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Gegner-Check Braunschweig: Vorsicht vor Ujah und Pherai

Gegner-Check Braunschweig: Vorsicht vor Ujah und Pherai

Foto: Imago Images

Eintracht Braunschweig kommt zum Aufsteiger-Duell beim 1. FC Kaiserslautern. Das aktuelle Tabellenbild spielt da keine Rolle, denn nach totalem Fehlstart läuft es mittlerweile bei den Blau-Gelben. Zu schlagen sind sie dennoch.

Die Spätstarter: Nach sechs Spielen fünf Niederlagen und ein Remis - da wäre in so manchem Klub bereits der Trainer geflogen. Die Eintracht aber machte ihrem Namen Ehre und hielt an Michael Schiele fest. Und anscheinend zahlte es sich aus, die Ruhe zu bewahren. Die Mannschaft stabilisierte sich, holte zuletzt sieben Punkte in drei Spielen. In allen drei Parteien schickte Schiele die gleiche Startelf ins Rennen, zuvor hatte er, zum Teil gezwungenermaßen, immer wieder Wechsel vornehmen müssen. Zudem bewies der Klub ein gutes Händchen bei Last-Minute-Verpflichtungen. Nathan de Medina, von Arminia Bielfeld geholt, und Filipp Benkovic, zuletzt bei Udinese Calcio (Italien) unter Vertrag, kamen Ende August, debütierten direkt am 2. September beim 4:2-Sieg über den 1. FC Nürnberg und komplettieren seither die Dreier-Kette um Mittelmann Brian Behrendt.

Das dynamische Duo: Kurz vor Saisonstart hatten sich die Braunschweiger bereits die Dienste von Anthony Ujah gesichert, dessen Arbeitspapier bei Union Berlin ausgelaufen war. Der Stürmer brauchte eine Weile, bis er in Tritt kam, doch seit es bei ihm läuft, stimmen auch die Ergebnisse. In den letzten drei Spielen schoss der 31-Jährige vier Tore. Der BTSV-Anhang schwärmt insbesondere von seinem Zusammenspiel mit Zehner Immanuel Pherai. Beim 2:1-Sieg über den Karlsruher SC legte der Niederländer dem Nigerianer beide Treffer auf, eines davon per Freistoßflanke. Mit dem 21-Jährigen, im Sommer ablösefrei von Drittligist Borussia Dortmund II geholt, ist Braunschweig ein großer Wurf gelungen. Pherai hat den Sprung in die höhere Klasse spielend gemeistert, im wahrsten Sinne des Wortes. Laut "Wyscout" zählt er zu den Top Fünf der Liga, was Steck- und "smarte" Pässe angeht, also Zuspiele zwischen gegnerischen Linien hindurch. Außerdem zählt er zu den fünf Spielern, die zu den meisten Angriffsläufen ansetzen. Auf dem "Wyscout"-Index rangiert Pherai gegenwärtig auf Platz zwei der offensiven Mittelfeldspieler in Liga zwei - hinter Harvard Nielsen von Hannover 96.

Personalsorgen: Obwohl die jüngsten Ergebnisse zuversichtlich stimmen, drücken die Niedersachsen nach wie vor Personalsorgen. Schon in den ersten Wochen der Saison wurde bemängelt, dass dem Kader Qualität in der Breite fehlte. Seit dem dritten Spieltag fehlt verletzungsbedingt Abwehr-Stammkraft Saulo Decarli. Beim jüngsten Testspiel gegen Holstein Kiel wurde Stürmer Fabio Kaufmann Opfer eines "Frustfouls" - die nur mit einer B-Elf angetretenen Störche gingen nämlich mit 0:7 unter. Schiele hofft, den 30-Jährigen, der mit kraftvollen Läufen Umschaltsituationen auszunutzen vermag, bis Sonntag wieder fit zu bekommen. Für ihn allerdings stünde starker Ersatz bereit: Lion Lauberbach, in der vergangenen Runde stärkster Eintacht-Stürmer, scharrt mit den Hufen, seit es bei Ujah rund läuft und er beim Anpfiff nur noch auf der Bank sitzt. Im Test gegen Kiel traf Lauberbach vier Mal - viel lauter kann ein Stürmer kaum "Hier!" schreien.

