Taktik-Nachlese zum Spiel 1860-FCK

Die Löwen spielten wie die Teufel ... spielen sollten

Die Löwen spielten wie die Teufel ... spielen sollten

Foto: Imago Images

Null zu Drei: Der 1. FC Kaiserslautern ist gegen hungrige, hoch pressende Löwen ohne Chance - was gibt’s da noch zu analysieren? Fragen wir mal so rum: Wie hatte sich der FCK-Trainer den Auftritt seiner Truppe eigentlich vorgestellt?

Marco Antwerpen begann diesmal gleich mit einer Vierer- statt wie zuletzt mit einer Dreierkette. Das leuchtet ein: Mit zwei echten Außenverteidigern sollte das bekannt starke Flügelspiel der Münchner gebremst werden. Und, zumindest in Ansätzen war’s zu erkennen, gegen den Ball wollten auch die Roten Teufel mit ihren drei Stürmern früh attackieren.

Wobei für kurze Zeit sogar eine interessante Variante des zuletzt üblichen Lautrer Pressing-Stils zu erkennen war: Die Flügelstürmer Jean Zimmer und Anas Bakhat rückten den gegnerischen Innenverteidigern auf die Pelle, Mittelstürmer Marvin Pourie ließ sich fallen und sollte wohl den kurzen Pass in den Sechserraum verhindern. Und wenn sie ihrerseits unter Druck gerieten, wollten die Betze-Buben nicht bolzen, sondern sich gepflegt freispielen.

Alt, aber immer noch wahr: Zum Spiel geht’s über den Kampf

Ein fein ausgedachter Matchplan also. Vor allem ganz schön ehrgeizig für einen Abstiegskandidaten, der bei einem Aufstiegsaspiranten antritt. Aufgegangen ist er keine Sekunde. Warum?

Weil sich auch im elektronisch durchanalysierten Fußball des 21. Jahrhunderts die einfachste aller Wahrheiten nicht wegdiskutieren lässt: Der Weg zum Spiel führt über den Kampf. Kein FCK’ler führte ein direktes Duell mit der Intensität und Leidenschaft, die sein Gegenspieler an den Tag legte. Schon von der ersten Minute an regnete es scharfe Flanken in den Strafraum der Gäste. Und wenn es denen mal gelang, die erste Pressinglinie zu überspielen, führte die Aktion danach sofort wieder zu Münchner Ballbesitz.

Die Verzweiflungsgeste Felix Götzes, die schon nach wenigen Minuten zu sehen war, als er auf der Sechser-Position mal einen kurzen Moment lang den Ball führte und eine Anspielstation weiter vorne suchte, spricht Bände. Bezeichnend auch, dass Götze, zuletzt Dreh- und Angelpunkt, sich diesmal mit zunehmender Spieldauer Ballverluste erlaubte, die sonst nicht von ihm zu sehen sind.

Die Gegentore: Das Wie macht wütend

Besonders ärgerlich ist jedoch, wie die Gegentore fielen: Eben nicht aus dem Flankengewitter des Gegners resultierend, auch nicht in Folge seines aggressiven Pressings. Sondern so, wie sie auch ein Kellerkind der Liga nicht kassieren darf.

Das 1:0 durch den feinfüßig lupfenden Richard Neudecker fiel nach einem Konter, dessen Ausgangspunkt ein Eckball des FCK (!) war. Vor dem 2:0 schlug Merveille Biankadi einen langen Ball in die Schnittstelle zwischen linkem Innenverteidiger und linkem Verteidiger. Das 36-Jährige Tor-Phänomen Sascha Mölders durfte annehmen, allein aufs Tor zulaufen und wurde von Keeper Matheo Raab elfmeterreif gelegt.

Übrigens die einzige Szene, in der die Unerfahrenheit des 22-Jährigen deutlich zum Ausdruck kam. Raab war kurzfristig für den erkrankten Avdo Spahic zwischen den Pfosten gerückt. Es soll sich aber keiner wagen, den Jungen zum Sündenbock zu machen: Speziell in dieser Szene war das Abwehrverhalten von Marvin Senger und Adam Hlousek das größere Problem.

Vor dem 3:0 eroberten sich die Sechzger den Ball nicht etwa durch scharfes Pressing, sondern trugen einen Angriff gegen eine FCK-Hintermannschaft vor, die eigentlich genug Zeit hatte, sich zu ordnen. Okay, Linksverteidiger Philipp Steinhart hatte zusätzlich Glück, dass sein Torschuss abgefälscht wurde. Geschenkt.

Rieder schwächelte erneut - Wie wär’s mal mit Kraus?

Welche Erkenntnisse diese bayerische Watschn den Lautrern für den kommenden Samstag bescheren sollte, wenn es gegen den Tabellennachbarn aus Uerdingen geht? Die Löwen haben ungefähr so gespielt, wie es Marco Antwerpens Idealvorstellung vom Spiel seiner Roten Teufel entsprechen dürfte. Insofern war es eine gute Lehrstunde, die man sich in der Spielvorbereitung gerne noch einmal anschauen kann. Die FCK-Kicker sollten sich nur nichts von der eigenen Darbietung abschauen.

Zudem auffallend: Tim Rieder, eigentlich einer von der körperlich robusten Sorte, hat nun schon im dritten Spiel hintereinander unmittelbar vor einem Gegentreffer einen Zweikampf verloren, der eigentlich über die Physis zu gewinnen gewesen wäre: In Duisburg gegen Aziz Bouhaddouz, gegen Haching gegen Moritz Heinrich und nun gegen Merveille Biankadi vor dem 0:1. Vielleicht sollte sich der Trainer mal daran erinnern, dass er mit Kevin Kraus und Alex Winkler noch zwei Innenverteidiger im Kader hat, die mal wieder auf einen Startelf-Einsatz brennen.

Nach Redondo scheiterte auch Bakhat in der Hanslik-Rolle

Zudem fehlte dem Trainer mit Daniel Hanslik im zweiten Spiel nacheinander nicht nur der Stürmer, der in den drei Partien davor vier Treffer erzielte - auch die Variante, aus der heraus Hanslik erfolgreich war, funktioniert seither nicht mehr. Hanslik spielte keinen klassischen Linksaußen, sondern einen, der immer wieder ins Zentrum einpendelte, wo Mittelstürmer Pourié ihm den Weg freimachte.

Kenny Redondo, der Hanslik zuletzt gegen Unterhaching vertrat, war diesmal gar nicht im Kader. Möglicherweise ja, weil die Trainer mit seinem Auftritt nicht zufrieden waren. Während der Haching-Partie jedenfalls waren bereits mehrfach harsche, kritische Worte von Co-Trainer Frank Döpper in Redondos Richtung zu vernehmen. In München nun versuchte sich Anas Bakhat in der Rolle des Hanslik-Vertreters - und erwies sich ebenfalls als keine glückliche Lösung. Falls Hanslik bis Samstag nicht wieder fit wird: Wie wär’s mal mit Elias Huth als "falschem" Linksaußen?

Hatte dieses Team tatsächlich schon wieder einen "Dämpfer" nötig

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis: Dass die Trauben an der Grünwalder Straße hoch hängen würden, war vorher schon klar. Und ein Punkt hätte den Druck, gegen Uerdingen gewinnen zu müssen, auch nicht groß minimiert. Eine stärkere Leistung, unter Umständen sogar verbunden mit einer knappen Niederlage, wäre natürlich besser fürs Selbstvertrauen gewesen. So bleibt die Hoffnung, die Kapitän Jean Zimmer nach dem Spiel äußerte: Dass es "ein Dämpfer zur rechten Zeit" war.

Allzu viel nachdenken sollte man über diesen Satz aber nicht. Denn: Ging es diesem FCK-Team - nach sechs Spielen ohne Niederlagen, aber immer noch nur zwei Zählern Abstand zu einem Abstiegsrang - tatsächlich schon wieder so gut, dass es einen "Dämpfer" brauchte?

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2020/21: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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