Spielbericht: Karlsruher SC – 1. FC Kaiserslautern 0:0

Kein Derby fürs Geschichtsbuch

Kein Derby fürs Geschichtsbuch


Den Konkurrenten auf Abstand gehalten und Platz 2 erobert - das Südwestderby hätte für den 1. FC Kaiserslautern deutlich schlechter laufen können. Einen trotzdem eher nüchternen Nachmittag im Karlsruher Wildpark fasst DBB-Autor paulgeht zusammen.

- Fanfotos: Karlsruher SC - 1. FC Kaiserslautern
- Spielfotos: Karlsruher SC - 1. FC Kaiserslautern

Die Frage des Tages stellte sich den Lautrer Fans kurz nach dem Spiel: Was ist ein Punkt beim KSC wert? Kann man zufrieden sein oder wäre mehr drin gewesen? Die Interpretationen fielen – wie so oft bei Auswärtsspielen in dieser Saison – unterschiedlich aus: Manch einer bemängelte mit Verweis auf die schlechte Tordifferenz die erneut vertane Chance, endlich mal ein kleines Punktepolster anzulegen. Andere wiederum gaben sich mit dem abgewehrten Angriff des KSC und dem damit verbundenen Sprung auf Platz 2 zufrieden. So oder so - das torlose Remis gegen die Badener wird man wohl erst in ein paar Wochen einordnen können. Was dann aber auch der einzige Grund wäre, sich überhaupt an das 55. Südwestderby zu erinnern. Ansonsten nämlich bot das Spiel der Aufstiegskonkurrenten wenig Spannendes.

Es sind normalerweise diese Tage im Leben eines Fußballfans, die das Herz höher schlagen lassen. Wenn zwei alte Rivalen aufeinandertreffen, wenn die Luft knistert, wenn sich auf den Tribünen von alten Schlachten, schmutzigen Siegen, groben Foulspielen und glücklichen Treffern erzählt wird, wenn jeder Ballgewinn und jede Grätsche frenetisch gefeiert wird – dann ist Derby!

Mit diesen Erwartungen, angesteckt vom Derbyfieber machten sind rund 5.000 Lautrer am Sonntagnachmittag auf den Weg in den Karlsruher Wildpark, um dem traditionellen Südwestschlager beizuwohnen. Begleitet von einem immensen Polizeiaufgebot und von Shuttlebussen chauffiert, ging es für die meisten der Rot-Weißen vom Hauptbahnhof zum Wildparkstadion. Die hitzige Atmosphäre, die Vorfälle im Hinspiel und nicht zuletzt die Tatsache, dass einer der Kontrahenten am Ende des Tages auf einen direkten Aufstiegsplatz klettern sollte, sorgte für große Spannung. Allein – so erwartungsfroh die Fans auf beiden Seiten dem Anpfiff entgegenfieberten, das danach folgende Spiel konnte nur selten die Anforderungen eines echten, emotionalen Kräftemessens erfüllen.

Die Lautrer bemühten sich zu anfangs um Dominanz, taten sich allerdings mit dem guten Pressing der Hausherren schwer. Abgesehen von zaghaften Annäherungsversuchen und längeren Passstafetten gelang beiden Teams herzlich wenig. Einzig das Geburtstagskind Tobias Sippel sorgte wenige Minuten nach Anpfiff für einen Hauch von Gefahr, als er nach einem Rückpass den heraneilenden Karlsruher auszudribbeln versuchte und dabei unglücklich zur Ecke klären musste. Der KSC machte allerdings keine Anstalten, solche Geschenke anzunehmen, geschweige denn überhaupt mal Torgefahr zu erzeugen. So war es Kerem Demirbay auf der anderen Seite, der Lautern fast in Führung brachte: Seinen Gewaltschuss aus 30 Metern konnte der ein paar Meter vorm Tor stehende KSC-Keeper Dirk Orlishausen gerade so mit Müh‘ und Not wegboxen. Vielmehr passierte nicht und auf den Rängen spiegelte sich der maue Sonntagskick entsprechend wider: Sowohl die Heimseite, als auch der Gästeblock konnten zu keinem Zeitpunkt wirklich lautstark auf sich aufmerksam machen. Auf Lautrer Seite fehlte vor allem die Koordination und Teilnahme im oberen Teil des Gästeblocks, weshalb mit Ausnahme von einigen wenigen Wechselgesängen die Atmosphäre für ein Derby insgesamt eher enttäuschte.

Apropos Gästeblock: Wer dieser Tage vom Derby sprach, der – so konnte man glauben – meinte vor allem die Befürchtung vor handfesten Auseinandersetzungen, Krawallen und Pyrotechnik. Die Angstwelle schoss teilweise extrem hoch. Vom Geisterspiel bis hin zum Punktabzug wurde vorab nahezu jedes nur erdenkliche Horrorszenario detailgenau nach den „garantiert eintretenden“ Verfehlungen der Lautrer Fanszene durchgespielt. Tatsächlich passierte aber so gut wie nichts, lediglich drei kleinere Vergehen während der An- und Abreise zählt die Polizei in ihrem Bericht auf und spricht ansonsten von einem „absolut friedlich“ verlaufenen Spiel. Auch im Stadion blieb der befürchtete (oder von manchen vielleicht auch erhoffte?) „Pyro-Sturm“ aus. Nur zu Beginn der zweiten Halbzeit wurde ein einzelnes Bengalo angesteckt, um damit eine Fahne einer mit den KSC-Ultras befreundeten Fangruppe aus Pisa anzuzünden. Die Fahne hatten die Karlsruher beim Hinspiel während ihres Sturms auf die Südtribüne im Fritz-Walter-Stadion und den nachfolgenden Auseinandersetzungen verloren und sie wurde nun auf Lautrer Seite vorgeführt.

Zurück zum Sportlichen: Der KSC kam deutlich motivierter aus der Kabine und setzte den FCK nach Wiederanpfiff unter Druck. Die Lautrer ihrerseits nahmen den Kampf an und verlegten sich auf das Kontern, was in der 60. Minute beinahe zum Erfolg geführt hätte: Nach zwei, drei schnellen Pässen feuerte Jean Zimmer aus knapp 16 Metern freistehend ein Geschoss ab, das nur wenige Zentimeter zu hoch an die Latte knallte, zurück ins Feld sprang und dort vom überhastet abschließenden Kevin Stöger nicht verwertet werden konnte. Ein feiner Spielzug und endlich wieder eine echte gefährliche Situation.

Beflügelt vom neuen Schwung reagierte Kosta Runjaic und nahm den völlig wirkungslosen Philipp Hofmann vom Feld. Für ihn kehrte der wieder genesene Simon Zoller auf den Rasen zurück – und mit ihm eine zumindest für einige Minuten andauernde, komplett andere Präsenz im Lautrer Offensivspiel. Zoller ackerte, erkämpfte die Bälle und beschäftigte die blau-weiße Defensive ständig. Beinahe hätte sich der Rückkehrer in der 64. Minute für seinen Aufwand noch belohnen können, doch kurz bevor er den Ball aus acht Metern im Tor versenken konnte, grätschte ihm ein Karlsruher dazwischen. Der Pfälzer Anhang spürte, dass jetzt der Führungstreffer in der Luft lag und trieb die Männer in Rot für kurze Zeit geschlossen nach vorne. Doch das erhoffte und herbeigesungene Tor, es fiel einfach nicht. Mal fehlten Präzision und Zielwasser, mal das Glück und mit zunehmender Länge des Spiels immer häufiger auch die Anspielstationen. Es sollte irgendwie nicht sein. Da auch der KSC bis auf eine Chance nach einem Eckball kurz vor Schluss, die Tobias Sippel überragend entschärfen konnte, nichts zu Stande bringen wollte, endete das Spiel 0:0. Nicht mal eine richtige Nachspielzeit vergönnte der recht inkonstant agierende Schiedsrichter Knut Kircher dem Derbypublikum, weshalb sich mit dem Schlusspfiff erst einmal Ernüchterung breit machte. Und eben diese eine Frage: Was zählt er denn nun, dieser Punkt in Karlsruhe?

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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