Hall of Fame: Ronnie Hellström

Stehst du noch oder fliegst du schon?

Stehst du noch oder fliegst du schon?

Foto: Imago

Mit gerade einmal 20 Jahren sicherte ein Nachwuchstorhüter von Hammarby IF den Schweden mit seinen Paraden die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 1970. 1968 gab er sein Debüt in der schwedischen Nationalmannschaft und erarbeitete sich die Position des Stammkeepers bei der WM in Mexiko. Nach einer starken ersten WM folgte die zweite 1974 in Deutschland. Hier machte der große Blonde mit dem Asterix-Schnauzer noch mehr auf sich aufmerksam. Besonders im Spiel gegen Deutschland zeigte der tollkühne Schwede seine Extraklasse und so kam es, dass auch die Bundesliga an ihm interessiert war. Sein Name: Ronnie Carl Hellström

Als Ronnie im Sommer 1974 zum 1. FC Kaiserslautern wechselte, kam der vielleicht beste Keeper des gerade abgelaufenen WM-Turniers. Eine damals schon unglaubliche Verpflichtung. Möglich dennoch, weil beim FCK mit Roland Sandberg bereits ein Schwede spielte und eben weil der Transfer bereits vor der Weltmeisterschaft in trockene Tücher gebracht wurde.

Ronnies erstes Pflichtspiel im Trikot der Roten Teufel fand auf Schalke statt - und ging 2:1 verloren. Zu seinem ersten Heimspiel am 30. August 1974 gegen Eintracht Braunschweig kamen 25.000 Zuschauer. Ronnie hielt, was zu halten war gegen Wolfgang Frank, Bernd Gersdorff und Co., rettete kurz vor Schluss gegen Wolfgang Dremmler den 2:0-Heimsieg.

Am 12. Spieltag dann kam Ronnies erster Auftritt beim frischgebackenen „Weltmeister“ Bayern München. Maier, Beckenbauer, Schwarzenbeck, Kapellmann, Zobel, Hoeneß, Müller, Rummenigge - damals eine der besten Mannschaften Europas! Der FC Bayern ging auch früh in Führung, dies konnte aber zunächst gedreht und später zu einem der größten Auswärtssiege der FCK-Geschichte vollendet werden. Ronnie hielt „wie die Wutz“, war nur durch Müllers Elfer noch zu bezwingen, aus dem Feld heraus war er nahezu unbezwingbar. Der FCK siegte mit 5:2. An diesem Tag begann eine Legende! Die Roten Teufel spielten in der Saison 1974/75 jedoch auch weiterhin gegen den Abstieg und besonders Ronnie Hellström war der Garant für den Klassenerhalt. Seine tollen Paraden verhalfen dem FCK, den Supergau zu verhindern.

Die Saison 1975/76 lief besser als die Premierensaison. Der Abstieg war kein Thema und auch im Pokal konnte man glänzen. Nach Siegen gegen den VfR Mannheim, Blumenthal, Herne, Braunschweig, Düsseldorf und Berlin erreichte Hellström mit seinem FCK das Finale und traf dort auf den Hamburger SV. Die Endspiel-Seuche der Lautrer war damals schon unheimlich und so verlor man nach dem Finale 1961 und den Niederlagen im Kampf um die Deutsche Meisterschaft 1948, 1954 und 1955 auch dieses durch Tore von Nogly und Björnmose in der ersten Hälfte mit 0:2. Der HSV legte damit den Grundstein zum Europapokaltriumph im nächsten Jahr.

Im folgenden Jahr musste sich der FCK wieder auf den Abstiegskampf konzentrieren. Erneut war es in entscheidender Weise Ronnie Hellström, der den Gang in die 2. Bundesliga verhindern konnte. Nur ein Pünktchen betrug der Vorsprung am Ende auf Berlin, Essen und den alten Rivalen Karlsruhe. Dabei gewann der FCK nur eines der letzen sieben Spiele, verlor sogar gegen Essen und Berlin. Aber dieser eine Sieg gegen Werder Bremen, der den Ausschlag gab zum Klassenerhalt, den fuhren nur zwei Spieler ein! Klaus Toppmöller mit drei Treffern in der 2. Halbzeit und Ronnie, der die Bremer nach deren Führung zum Verzweifeln brachte und fast im Alleingang dafür sorgte, dass die damals noch gefürchtete 2. Halbzeit auf die Westkurve überhaupt noch stattfinden konnte und „der Betze“ mit 4:2 triumphierte.

