Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - TSG Hoffenheim 0:2

„Vorstand raus! Vorstand raus!“

„Vorstand raus! Vorstand raus!“


1. FC Kaiserslautern gegen TSG Hoffenheim. Vierfacher Deutscher Meister gegen Dorfverein. Sechster der ewigen Bundesliga-Tabelle gegen Zweitliga-Neuling. Null zu zwei... Was die Fans der Roten Teufel in den letzten Jahren und nochmals verstärkt in dieser Spielzeit ertragen müssen, ist nicht mehr in Worte zu fassen. Ein dank jahrelanger Misswirtschaft, inkompetenten Führungskräften und lustloser Söldner vor dem Aus stehender Traditionsverein gibt seine letzten Zuckungen im Profifußball ab, und allen Fans blutet dabei das Herz.

Unterstützt von rund 1.500 Anhängern, die den Gästeblock mit sage und schreibe einer Zaun- und einer Schwenkfahne schmückten, kam mit der TSG Hoffenheim die erfolgreichste Mannschaft der Rückrunde ins Fritz-Walter-Stadion. Jedes weitere Wort hierzu wäre zu viel, ein solcher Verein hat einfach nichts in der Bundesliga verloren!

Insgesamt fanden sich 26.720 unentwegte Zuschauer „uffm Betze“ ein. Immerhin einige hundert von ihnen beteiligten sich trotz der bedrückenden Situation am ausgerufenen Fahnentag, so dass die Westkurve einmal mehr ein farbenfrohes Bild abgab. Hinzu kam eine weitere Besonderheit: Alle Ultragruppierungen stellten sich einmalig in die Mitte der Westkurve und die Megaphonanlage wurde nur selten benutzt. Auf Initiative der Ultras sollte bei diesem Spiel eine gewisse „Old School“-Stimmung herrschen, was teilweise auch gelang. Gellende Pfeifkonzerte bei Fouls und gegnerischen Ballkontakten, lautstarke Schlachtrufe für die eigene Mannschaft, aber zwischendurch auch oftmals einige Minuten Leerlauf. So war es früher auf dem Betzenberg, und so war es in abgeschwächter Form auch an diesem Freitagabend.

Auf dem Spielfeld änderte FCK-Trainer Milan Sasic die Versagertruppe von Osnabrück auf einigen Positionen, wobei der zuletzt zu den Amateuren verbannte Josh Simpson bereits nach 14 Minuten mit einer Gehirnerschütterung das Feld räumen musste. Für ihn kam Emeka Opara, der nach erneut schlechter Leistung später unter vereinzelten Pfiffen wieder ausgewechselt wurde. Es entwickelte sich ein Fehlpassfestival mit wenigen Torchancen. Der FCK war kämpferisch im Gegensatz zum Osnabrück-Spiel sehr bemüht, die Hoffenheimer möglicherweise von der teilweise hitzigen Atmosphäre überrascht. Die größte Chance der 1. Halbzeit hatte Marcel Ziemer, ehe es mit einem leistungsgerechten 0:0 in die Pause ging.

Zu Beginn der 2. Halbzeit gab es in der Westkurve ein Spruchband in Richtung Erik Jendrisek, der jüngst eine Verbannung in die zweite Mannschaft der Unterstützung der Profis im Abstiegskampf vorzog: „Keine Einstellung, kein Charakter - Gute Nacht, Erik!“ Bereits zu Spielbeginn zeigten die FCK-Ultras ein Spruchband, welches von der Westkurve mit viel Applaus bedacht wurde und sich gegen den Vorstand richtete: „Die Kunst ist es immer nur zu reden und dabei nichts zu sagen - Danke Herr Bauckhage!“

