Ärgerliches Remis im Klassiker
Es war kein normales Spiel zum Saisonauftakt auf dem Betzenberg. Sage und schreibe 46.615 Zuschauer hatten sich am Montagabend zu der Partie zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Borussia Mönchengladbach eingefunden. Insgesamt neun Deutsche Meisterschaften und viele weitere große Geschichten trafen im Fritz-Walter-Stadion aufeinander - im Topspiel der 2. Bundesliga.
Aus dem Rheinland und dem ganzen Südwesten hatten rund 5.000 Gladbachfans ihren Verein in das Stadion begleitet, in dem sie früher der Angstgegner waren, in den letzten Jahren aber viele bittere Niederlagen einstecken mussten. Die Schlachtenbummler zeigten zum Spielbeginn im Stehplatzbereich des Gästeblocks einige Schwenkfahnen und Doppelhalter, stimmungsmäßig wechselten sich im Verlauf des Spiels bessere und schlechtere Phasen ab.
Die FCK-Fans in der Westkurve hatten zunächst ganz andere Probleme. In wochenlanger Vorarbeit wurde eine große Choreographie unter dem Motto „L(i)ebe Deine Kurve!“ geplant, die am Nachmittag des Spieltags kurz vor der Absage stand: Erneut war es speziell der Sicherheitsdienst, der meinte die eingefleischten Fans aus der Westkurve schikanieren zu müssen. So wurden zunächst wieder strengste Kontrollen jeder einzelnen Fahne angekündigt und dann sollten zu allem Überfluss sollten noch die Spruchbänder verboten werden - unter anderem eines zur Suche nach dem vermissten FCK-Fan Andreas Sauter (www.wir-suchen-andreas.de) vor der Osttribüne. Nach einigen Gesprächen auf dem kurzen Dienstweg mit FCK-Fanbetreuung und -Vorstand konnten dann aber auch die Spruchbänder endgültig befestigt werden.
Nach einem genialen „You'll never walk alone“ mit unzähligen großen Schwenkfahnen folgte dann beim Einlaufen der Mannschaften die große Choreographie, welche das Motto zur neuen Saison ausgab. Zum Slogan „L(i)ebe Deine Kurve“ wurde - flankiert von hunderten rot-weißen Fähnchen - eine große Blockfahne mit einem roten Herz samt der Aufschrift „Westkurve“ hochgezogen. An den Außenrändern der Blockfahne waren einige, leider nicht optimal erkennbare, Szenen aus dem Kurvenleben zu sehen, etwa die Anfertigung von Choreographien oder die gemeinsame Fahrt zu Auswärtsspielen.
Auch die Stimmung war sehr gut, auf lautstarke Anfeuerungsrufe folgte angesichts des trägen Spiels in der 1. Halbzeit ein Dauersupport mit erneutem Einsatz vieler Schwenkfahnen.
Auf dem Rasen entwickelten sich zunächst nur wenige Torchancen. Beide Teams begannen die Saison mit einer gewissen Nervosität und die Mannen von Kjetil Rekdal ließen einige gute Ansätze, die in den Testspielen zu sehen waren, vermissen. Speziell das angedachte Spiel über die Außenbahnen war kaum zu sehen, was wohl nicht zuletzt an der schwachen Tagesform der Flügelspieler Sven Müller, Sebastian Reinert und Axel Bellinghausen lag.
In der 2. Halbzeit kamen die Roten Teufel dann besser ins Spiel und waren nun auch die klar bessere Mannschaft, doch weder Björn Runström noch Erik Jendrisek konnten ihre Chancen nutzen. Als sich viele Zuschauer bereits auf ein mageres 0:0 einstellten und die Stimmung auf beiden Seiten auch schon entsprechend abgeflacht war, überschlugen sich die Ereignisse dann in der Schlussphase.
Zunächst gelang dem zurzeit in Topform aufspielenden Steffen Bohl mit einem sehenswerten Fernschuss der Führungstreffer (83.). Das Stadion glich nun einem Tollhaus und sowohl Fans als auch Spielern und Verantwortlichen fiel ein Stein vom Herzen. Doch nur eine gute Minute später, der Torjubel war noch nicht verklungen, schlugen die Borussen schon zurück und kamen durch den mit arrogantem Torjubel glänzenden Rösler zum Ausgleich (85.) - ein Treffer, bei dem der ansonsten fehlerfreie neue FCK-Stammtorhüter Florian Fromlowitz nicht glücklich aussah. Weiter ging's im Minutentakt: Zunächst konnte Neuzugang Alexander Bugera die mögliche Gladbacher Führung nur durch eine Notbremse verhindern, was die rote Karte für den Ex-Duisburger zur Folge hatte (86.). Dann wurde es auf dem nun ohnehin brodelnden Betzenberg noch einmal besonders laut und feindselig, als die Gäste Oliver Neuville einwechselten - die FCK-Fans haben das Handtor und vor allem die darauf folgenden Aussagen von 2004 noch längst nicht vergessen. Kurz vor Spielende hätte es dann nach einem Foul von Fromlowitz an Rösler beinahe noch Elfmeter gegeben, wenn Schiedsrichter Rafati nicht bereits vorher aufgrund eines nicht freigegebenen Einwurfs abgepfiffen hätte.
Am Ende musste sich der FCK mit einem ärgerlichen Punktverlust gegen nicht besonders starke Gladbacher zufrieden geben. Trainer Kjetil Rekdal analysierte das Spiel wie folgt: „Nach dem Führungstreffer haben wir hintereinander mehrere Dummheiten gemacht, die Gladbach genutzt hat. Wir haben voll auf Sieg gespielt und ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen, bis zum Platzverweis. Danach haben wir den Faden verloren.“
Am kommenden Wochenende müssen die Roten Teufel nun bei 1860 München antreten, das am 1. Spieltag mit 6:2 in Augsburg triumphierte und folglich an der Tabellenspitze steht. Das Spiel bei den Löwen, vor dem mehrere gemeinsame Fanpartys stattfinden werden, dürfte nach dem Remis zumindest ähnlich richtungweisend werden wie das gegen Gladbach. Und eine erste Bilanz wird man mit dem einfachen Blick auf das Punktekonto erkennen können: Fehlstart oder gelungener Saisonauftakt?
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas