemlich sicher feststeht, dass der Betzenberg auch in der kommenden Saison wieder Zweitligaspiele erleben wird. Nur, die FCK-Protagonisten - auf und neben dem Platz - sollten einen Teufel tun, dies als Bestätigung ihrer Saisonarbeit zu betrachten.
Die Mannschaft hat gegen Dresden ein überzeugendes Heimspiel gemacht, so viele Chancen wie lange nicht herausgespielt, sauber und kompromisslos verteidigt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Hätte der Sohn von Ulf Kirsten nicht so einen Sahnetag erwischt, hätten auch sieben oder acht Tore fallen können. In der zweiten Halbzeit spielten die Lauterer konsequent auf das 2:0, das Idrissou dann auch per Elfer (plus rote Karte für den Dresdner Grifo) erzielte. Klasse, das 3:0 und wohl letzte Heimtor des Kameruners, per Kopf nach feiner Flanke von Jean Zimmer. Kosta Runjaic hatte Idrissou zunächst für Srdjan Lakic auf der Bank gelassen, der (wieder) kaum einen Zweikampf gewann und einmal frei vor dem Tor jämmerlich scheiterte. Den Schlusspunkt setzte schließlich Kevin Stöger per Schuss in den Winkel. Den Dresdnern muss man zugute halten, dass das Spiel am Betze für sie eigentlich nur ein Vorgeplänkel war für das Abstiegs-Endspiel gegen Arminia Bielefeld am kommenden Wochenende. Da durfte sich keiner verletzen oder noch eine unnötige Sperre einfahren. So ärgerten sich die Sachsen auch mehr über den Platzverweis als über die vielen Gegentore. Ihre Fans fielen in der zweiten Halbzeit nur durch ein Spruchband auf, in dem sie sich über die feige Zombie-Attacke auf die Stadtbusse auch noch lustig machten. Hat das hohe (Fußball-)Gericht noch Fragen? Nein?
Jetzt ist guter Rat teuer
Weit mehr Fragen werden auf die FCK-Macher nach dem Saisonausklang in Düsseldorf zukommen. Es soll alles auf den Prüfstand gestellt werden - außer dem Trainer. Wieder einmal stehen die Zeichen auf Großreinemachen. Da ist guter Rat teuer. Doch Kuntz & Co. sollten diesmal keine Kosten und Mühen scheuen, sich diesen Rat einzuholen und ihn anzunehmen. Alleine haben sie es zuletzt nicht geschafft, die Fragen zu beantworten.
Im März nach dem verlorenen Spiel in Cottbus hat das Team von „Der Betze brennt“ ein halbes Dutzend Gründe für die neue (alte) FCK-Krise aufgeschrieben. Es ging um Name-Dropping bei der Kaderplanung, um Führungsschwäche, um mangelnde Kontinuität. Die Gründe gelten auch zwei Monate später. Der Fehler hat System. Der Fehler liegt im System.
Simon Zoller, der Spieler der Saison, hat in dieser Woche gesagt, dass der Sieg gegen Leverkusen und die darauf folgende Niederlagen in Aue das Gefüge durcheinander gebracht hätten. Auch unter Foda gab es diese Extreme, fiel das komplette Selbstbewusstsein nach nur einem Misserfolg in sich zusammen. Noch breiter war die Brust unter Nachfolger Runjaic. Doch nach einer dummen Niederlage in Dresden lagen die Nerven wieder völlig blank. Nicht nur auf dem Rasen, sondern auch auf den Tribünen. Hat der desaströse Erstligaabstieg alle dermaßen entnervt?
Desillusionierte Fans
Bei den Anhängern trifft im Mai 2014 auch die Beschreibung „desillusioniert“ zu. Glut ist zwar immer noch verhanden - sie war besonders heiß in der Woche vor Ostern, mit Ruben Jenssen, mit Jean Zimmer (siehe Artikel „Der Weg“) - aber es knistert nicht mehr. Und das ist besorgniserregender als der wahrscheinliche Weggang von Zoller. Die Zuschauerzahlen gehen zurück. Wann fand zuletzt das letzte Saisonheimspiel vor nur 30.000 Zuschauern statt? Es sind doch keine 20.000 wegen der Dresdner Chaoten zu Hause geblieben...
Und die Leute nehmen sich ihre FCK-Auszeit nicht, weil ihre hohen Erwartungen nicht befriedigt werden. Es geht um Selbstschutz und darum, dass sich der FCK immer weniger nach FCK anfühlt. Es geht um Identifikation, es geht um Leidenschaft, um Herz, um Wille, um Verstand, um Plan. Von allem ist zu wenig da.
Zu wenig, um jemand hinter dem Ofen vorzulocken. Zu wenig, um jemand mitzureißen. Zu wenig, um Ziele zu erreichen. Zu wenig, um nach oben zu kommen. Zu wenig, im Vergleich mit Köln, mit Paderborn, mit Fürth.
Nein, die FCK-Protagonisten sollten den stürmischen Applaus nach dem 4:0 gegen Dresden nicht falsch verstehen. Das wäre fatal. Nach Party ist derzeit am Betze niemandem zumute.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky