Der Betze Brennpunkt

Alexander Baumjohann - und die Angst vor dem Flop

Alexander Baumjohann - und die Angst vor dem Flop


Die FCK-Fans erleben vergleichsweise unbeschwerte Tage. Das Stimmungsbarometer steigt stetig. Nur ein Name beunruhigt die Gemüter: Alexander Baumjohann. Woher die Unsicherheit kommt, lest Ihr in unserer neuen Artikelserie „Der Betze Brennpunkt“, in der wir aktuelle Gesprächsthemen der Fans unter die Lupe nehmen.

„Ich kann diese Scheiße nicht mehr hören“, ereiferte sich Alexander Baumjohann einmal auf die wiederholte Frage, ob er sein Talent zu lange verschleudert habe. Rudi Assauer („der nächste Ballack“) und Jupp Heynckes („eines der größten Talente, die Schalke jemals ausgebildet hat“) hatten Baumjohann früh geadelt.

Heynckes beförderte Baumjohann als damaliger Schalke-Trainer von der B-Jugend in die Profimannschaft. Weil die Konkurrenz zu groß gewesen sei (Baumjohann), kam der gebürtige Dattelner aber nur auf 28 Bundesligaminuten. Heynckes wechselte 2007 zu Möchengladbach und nahm Baumjohann mit. Doch die Wege wurden schnell getrennt. Jos Luhukay löste Heynckes als Trainer ab und ließ Baumjohann fast eine komplette Zweitligarunde außen vor: „Allein ein guter Fußballer zu sein, reicht nicht. Dazu gehören auch Professionalität und Ernsthaftigkeit“, urteilte Luhukay streng.

Nach dem Aufstieg schoss Baumjohann ein Tor des Monats nach Siebzigmeter-Solo - und sich selbst den Frust von der Seele. Unter dem mit allen Wassern gewaschenen Hans Meyer wurde Baumjohann in der Rückrunde eine verlässliche Größe, pflegte eine kongeniale Partnerschaft mit Marko Marin. Doch die Liaison hielt nicht lange. Baumjohann wechselte auf wärmste Empfehlung von Paul Breitner zum FC Bayern. Beim Trainingsauftakt wurde Baumjohann allerdings nicht freudig von Jürgen Klinsmann empfangen, sondern von General Louis van Gaal zurückgepfiffen. Ein Missverständnis. Baumjohann flüchtete nach sechs Monaten zu seiner Jugendliebe Schalke und kam bei Felix Magath vom Regen in die Traufe: „Am Ball kann er alles und ohne Ball kann er nichts“, soll Magath Baumjohanns Verbannung zu den Amateuren begründet haben. Unter Ralf Rangnick leuchtete Baumjohanns Stern dann wieder kurz auf - vor allem beim denkwürdigen Sieg in Mailand. Huub Steven setzte lieber auf die Rauls, Draxlers und Holtbys.

Fakt ist: Von 2004 bis 2012 bestritt Alexander Baumjohann in acht Jahren 65 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga - also im Schnitt acht Spiele pro Saison. Falsche Trainer, falsche Wechselzeitpunkte, falsche Berufseinstellung? „Vielleicht hätte ich bei Bayern bleiben sollen und versuchen müssen, mich dort durchzubeißen“, sagt Baumjohann im Nachhinein. Magath wirft er vor, seinen Ruf ramponiert zu haben. „Der Wechsel hat meinem Image geschadet.“ Immer wieder betont Baumjohann in Interviews, wie wichtig ihm das Vertrauen des Trainers sei.

„Ich kenn Alexander Baumjohann seit vielen Jahren und wollte ihn schon vor einiger Zeit zu Sturm Graz holen. Ich bin sehr froh, dass wir mit einigen Jahren Verspätung endlich zusammen arbeiten können“, erklärte FCK-Trainer Franco Foda nach Baumjohanns Wechsel nach Kaiserslautern. Foda hat in Graz bewiesen, dass er Beinahe-Gescheiterte wieder in die Spur bringen kann. So wie ein Mirko Slomka in Hannover (Schlaudraff, Pander, ...). Baumjohann wurde von Foda sofort ins kalte Zweitligawasser geschmissen, mit Spielpraxis notversorgt. Und Foda gibt seinem Schützling volle Rückendeckung: Baumjohann sei eine hundertprozentige Verstärkung, stellte Foda nach dessen holprigem Debüt gegen 1860 unmissverständlich klar.

Der Appell blieb auch bei den FCK-Fans nicht unerhört. Allerdings ist man in der Pfalz nach der jüngsten Saison sehr vorsichtig geworden, wenn die Presse mit Worten wie „Transfercoup“ oder „Sensationswechsel“ wuchert. Da entsprechen unbelastete Namen wie Hendrick Zuck eher der derzeit gewünschten Bodenhaftung. Dazu stehen bei den teuflischen Anhängern naturgemäß kantige Zweikämpfer höher im Kurs als vom Fußballgott begünstige Ballspieler. Doch tut man Baumjohann womöglich Unrecht, wenn man ihn in Schubladen steckt: Während die Gladbach-Fans ihn wegen seines Wechsels zum Erzfeind gnadenlos auspfiffen, drehte er richtig auf und stand im Abstiegskampf seinen Mann.

Baumjohann hatte in den letzten acht Jahren wenig zu feiern - diese Nüchternheit verbindet ihn mit dem FCK. Beide wollen zurück in die Bundesliga, wünschen sich Kontinuität. Baumjohann findet beim FCK zudem Mitspieler, die ihn führen können und wollen. Nach dem Sieg in Dresden twitterte @AlexBaumjohann: „auswärtssieg, erster 3er, erster assist im fcktrikot und 2 tore von meinem Freund Albert Bunjaku! perfekter abend.“ Auch von Mo Idrissous Erfahrung kann Baumjohann profitieren. Jemand hinter oder vor sich zu wissen, der Ruhe reinbringt. Das ist für Baumjohann nach seiner Fußball-Achterbahnfahrt elementar. So wie damals auf Schalke, als sich Baumjohann und Hans Sarpei die linke Seite teilten. Sarpei erlangte 2011 auf Twitter und später auf Facebook Kultstatus - mit einem Tweet über Baumjohann: Auf dessen Frage „Guten Morgen, gibt es was Neues auf Schalke?“ antwortete Sarpei: „Ja, du sollst nach Wolfsburg“. Baumjohann entgegnete: „Damit macht man keine Späße. Das ist nicht lustig.“

Mit Felix Magath muss Baumjohann beim FCK zwar niemand drohen, aber der FCK-Neuzugang sollte sich eine seiner aktuellen Kurzmitteilungen einrahmen und verinnerlichen: „Jetzt heißt es weiter, hart zu arbeiten.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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