Spielbericht: SV Wehen-Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern 3:5 n.E.

So wird das gemacht.

So wird das gemacht.


Harter Kampf mit gutem Ende: Der erste Sieg in einem Elfmeterschießen seit elfeinhalb Jahren beschert dem 1. FC Kaiserslautern den Einzug in die zweite Runde des DFB-Pokals. Auf das Match beim SV Wehen Wiesbaden blickt DBB-Autor Toco zurück.

- Spielfotos: SV Wehen-Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern
- Fanfotos: SV Wehen-Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern

Früher hätte man bei kleinen Stadien wohl noch von Schmuckkästchen geschrieben, aber dann kam die Stahlrohr-Arena unweit des Helmut-Schön-Sportpark, seit 2007 die Heimstätte des SV Wehen, der seitdem als SV Wehen Wiesbaden firmiert. Das ewige Stadionverbot im Vereinsnamen hat den Filter-Boys aus der hessischen Provinz also eine Arena in der Landeshauptstadt beschert. Das macht aus der Mannschaft nicht zwingend Gladiatoren, aber kämpfen können sie. Kampf ist auch eine Wiederentdeckung der Roten Teufel. In zweimal 90 Minuten haben die jungen Wilden in der nicht weniger jungen Saison die Fans auf ihre Seite geholt und rund 6.000 begleiten den 1. FC Kaiserslautern hinüber auf die andere Seite des Rheins.

Die erste Runde des DFB-Pokals 2014/15 hatte bis dahin schon für Gesprächsstoff und viel Gelächter beim Pfälzer Anhang gesorgt. Doch all der Spott hätte noch einen bitteren Nachgeschmack, wenn unsere Mannschaft es dem Traditions-Europapokal-Nicht-Teilnehmer aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt gleichgetan hätte. Überheblichkeit war fehl am Platz im Duell mit einem Aufstiegsaspirant aus der dritten Liga, der das Spiel den Gästen überlassen wollte und überlassen hat. Stattdessen galt es, die Konzentration hochzuhalten und Geduld zu bewahren.

Die 6.000 Gästefans unter den insgesamt 9.496 Zuschauern gaben den Wiesbadenern weit über die komplette Spielzeit hinaus keine Chance, akustisch auf sich aufmerksam zu machen. Optisch blieben die Heimfans bis auf ein „Nein zu RB“-Transparent ebenfalls sehr blass. Bunt und wild ging es dagegen bei den Roten Teufeln zu. Die Ultras bündelten hinter dem Tor den Fahneneinsatz und gaben den Ton an. Nicht weniger laut und ausdauernd fiel der Einsatz auf der restlichen Hintertortribüne aus. Auf der Gegengerade galt: Sitzplatz gibt es nur, wenn die zwei Plätze links oder rechts nebenan nicht von FCK-Fans eingenommen wurden. Deshalb bedurfte es auch keines „Steht auf, wenn Ihr Lautrer seid“. Auf dem Sitzbereich bis zum Mittelkreis standen alle zu ihrem Verein. Die Elf auf dem Platz, Trainer und die Reserve auf der Bank, sowie die Fans auf den Tribünen bildeten eine Einheit. Eigentlich unvorstellbar, wenn man sich an den 34. Spieltag der vergangenen Saison erinnert, aber schöne vertraute Betze-Realität. Auch in der Halbzeitpause und den anderen Spielunterbrechungen verstummten die Lauterer nicht.

Wer denkt, dass mit der Niederlage gegen die Bayern in der vergangenen Saison die Pokalträume ein Ende nahmen, der irrt. Das Mantra aus München „Trotz der zweiten Liga, Deutscher Pokalsieger 1996: FCK“ befeuerte die Mannschaft immer lauter und mehrfach über den gesamten Hintertorbereich hinüber bis zur Eigentlich-Sitzplatztribüne und half darüber hinweg, dass so manche Angriffsaktion fehlschlug. Noch am nächsten vor das gegnerische Tor kam in dieser Spielphase ein Flitzer im orangen FCK-Trikot, der den „gegnerischen“ Ordner auskonterte und von der Kurve prompt gefeiert wurde: „Das war super, das war elegant!“ Im Gegenzug gab es - abgesehen von Situationen kurz vor der 90. Minute und dem Ende der Nachspielzeit - kaum Grund zur Sorge. Auf den späteren Elfmeterhelden Tobias Sippel und die Abwehr war Verlass. Dominique Heintz lieferte einen Tag nach seinem 21. Geburtstag ein großes Spiel für seinen Verein ab. Der Rückhalt vom Trainer tut ihm sichtlich gut. Die Mitspieler an seiner Seite strahlten ebenfalls Selbstvertrauen und Ruhe aus.

Doch Ausstrahlung schießt keine Tore und weil Schiedsrichter Sascha Stegemann je ein Tor für Kaiserslautern und Wehen nicht anerkannte, pfiff er nach torlosen 90 bzw. 120 Minuten zum Elfmeterduell vor der Heimtribüne. Von Gegenüber feuerten die Fans in Rot-Weiß lautstark Tobias Sippel an, der mit seinem Konkurrenten aus vergangenen Tagen Florian Fromlowitz in trauter Zweisamkeit Richtung Tor lief. Die Feldspieler standen Arm in Arm am Mittelkreis und sahen mit Ausnahme von Jean Zimmer, der zwischendurch mal Richtung eigenen Anhang guckte, Hofmann, Fomitschow, Mugosa sicher verwandeln und Sippel den Schuss von Mrowca parieren. Torrejon legte nach und schließlich verwandelte Heintz den fünften Elfmeter für Lautern. Somit war das vierte von zehn Elfmeterduellen im DFB-Pokal für den 1. FC Kaiserslautern entschieden und mit einem lauten „Seht ihr, Mainzer: So wird das gemacht“ gingen die Grüße hinüber auf die andere Rheinseite.

Nein, es läuft längst noch nicht alles rund. Aber wir stehen auch erst am Anfang einer langen Saison. Ja, es gibt unangenehme Gegner für die Roten Teufel. Aber nach drei Spielen sollte der Mannschaft und den neuen Spielern nun klar sein, dass auf die Fans Verlass ist. Umgekehrt haben nun schon einige Spieler den Beweis erbracht, dass sie für die Mannschaft, die Fans und den Verein in die Vollen gehen. Abgesehen von manch unnötigem Abspiel vor dem Tor, scheut sich endlich keiner mehr vor dem Ball und geht der mal verloren, wird er eben zurück erkämpft. Das gelingt oft besonders schnell, wenn es ein unnötiger Ballverlust war, aber das ist doch auch schon etwas. Die Reise geht weiter. Die Roten Teufel rocken die Liga und rollen weiter im Pokal.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Toco

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