Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-Köln

Die DBB-Analyse: Vom Knipsen und anderen Qualitäten

Die DBB-Analyse: Vom Knipsen und anderen Qualitäten


Mit einem 4:0 bei Fritz-Walter-Wetter verbeugt sich das Team des 1. FC Kaiserslautern vor Horst Eckel. Doch die Partie gegen Viktoria Köln nährt nicht nur Mythen, sie beschert auch neue Erkenntnisse in der Diskussion um den fehlenden "Knipser".

Vergangene Woche war sie wieder einmal aufgebrandet. Beim 0:0 gegen Borussia Dortmund II ließ der FCK mehrere Großchancen aus. Die dickste davon versemmelte Mittelstürmer Daniel Hanslik, auch wenn im Anschluss mehr über den Last-Minute-Fail von Marlon Ritter gesprochen wurde. Und schon wurden in Fan-Diskussionen wieder Rufe laut nach dem berühmten "Knipser", der im Kader fehle, um in dieser Saison tatsächlich oben anzugreifen. Das habe nicht nur das Dortmund-Spiel gezeigt, dafür sprächen auch die erst 21 Treffer, die das Team nach 17 Spieltagen erzielt hatte - so wenige wie kein anderes der oberen Tabellenhälfte.

Vergessen wurde bei dieser Argumentation: Die mager anmutende Torausbeute resultierte aus einem schwachen Saisonstart. In den ersten sieben Partien erzielten die Roten Teufel nur vier Treffer. Nach der 0:1-Niederlage in Magdeburg aber war es zu einer einschneidenden Zäsur gekommen, bei der Coach Marco Antwerpen die Mannschaft radikal neu ordnete. Seither hat der FCK 24 Punkte geholt, so viele wie kein anderes Team der Liga. Und verzeichnet in diesen elf Partien ein Torverhältnis von 21:3. Nur Magdeburg und Braunschweig trafen in diesem Zeitraum öfter. Und mit nur drei Gegentreffern lässt Lautern ohnehin sämtliche Wettbewerber weit hinter sich.

Hanslik kann knipsen, muss es aber nicht, um wertvoll zu sein

Schon klar: So richtig auf Hochglanz poliert worden ist die Statistik erst mit diesem 4:0 am Samstagnachmittag. Mal eingeworfen werden in die müßige "Knipser"-Diskussion darf sie dennoch. Und Hanslik? Machte gegen Köln gleich zwei Buden. Doch auch das sei gleich gesagt: So wenig angezeigt es war, Hanslik nach seiner vergebenen Torchance in Dortmund zur Graupe hochzustilisieren, so wenig angebracht ist es nun, ihn zum Heilsbringer zu verklären, der die "Knipser"-Frage damit nun aus der Welt schaffte.

Richtig ist: Hanslik ist Teil eines zurzeit insgesamt gut funktionierenden Offensivspiels, in dem er mit seinen nunmehr vier Saisontreffern gar nicht mal unbedingt "Knipser"-Quoten erfüllen muss. So beweglich, wie er agiert, schafft er immer wieder Räume für andere, und auch im Spiel gegen den Ball arbeitet er präziser als die Mittelstürmer-Konkurrenz im Kader.

Richtig bleibt ebenfalls: Hanslik entspricht nicht unbedingt dem Typus der "Kante", die gegebenenfalls ins Getümmel geworfen werden muss, wenn es gilt, einen Rückstand auszugleichen. Die aber nicht gebraucht wird, solange man selber in Führung liegt und das Spiel von hinten raus kontrollieren kann. So, wie es der FCK am Samstag schon nach fünf Minuten tun durfte.

Wie zu Hotic-Zeiten: Ecke aufs kurze, Verlängerung aufs lange Eck

Wobei neben Hanslik auch Lauterns zweiter Stürmer hervorzuheben ist. Kenny Redondo war in der Startelf geblieben, obwohl René Klingenburg zurückkehrte. Doch der übernahm die Achterposition des erkrankten Felix Götze. Redondo durfte die Rolle der versetzt agierenden Sturmspitze behalten, die aus dem Zentrum heraus mal nach links, mal nach rechts ausbricht. Und darin knüpfte er an die Leistung an, die er vor zwei Wochen gegen Wiesbaden gebracht hatte.

Redondo war es auch, der schon nach vier Minuten die Ecke herausholte, die zum 1:0 führte. Wenngleich erst nach einem zweiten Ball und einem abgeblockten Schussversuch Ritters, der vor den Füßen Hansliks landete. Ob die Statistiker diesen nun als "Treffer nach Standard" führen, bleibt ihnen überlassen. Keinen Zweifel gibt es dagegen an Philipp Herchers Bude eine Viertelstunde später: Ecke Mike Wunderlich aufs kurze Eck, Kevin Kraus verlängert aufs lange, Hercher bedankt sich - so werden Standard-Tore schon seit Demir Hotics Zeiten gemacht, wie der uns unlängst im DBB-Interview verriet.

Die Ecke hatte übrigens Hanslik herausgeholt. Ein weiterer Beleg: Stürmer müssen nicht immer selbst treffen, um von Wert zu sein.

Entspannt in die Seile: Die Vierer- wird zur Fünferkette

Mit dem komfortablen Vorsprung durfte der FCK sich nun in die Seile hängen. Abwarten, was dem Gegner so einfällt und entspannt auf die Chance zum nächsten Schlag warten. Dafür ließ Antwerpen die Viererkette, mit der er begonnen hatte, zur Fünferkette zusammenrutschen. Ein Manöver, das er seine Mannschaft schon im Finale der vergangenen Runde immer mal praktizieren ließ. Damals war es Götze, der das rotierende Element verkörperte, diesmal Hikmet Ciftci. Vielleicht hatte der spielstarke Deutsch-Türke ja genau darum den Vorzug vor Alex Winkler erhalten: Um diese Option aus dem Spiel heraus zu ermöglichen.

Ciftci pendelte nämlich nicht in die zentrale Position der Dreier-/Fünferkette - die behielt Kevin Kraus -, sondern in die halblinke, auf der zuletzt Winker regelmäßig startete. Die des halbrechten Innenverteidigers übernahm Max Hippe für den gelbgesperrten Boris Tomiak.

Rückkehrer Raab war auch als Ausputzer gefragt

In seinen Kasten zurückgekehrt war übrigens Matheo Raab. Seine Fähigkeiten im Herauslaufen brachte der Keeper vor allem in der Anfangsphase ein, in der er auch als Ausputzer gefragt war. Mit Marcel Risse, Luca Marseiler und Simon Handle hatte Kölns-Trainer Olaf Janßen nämlich auf ein Offensivtrio gebracht, das mehr auf Speed als auf Wucht setzte und die massigen FCK-Innenverteidiger in Verlegenheit zu bringen drohte. Nachdem sich die Antwerpen-Elf nach seiner 2:0-Führung tiefer stellte, wars mit dessen Herrlichkeit jedoch ziemlich vorbei.

Gefährlich blieb die Viktoria nur mit Freistößen Risses. Außerdem war die Phase bis zur Pause von ein paar tumultartigen Szenen geprägt, deren hoher Hitzegrad nicht so ganz nachvollziehbar war. Womöglich sahen einige Grätsch-Aktionen auf dem vom Fritz-Walter-Wetter aufgeweichten Rasen brutaler aus, als sie gemeint waren, und heizten deswegen die Gemüter so auf.

Frühes 3:0 sorgt für Relax-Modus auf den Rängen

Das frühe 3:0 nach der Pause versetzte die knapp 10.000 Zuschauer dann endgültig in den Relax-Modus. Diesmal waren es Redondo und Hanslik im Zusammenspiel, die den Treffer einleiteten, Hanslik vollstreckte. Und wiederum Redondo war es, der in der 87. Minute das 4:0 durch den eingewechselten Jean Zimmer einleitete. Womit klar sein sollte: Redondos Leistung ist insgesamt mindestens ebenso hoch zu bewerten wie des Doppelpackers Hanslik.

Dazwischen zelebrierten die Betze-Buben noch ein paar Angriffe mehr, die schön anzusehen waren. Unmittelbar nach dem 3:0 etwa einen stark vorgetragenen Konter über Zuck, bei dem plötzlich der "Sechser" Ritter an der Mittellinie lauerte und auf und davon ging. Seinen Querpass brachte Hercher nicht an Viktoria-Keeper Moritz Nicolas vorbei, die anschließende Hereingabe Wunderlichs flipperte Ritter vor die Füße, dessen Schuss aber in Kölner Abwehrbeinen hängenblieb. Später gab es noch einen Pfostenschuss Hanslik zu verzeichnen, vor dem die Lautrer plötzlich und unerwartet nochmal ins Angriffspressing gegangen waren und den Ball quasi im Kölner Strafraum eroberten.

Die Rheinländer dagegen kamen einem Treffer am nächsten, als der eingewechselte Nikolaj Möller einen langen Ball Risses mit dem Kopf Handle auflegte - der aber stand im Abseits. Coach Olaf Janßen hatte die 1,94-Meter-Kante in der Halbzeit gebracht, weil er sich angesichts des 0:2-Rückstands und eines nun tief stehenden Gegners nicht mehr anders zu helfen wusste. Ist eben nicht schlecht, so einen Typen zumindest im Kader zu haben - mit dem Prädikat "Knipser" muss er ja nicht unbedingt gleich bedacht werden.

Die xG-Grafiken zum Spiel folgen voraussichtlich am Montag. Bei Interesse an den Werten schaut gerne dann nochmal an dieser Stelle vorbei.

Ergänzung, 06.12.2021: Da waren noch ein paar Treffer mehr drin

Zu den xG-Plots. Die "Timeline" bedarf keines weiteren Kommentars. Außer vielleicht: In der zweiten Halbzeit hätte es gut und gerne noch ein paar Mal mehr rappeln können.

xP-Plot FCK-Köln

Die Positions- und Passgrafik irritiert diesmal leider. Ciftci soll der beste Passspieler gewesen sein, und Zuck der mit der "Most Centrality", obwohl von den beiden kaum Pfeile wegführen, noch welche ankommen? Wir vermuten einfach mal, das sind ein paar Linien vergessen worden. Auch wenn die Rechtslastigkeit des Lautrer Spiels die übliche zu sein scheint.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Kölner. Die dicken Punkte in den hinteren Reihen zeigen: Die hatten meistens den Ball. Ist aber auch nichts Ungewöhnliches, wenn der Gegner schon nach 20 Minuten 2:0 führt und sich anschließend tief stellt, um auf Konter zu warten.

Passmap Köln

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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