Die WM-Saison 1977/78 verlief wieder besser. Ronnie Hellström steigerte sich erneut in eine beeindruckende Form und half mit, dass die Schweden eine gute Rolle bei der WM spielen konnten. Er wurde 1978 zum zweiten Mal nach 1971 Fußballer des Jahres in Schweden. Seine Zeit im Tor der Schweden lief zwar langsam ab, doch in der Pfalz blieb Ronnie weiter erste Wahl. Der FCK tummelte sich bis zum 21. Spieltag einem UEFA-Cup-Platz, doch am Ende reichte es nur zu Platz 8. Ronnie zementierte mit einer fast unglaublichen, tadellosen Leistung seine Vormachtstellung, insbesondere bei den Siegen gegen Duisburg (6:1) und die Bayern, die am letzten Spieltag mit 5:0 vom Betze gefegt wurden.

Zur Halbserie der Saison 1978/79 wurde der 1. FC Kaiserslautern Herbstmeister, was im besonderen Maße Ronnie Hellström zu verdanken war. In manchen Spielen wirkte der Schwede unbezwingbar und hielt scheinbar unmögliche Bälle. Am Ende reichte es aber dann „nur“ zum dritten Platz. Dennoch: Der FCK war im Europapokal! Besonders hervorzuheben ist Hellströms Leistung gegen Sporting Lissabon in der zweiten Runde des UEFA-Cups, als er den FCK im Rückspiel am Betze fast allein weiterbrachte. Leider war dann im Viertelfinale gegen die Bayern Schluss.

In der Liga brausten die Roten Teufel wiederum auf Rang 4 und damit erneut in den Europapokal. Unvergessen der Sieg gegen den amtierenden Meister aus Hamburg am 1. März 1980 mit 4:2 sowie die grandiose Auswärtserfolg in Frankfurt am 19. April 1980 bei dem Ronnie in der letzten Viertelstunde alles hielt was auf den Kasten kam! Die Eintracht führte bereits mit 3:1 und es waren nur noch 25 Minuten als Hans-Peter Briegel zum Doppelschlag ansetzte. Innerhalb von drei Minuten machte „die Walz vun der Palz“ den 3:3-Ausgleich im Waldstadion. Die Eintracht berannte das Tor von Ronnie nun unaufhörlich, Körbel, Cha, Nickel und Borchers scheiterten jedoch an Ronnies Paraden. In der 88. Minute verwandelte Hans-Günther Neues einen Elfmeter zur Führung und in der Nachspielzeit gelang mit Benny Wendt dem „dritten Schweden“ der endgültige Siegtreffer zum 5:3 im vielleicht unglaublichsten Südwest-Derby aller Zeiten. Dank Ronnie!

1981 erreichte der FCK mit und dank Ronnie Hellström erneut das Pokalfinale. Nach Siegen in Heilbronn und Egelsbach schlug der FCK auch mal wieder die Bayern am 22. November 1981 mit 2:1. Ronnie war wieder der Garant, der die Stürmer des Gegners zum Verzweifeln brachte. Über Aachen, Mönchengladbach und Braunschweig folgte der Einzug ins dritte Finale um den Pott - die Frankfurter Eintracht jedoch rächte sich fürchterlich und siegte mit 3:1. Wieder ein Finale verloren!

Die Saison 1981/82 war dann die erste Spielzeit, in der der Weltklassetorhüter nicht die klare Nummer eins war. Sein Konkurrent Armin Reichel löste ihn bis zum 25. Spieltag ab. Aber Ronnie fightete und kam zurück, gerade rechtzeitig! An besagtem Spieltag siegte der FCK 1:0 in Leverkusen, mit Hellström, eine Woche zuvor hatte noch Reichel in der Kiste gestanden. Trainer Karlheinz Feldkamp traute dennoch dem Schweden die kommenden Aufgaben eher zu.

Im UEFA-Cup traf der FCK nach Siegen gegen Sofia, Lokeren und Moskau im Viertelfinale auf das große Real Madrid. Dem 1:3 im Estadio Santiago Bernabeu folgte das „Jahrhundertspiel“, das 5:0 am 17. März 1982. Man kann dieses Spiel nicht beschreiben. Ich war ein 9-jähriger Bub, der in der Vorsaison gegen Bochum zum ersten Mal auf dem Betze war und jetzt war ich dabei, hier gegen die Königlichen. Ronnie hatte alles im Griff, die Spanier schnell nur noch mit neun Mann, aber trotzdem noch gefährlich und dann in der 60. Minute hält Ronnie diesen Elfmeter von Cortez! Ich konnte es noch nicht begreifen. Und so danke ich heute allen, die es bewusst und unbewusst möglich gemacht haben, dabei zu sein.

Im Halbfinale durfte Ronnie dann gegen seine Landsleute vom IFK Göteborg ran. Im Hinspiel 1:1, in Schweden dann ein bitteres 1:2 nach Verlängerung. Der FCK hatte die Riesenchance aufs Finale verpasst. Trotzdem oder gerade deswegen bleibt die Elfmeterszene aus dem Madrid-Spiel eine der Situationen, die man niemals mehr vergisst. Ronnie Hellström war wieder der große Rückhalt zwischen den Pfosten.

1982/83 wurde Ronnie nach schwachem Saisonstart erneut durch Reichel abgelöst. Trainer Rudolf Kröner traute dem Schweden wohl nichts mehr zu. Selbst nach dessen Entlassung in der Rückrunde setzte der neue Trainer Ernst Diehl weiter auf Reichel, da Ronnie verletzt war. So verpasste er zum Einstand des Trainers den höchsten Heimsieg der FCK-Geschichte, das legendäre 7:0 gegen den Karlsruher SC.

In der Saison 1983/84 wurde Ronnie noch einmal Stammkeeper und verdrängte seine Konkurrenten Armin Reichel und Roland Grüner. Nach überstandener Verletzung kehrte er am 11. Spieltag ausgerechnet gegen Waldhof Mannheim zurück ins Gehäuse und hielt seine Bude sauber, der FCK besiegte den neuen Erzrivalen mit 2:0. Es war eine sehr durchwachsene Saison, tolle Siege blieben die Ausnahme, dennoch lief Ronnie Hellström teilweise noch mal zur alten Hochform auf und brachte die gegnerischen Top-Stürmer zum Verzweifeln.

So wurde dann die Saison 1983/84 seine letzte in der Bundesliga. Einen Spieler wie Hellström zu ehren, das geht nur mit einem Abschiedsspiel. Ronnie bekam seines noch vor dem Saisonende, seine Rückkehr nach Hammerby stand bereits fest. Am 18. April 1984 trat der FCK gegen eine mit Weltstars gespickte Auswahl an. Außer beim Abschied von Stefan Kuntz habe ich seitdem nie mehr derartig viele „respektvolle“ Blicke auf dem Betzenberg erlebt. Mit 35 Jahren ging er nach Hause, seine besten Jahre hatte er dem FCK geschenkt.

Ronnies letztes Heimspiel auf dem Betzenberg durfte ich auch noch erleben. Standesgemäß verabschiedete er sich mit einem 4:2 gegen den 1. FC Nürnberg und wurde nochmals gefeiert. Am 26. Mai 1984 absolvierte die schwedische Legende sein letztes Spiel für den 1. FC Kaiserslautern. In Frankfurt verloren die Roten Teufel mit 0:3.

Noch in Hammarby aktiv, übernahm er dort bald die Rolle des Torwarttrainers. Neben der gleichen Tätigkeit bei Malmö FF arbeitete Hellström auch als Repräsentant und trainierte nebenbei seinen Sohn Erland Hellström, der ebenfalls ein guter Keeper geworden ist.

Noch heute besucht Ronnie Hellström des Öfteren die Spiele des FCK und stets ist der fröhliche Schwede selbst für jüngere Fans, die ihn nie spielen sahen, ein herzlich willkommener Gast. Hellström ist bis heute Mythos und Legende und nicht nur der beste Keeper Schwedens und Kaiserslauterns, sondern weltweit einer der besten Torleute aller Zeiten. Er hat meine frühe Fussball-Jugend und meine Liebe zum FCK wie kaum ein anderer beeinflusst!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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