Taktik-Nachlese zum Spiel KSC-FCK

Die DBB-Analyse: Gewollt ist nicht gekonnt

Die DBB-Analyse: Gewollt ist nicht gekonnt


Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen ... So könnten die FCK-Fans gedacht haben, die nach der 1:2-Heimniederlage gegen Bielefeld nach Karlsruhe reisten. Sie lächelten und waren froh - und es kam schlimmer.

In der Pressekonferenz vor diesem Spiel war Dirk Schuster noch gefragt worden, ob er sich nicht sorge, dass nach der Ergebnisflaute der vergangenen Wochen die Saison trotz des frühzeitig gesicherten Klassenverbleibs mit trüber Stimmung beim 1. FC Kaiserslautern enden könnte. Der Trainer verneinte zwar, diese Sorge zu haben, betonte dann aber doch die Wichtigkeit, wenigstens die verbleibenden beiden Spiele noch positiv zu gestalten, um mit einem guten Gefühl in den Sommer gehen zu können. Nun, die erste Chance zur Stimmungsaufhellung ist mit diesem 0:2 ausgerechnet im prestigeträchtigen Derby beim Karlsruher SC verpasst worden. Jetzt bleibt dem Coach und sein Team nur noch das Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf am kommenden Sonntag, um die Fans mit einem Erfolgserlebnis in die fußballlose Zeit zu schicken. Und das wäre wichtig, denn gegen wen sich Missstimmungen am "Betze" richten, vor allem, wenn sie ohne Chance auf Korrektur über längere Zeit schwelen, dürfte die Vergangenheit mannigfaltig gelehrt haben.

Das Fatale dabei: Zumindest nach diesem Spiel sind dem Trainer die wenigsten Vorwürfe zu machen. Mit seinem Matchplan und der personellen Besetzung ihrer Startformation lag er wieder mal richtig gut.

Mit Dreierkette, Durm und Bünning: Sah eigentlich gut aus

Schuster hatte sich für eine Dreierkette entschieden, obwohl mit Robin Bormuth und Kevin Kraus zwei Kandidaten für solche Formation ausfielen. Den rechten Innenverteidiger-Posten besetzte daher Nicolai Rapp. In der Mitte räumte Boris Tomiak ab, links gab Lars Bünnig sein Startelf-Debüt in dieser Saison und machte seine Sache richtig gut. Ebenso wie Erik Durm, der für Hendrick Zuck die linke Außenbahn besetzte.

Ungewohnt auch die Besetzung der Offensivpositionen. Terrence Boyd und Tyger Lobinger erstmals Seite an Seite als Sturmduo. Und dahinter Daniel Hanslik auf der Zehn. Dahinter? Stimmt gar nicht mal. Hanslik drängte immer wieder zwischen die beiden Spitzen, um mit Druck zu machen auf die Karlsruher Hintermannschaft beim Spielaufbau. Denn der FCK agierte im Spiel gegen den Ball endlich mal so, wie es die Fraktion der Schuster-Kritiker, die sich mittlerweile zusammengefunden hat, seit Wochen fordert: Früh attackierend, bissig und griffig.

Gute Aktionen, aber Abschlüsse mit falschen eingehängten Füßen

So gelangen ihr immer wieder Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte, so sicherten sie sich immer wieder zweite Bälle. Leider aber deutete sich auch schon in der starken ersten Hälfte zaghaft an, weswegen es kein Happy End für die Pfälzer geben würde. Auf die vielen gut eingeleiteten Aktionen folgten finale Zuspiele und Torabschlüsse, die aussahen, als wären am Morgen bei einigen Mitwirkenden die Füße falsch eingehängt worden.

Alle aufzuzählen, wäre müßig. Als bezeichnend angeführt werden soll nur Julian Niehues’ Direktabnahme aus knapp sechs Metern nach einer Ecke von Philipp Klement. Die sah zumindest von der Tribüne so aus, als sei sie schwieriger vorbeizuschießen denn aufs Tor - Lauterns Sechser hat es irgendwie geschafft.

Noch nie hatte ein FCK-Team eine Führung so gewollt

Dass Lautern tatsächlich das "beste Auswärtsspiel" der Saison machte, wie Dirk Schuster hinterher erklärte, würden wir so gar nicht mal unterschreiben wollen. Dafür aber behaupten wir: In der ersten Viertelstunde nach der Pause hat in dieser Saison noch kein FCK-Team eine 1:0-Führung so sehr gewollt wie dieses, egal, ob zuhause oder auswärts. Aber wie pflegen versierte Handwerksmeister zu sagen: Gewollt ist noch lange nicht gekonnt.

Für den mit Gelb belasteten Innenverteidiger Rapp schickte Schuster zur Halbzeit den gelernten Flügelstürmer Aaron Opoku. Und jeder rechnete nun mit einer Umstellung auf ein 4-3-3. Aber wieder überraschte der Coach sein Gefolge, zog Niehues in die Dreierkette zurück und ließ Hanslik fortan neben Klement im hinteren Mittelfeld agieren. Opoku übernahm die Position hinter den Spitzen.

Boyd muss man nur gegen den Kopf schießen? Stimmt - beinahe

Dort wollte er erst einmal zeigen, was er vor Wochen mal in einem Interview erklärt hatte: dem Boyd müsse man den Ball doch nur gegen den Kopf schießen, schon wäre er drin. Setzte Opoku in einer seiner ersten Szenen auch vorbildlich um, nur flog das Leder von Boyds Schädel nicht ins Netz, sondern drüber. Anschließend versiebte Opoku zwei Einschusschancen persönlich, auch Lobinger haute aus vielversprechender Position mal drüber. Und das alles in nicht einmal einer Viertelstunde.

Doch wer jetzt denkt, dass es für das engagiertere Team nun doch bald mal schnackeln müsste, hat die grausame Logik der Zweiten Liga nicht kapiert. Denn die lautet: Wer so lange Zeit aus seiner Überlegenheit nichts macht, den trifft es anschließend besonders hart. Denn eine gelungene Aktion hat auch der Gegner irgendwann. Diesmal war das besonders Schlimme: Strenggenommen hatten die Karlsruher nicht einmal die.

Der KSC-Führungstreffer: Reden wir nicht drüber. Oder doch

Ihr Führungstreffer war Produkt eines Gestochers, bei dem der Ball zwei Mal abgefälscht wurde, ehe der gerade eingewechselte Budu Zivzivadze ihn über die Linie drückte. Und eben wegen dieser beiden gegnerischen Kontakte vor dem Abschluss stand er nicht im Abseits, auf das nach der Echtzeit-Betrachtung wohl jeder Schiedsrichter entschieden hätte. Aber der VAR sah es dann halt doch besser. Tragisch für Lautern.

Schön für die KSC-Fans, dass sie in der Nachspielzeit noch einen Treffer von Paul Nebel bejubeln durften, der zugegeben auf technisch hohem Niveau erzielt wurde. Grausam halt für den FCK, weil der Gegner mit diesem Tor auch noch tabellarisch an ihm vorbeizog. Wie sagte KSC-Trainer Christian Eichner nach dem Spiel? "Über verdient und unverdient mache ich mir keine Gedanken mehr." Gute Einstellung.

Klar: Über die Wechsel kann man diskutieren

Natürlich ließe sich über Schusters Wechselspiele nach der Pause debattieren. War es wirklich notwendig, als ersten Stürmer ausgerechnet Boyd bereits nach 61 Minuten rauszunehmen, den mit 13 Treffern bislang besten Torschützen der Lautrer? Der Trainer verteidigte die Entscheidung nach dem Spiel mit der Begründung, Boyd habe "glücklos" gewirkt. Das mag sein, aber Goalgetter wie ihn zeichnet es nun mal aus, dass sie selbst dann noch für eine Bude gut sind, wenn sie zuvor nur Fahrkarten geschossen haben. Auch dass vor allem Klements Standards mit zunehmender Spieldauer immer fahriger wurden, trägt sicher zum rational erklärbaren Teil dieser Niederlage bei.

Aber sonst? Ließe sich dieses Spiel eigentlich ebenfalls nur achselzuckend mit einem "Shit happens" abhaken. So, wie schon das 1:2 im Heimspiel gegen Arminia Bielefeld in der Vorwoche. Doch wenn sich die "Shit happens"-Partien so aneinanderreihen wie zurzeit, wird das dem Fußballvolk als Erklärung bald nicht mehr genügen.

Alles spricht für Lautern - nur das Ergebnis nicht

Bleiben noch die üblichen Grafiken. Laut xG-Timeline hätte der FCK gewinnen müssen. Wen wundert’s.



xG-Plot KSC-FCK

Die Positions- und Passgrafik der Roten Teufel: An sich nicht schlecht. Vorne könnte es mehr sein.



Passmap FCK


Die Passmap der Karlsruher: Ganz schön linkslastig.



Passmap KSC



Und zum Abschluss die Übersicht über die geführten Zweikämpfe. Gute Bilanzen für Niehues, Bünning und Durm.



 Zweikampf-Duelle KSC-FCK

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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