Auch im zweiten Abschnitt hatte das Spiel zunächst nur wenige Höhepunkte. Die kompakt stehende FCK-Abwehr kämpfte die Hoffenheimer Kreativabteilung weiterhin nieder, doch nach vorne ging wie so oft kaum etwas. So kam es, wie es kommen musste: In der 74. Minute war es Millionentransfer Eduardo, der eine Konfusion in der Lautrer Hintermannschaft ausnutzte und die Hoffenheimer Führung markierte. Hängende Köpfe auf dem Spielfeld, purer Hass auf den Rängen - die Westkurve erwachte nun aus ihrer zwischenzeitlichen Lethargie: Angestimmt von den alteingesessenen Fanclubs und Gruppierungen in Block 5.3 forderten die Fans lautstark „Vorstand raus! Vorstand raus!“ Die nun eintretende Reaktion wurde noch verstärkt durch Obasis 2:0 in der 79. Minute, auf dessen Provokationen beim Torjubel die Westkurve kaum noch reagierte. „Wir haben die Schnauze voll“ oder „Außer Sippel könnt ihr alle gehen“, den Fans platzte nun endgültig der Kragen. Das Spiel war freilich längst gelaufen, mit einer Reaktion der Mannschaft rechnete niemand mehr.

Für eine denkwürdige Aktion sorgte hingegen Trainer Sasic nach Spielende. Er beorderte das komplette Team vor die Westkurve, wo diese sich minutenlang den traurigen Blicken und den Anfeindungen der Fans stellen mussten. Respekt, Milan Sasic! Am nächsten Freitag tritt der FCK beim ebenfalls abstiegsbedrohten FC Erzgebirge Aue an, insgesamt stehen noch sieben Spiele auf dem Programm. Die Schonzeit für die Mannschaft, die bei der Busblockade in Osnabrück mit der Aussage „Schickt doch den Vorstand raus zu den Fans“ geglänzt haben soll, ist endgültig vorbei!

Doch damit war der Spieltag noch lange nicht beendet. Zunächst zogen die wütenden Fans in die Nordtribüne, wo die lautstarken „Vorstand raus“-Rufe sogar in der Pressekonferenz zu hören waren, später ging es dann weiter an den Spielerausgang. Hier warteten viele Fans noch über zwei Stunden noch Abpfiff, doch nur wenige Spieler und Verantwortliche stellten sich. Unter denen, die sich stellten waren allerdings, und das ist bemerkenswert, auch einige, die sich offenkundig ein Machtwort der FCK-Fans und eine außerordentliche Mitgliederversammlung nach Saisonende wünschten.

Eine Ebene höher meldete sich Vorstandssprecher Hans-Artur Bauckhage mit der lapidaren Aussage zu Wort, dass „der Vorstand ja nicht auf dem Platz steht“. Gleichzeitig zeigte sich Aufsichtsratsmitglied Dieter Rombach optimistisch, dass der herbeigesehnte „Messias“ Stefan Kuntz in den nächsten Tagen seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender unterschreiben wird. Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Erwin Göbel sah die Chancen auf ein Kuntz-Engagement hingegen nur bei „50:50“. Noch vor wenigen Wochen versicherten Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat den Vertretern der Fanszene in einer fairen Diskussion, dass die Außendarstellung des Vereins unter anderem dadurch verbessert werden soll, dass sich zu wirtschaftlich-organisatorischen Dingen nur noch Vorstandssprecher Bauckhage und zu sportlichen Dingen nur noch der mittlerweile zurückgetretene Team-Manager Fritz Fuchs äußern werden. Warum treten dann erneut Rombach und Göbel vor die Mikrofone und liefern dort auch noch widersprüchliche Aussagen?

Fest steht: Die Fans und Mitglieder des 1. FC Kaiserslautern warten auf Stefan Kuntz und sehen in ihm den letzten, einzigen Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft. Der Abstieg scheint besiegelt, doch auch in der dritten Liga hat der FCK eine Zukunft, sofern es keine neuen finanziellen Probleme geben wird. Stefan Kuntz soll also Anfang kommender Woche endgültig unterschreiben, gleichzeitig sollen laut Gerüchten einige Aufsichtsratsmitglieder zurücktreten und den Weg für Neuwahlen freimachen. Wenn die Verpflichtung von Kuntz platzt, ist davon auszugehen, dass der Betzenberg explodiert!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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