Die Sache mit dem Ballbesitz: Die beiden Aufsteiger Lautern und Braunschweig bilden nicht nur die Schlusslichter in der Marktwert-Tabelle von "Transfermarkt.de" , sondern auch in diversen Ballbesitz-Rankings, wenngleich die verschiedenen Anbieter leicht abweichende Werte nennen. Bei "Wyscout" haben die Analysten bei beiden einen durchschnittlichen Ballbesitz von 37,9 Prozent pro Spiel errechnet, "bundesliga.de" kommt beim FCK auf 40, beim BTSV auf 39 Prozent - schon klar, das ist im Grunde pillepalle. Denn mit Ballbesitz verhält es sich wie mit Beton: Es kommt drauf an, was man draus macht. Die Roten Teufel haben bislang 18 Tore erzielt, die zweitmeisten der Liga, die Braunschweiger Löwen nur zehn - nur drei Teams haben seltener getroffen. Interessant ist auch, die tatsächlich erzielten Buden mit den erwarteten, also den xGoals, zu vergleichen, wie es "bundesliga.de" tut: Demnach haben die Pfälzer 1,6 Treffer mehr erzielt, als ihnen der qualitativen Bewertung ihrer Chancen gemäß eigentlich hätten gelingen müssen. Die Niedersachen dagegen haben bislang "underperformt" - 3,2 Tore weniger als erwartet. Das kann man nun so interpretieren, dass Terrence Boyd und Co. einfach aus weniger mehr machen als andere. Zahlen-Afficionados dagegen glauben lieber an die "Regression zur Mitte", also daran, dass sich echte Tore und xGoals-Werte im Lauf der Saison angleichen. Wenn dieser Prozess bereits am Sonntag ansetzt - das wäre schlecht für Lautern.

Starke Sprinter: Noch in zwei anderen Rankings klaffen die Werte beider Teams auseinander. 2.016 Sprints von Eintracht-Spielern hat "bundesliga.de" bislang gezählt, nur die Kollegen vom 1. FC Heidenheim starteten öfter durch. Die Betze-Buben dagegen verzeichnen nur 1.738 Sprints - viertschlechtester Wert der Liga. Selbst wenn man nur die "intensiven Läufe" betrachtet, bleiben die Unterschiede auffällig. In diesem Ranking ist Braunschweig Fünfter, Lautern Fünftletzter. Aber, immer dran denken: Alles ist relativ. Zuletzt spielten die Roten Teufel gegen Heidenheim, also der sprintstärksten und laufintensivsten Mannschaft der Liga, 45 Minuten lang in Unterzahl und holten ein 2:2. Das haben sie bestimmt nicht geschafft, weil sie sich zu wenig bewegten. Es kommt eben nicht nur darauf daran, dass man rennt, sondern auch, wohin.

Fazit: Da treffen also zwei aufeinander, die sich nicht um Ballbesitz reißen. Eine solche Konstellation hatten wir zuletzt beim Auftritt des FCK in Sandhausen. Und da kam ein 0:0 heraus, das nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig war. Aaaaber: Diesmal wird "uffem Betze" gespielt. Und auch wenn es bei Braunschweig zuletzt besser lief: Auswärts hat die Eintracht noch gar nichts gerissen. Ihren einzigen offiziellen Auswärtspunkt holten die Blaugelben in Hannover, und diese Partie ist bekanntlich als Derby anzusehen. Und selbst wer sich nur die Defensivaktionen aus den erfolgreich gestalteten Partien des BTSV ansieht, stellt fest: Da werden lange Bälle in die Spitze immer noch unsauber abgewehrt, und unter Druck lassen sich Ballverluste in der hinteren Reihe erst recht provozieren. Zu null gespielt haben die Braunschweiger Löwen noch nicht einmal, auch während ihrer kleinen Erfolgsserie nicht. Mit einem auf üblichem Niveau ackernden Boyd an vorderer Front und einer forsch aufrückenden Dreierreihe dahinter geht was. Vorsicht geboten ist vor dem Pärchen Ujah und Pherai. In dem Zusammenhang wäre auch zu überlegen, ob der 1,95 Meter große Julian Niehues nicht vielleicht zu viele Probleme bekommen könnte mit dem Ball mit dem 20 Zentimeter kleineren Feintechniker Pherai - und Hikmet Ciftci ihn nicht vielleicht effektiver bekämpfen könnte.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Sonntag, 13:30 Uhr: FCK empfängt stabilisierten BTSV (Der Betze brennt)

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