Spielbericht: VfL Wolfsburg - 1. FC Kaiserslautern 1:2

Tradition schlägt Kommerz, oder: Die Genugtuung für 2006

Tradition schlägt Kommerz, oder: Die Genugtuung für 2006


Fünf lange Jahre mussten die Anhänger des 1. FC Kaiserslautern warten, um an diesem 07. Mai 2011 die Genugtuung zu bekommen, den Abstieg 2006 zumindest teilweise mit dem 2:1-Auswärtssieg beim den VfL Wolfsburg zu rächen, den Retortenklub aus der Autostadt ganz tief in den Abstiegsstrudel zu schubsen. Und noch mehr: Mit jetzt 43 Punkten haben die Roten Teufel den vor Anpfiff theoretisch noch möglichen Abstieg mit beeindruckender Manier ganz weit hinter sich gelassen und den Auswärtsfahrern des pfälzischen Traditionsvereins einen großartigen Samstag beschert.

So machten sich über 4.000 FCK-Anhänger auf den Weg nach Wolfsburg. Gut gefüllt waren vor allem die Oberränge des Gästesektors, da Stehplätze in der Arena erstens Mangelware sind und die Sichtverhältnisse noch dazu katastrophal. Es wäre schlicht nicht genug Platz gewesen, um alle aktiven Fangruppen in den Stehplatzbereich zu bekommen, damit sie dort ihren Support ausleben können. Der Oberrang war auch viel schöner und so machten Schlachtenbummler von der ersten bis zur letzten Minute ein ordentliches Spektakel. Durchgängige Anfeuerung, lautstark und kreativ - der Spielverlauf tat sein übriges. Wenig bis gar nichts kam von der anderen Seite des Stadions. Ein Eventpublikum, vielleicht noch vergleichbar mit Hoffenheim, schaute dem Treiben zu, als ob es ein Testspiel wäre und nicht purer Abstiegskampf. Da wurde auf Wolfsburger Seite die Kurve beflaggt, als ob dort mehrere Tausend Ultras stehen, aber supportet haben vielleicht ein paar Hundert. Ein langweiliges Publikum, wie es ein langweiliger Klub eben verdient!

Ein wenig überraschend die Aufstellung von Marco Kurz: Clemens Walch bekam auf rechts das Vertrauen des FCK-Trainers. Jan Moravek und der Kapitän Martin Amedick für den kranken Mathias Abel komplettierten die Aufstellung aus dem Heimspiel gegen St. Pauli.

Aber gut ins Spiel fanden erstmal die Wolfsburger, von Beginn an berannten sie das Gehäuse des abermals ganz starken Kevin Trapp. Und nach einem Einwurf von der rechten Seite war es Ashkan Dejagah (der „Hooligan“, wie die Wolfsburger Fans mehrfach skandierten), der den Ball in die Mitte brachte, wo Mario Mandjukic seine Farben früh in der sechsten Minute in Führung brachte. Auch danach waren unsere Mannen noch nicht bei sich und nicht beim Kampfgeist angekommen. Glück und Trapp verhinderten schlimmeres.

Besser wurde es nach einer Viertelstunde, als nach einem langen Ball und einem Missverständnis zwischen VfL-Keeper Diego Benaglio und seiner Abwehr um ein Haar Adam Hlousek den Ausgleich erzielt hätte. Ein Foul an dem tschechischen Flügelflitzer wäre aber des guten zu viel gewesen. Danach wurde das Spiel offener. Lautern jetzt mit mehr Aktionen in Richtung VfL-Tor und schon klingelte es im Wolfsburger Kasten: Nach einem Eckball von Christian Tiffert lässt der Riese Srdjan Lakic Taten sprechen und köpft mit Wucht und Entschlossenheit den Ausgleich gegen seinen neuen Arbeitgeber (25.). Chapeau Srdjan! Auf einen ausgiebigen Torjubel verzichtete der Kroate wie so oft in dieser Saison, aber den Respekt selbst der kritischsten Fans sollte er mit diesem Treffer endgültig zurückerobert haben. Im Gästeblock war jedenfalls kollektives Ausrasten angesagt und die Stimmung erreichte ihren ersten Höhepunkt.

Kaiserslautern war jetzt ebenbürtig, kämpfte leidenschaftlich und mit viel Unterstützung der Kurve machte es in der Wolfsburger Arena richtig Spaß, den pfälzischen Traditionsverein spielen zu sehen. Der zuletzt auf die Ersatzbank verbannte Martin Amedick verdiente sich das nächste Ausrufezeichen: Wieder Freistoß Tiffert und der Kapitän ballert den Ball volley in die Maschen (44.). Grenzenloser Jubel bei Spieler und Fans, 2:1 gegen den verhassten Retortenklub! Ein großartiges Gefühl von Genugtuung in jedem, fünf lange Jahre zogen vorbei. Jetzt war die Angst zu spüren bei den Wolfsburgern, Abstiegsangst pur.

Nach dem Wechsel igelten sich die Roten Teufel in die eigene Hälfte, Wolfsburg musste kommen und kam. Aber einen Torerfolg verbuchten sie nicht mehr. Zwei Situationen im Strafraum, einmal von Walch gegen Cicero und einmal vom herausragenden Rodnei gegen Diego, waren strittig zugunsten der Roten Teufel entschieden worden. Mehrere Torchancen der Wolfsburger wurden entweder von Trapp entschärft oder flogen am Kasten vorbei. Es wurde das berühmte Spiel von nervösen Wolfsburgern und verteidigenden Lautrern. Auch nach Stunden wäre der Ball nicht mehr reingegangen in das Gehäuse des FCK. Schlusspfiff und Jubel beim Gästeanhang.

Die Mannschaft wurde noch lange nach Spielende bejubelt, es wurde zusammen gefeiert und getanzt, während VfL-Coach Felix Magath seine Mannschaft sofort zum Auslaufen schickte. Fünf Mal, sozusagen für jedes Jahr einmal, wurde ihnen ein lautstarkes „Absteiger, Absteiger“ entgegen gebrüllt. Wolfsburg ganz tief im Keller, unsere Mannschaft obenauf. So soll es ewig bleiben! Jetzt kann es gegen Werder Bremen ein schöner Saisonabschluss werden und die Planungen für die neue Saison können beginnen.

Der 1. FC Kaiserslautern spielt weiter in der ersten Fußball Bundesliga. Oh, wie ist das schön...!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: connavar

Kommentare 260 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken