Taktik-Nachlese zum Spiel MSV-FCK

Die DBB-Analyse: In der Luft fehlt es an Wucht

Die DBB-Analyse: In der Luft fehlt es an Wucht

Foto: Imago Images

2:2 gegen den MSV Duisburg. Wieder nur Remis, wieder stimmt die Leistung des 1. FC Kaiserslautern, wieder ist der Schiedsrichter schuld. Alles wie gehabt also? So ungefähr schon, aber auch nicht ganz.

Eines mal gleich vorweg: In den Diskussionen um zwei zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen ging eine dritte Szene ziemlich unter, nämlich die Aktion von Joshua Bitter in der 84. Minute. Der MSV-Innenverteidiger grätschte mit ziemlich ausgestrecktem Bein und ziemlich offener Sohle in Elias Huth, der eindeutig den kürzeren Weg zum Ball hatte. Eine klare Gelbe Karte eigentlich, doch die hatte Bitter bereits gesehen, so dass Duisburg das Spiel eigentlich hätte mit zehn Mann beenden müssen. Und zu diesem Zeitpunkt führte der FCK bereits mit 2:1. Die Chancen für den MSV, nochmal zurückzukommen, hätten sich mit diesem Platzverweis deutlich minimiert.

Handelfmeter und Torhüterfoul: Im Zweifel immer für Lautern

Im Vergleich der strittigen Schiedsrichterentscheidungen war diese Szene vielleicht sogar eindeutiger zu beurteilen als die beiden, über die bereits hinlänglich diskutiert worden ist. 45. Minute, Handelfmeter? Einwände wie "Aus kurzer Distanz angeschossen" und "Keine unnatürliche Handbewegung" sind menschlich verständlich, werden von den Schiris mittlerweile aber mehrheitlich nicht anerkannt, liebe Duisburger. Als relevant hat eigentlich nur zu gelten, dass Vincent Gembalies’ Hand, an die Daniel Hansliks Schuss prallte, vom Körper abstand.

Und wie sieht es mit dem angeblichen Torhüterfoul vor Marvin Sengers 2:1 in der 79. Minute aus? Huth, der es dem MSV-Keeper erschwerte, den Ball mit beiden Händen zu greifen, machte keine aktive Bewegung gegen Leo Weinkauf, stand wirklich nur herum. Schon klar, es galt mal der Satz "Im Fünfmeterraum ist der Torhüter heilig", doch als der Religion war, hat "Ennatz" Dietz noch gegen den Ball getreten. Und selbst eingedenk diesen alten Gebots stellt sich die Frage, welches Heiligtum der passive Huth da geschändet haben soll.

Schmerzhafter als jedes andere Remis - aus vielerlei Gründen

Also hat wieder mal der Schiedsrichter die Lautrer um drei Punkte gebracht? Ganz so einfach wollen wir es uns auch diesmal nicht machen. Auch wenn dieses 17. Unentschieden der Saison das schmerzhafteste war. Weil die Spiele immer weniger werden und der FCK dadurch immer noch auf einem Abstiegsplatz steht. Und weil die Betze-Buben diesmal gleich zwei Führungen verspielten - als dies zuletzt der Fall war, am 23. Januar in Dresden, haben sie sogar noch verloren, doch das ist nicht mal ein schwacher Trost.

Und weil der Ausgleich erneut in der Nachspielzeit fiel. Auch das nicht zum ersten Mal, doch in Duisburg resultierte der späte Gegentreffer nicht aus einer Standardsituation, sondern aus einem Ballverlust, vor dem der verteidigende Spieler eine klare Chance verpasste, die Situation zu klären.

Und weil die starke Phase vor dem Moment, in dem der FCK wie schon so oft den Faden verlor, diesmal die stärkste der gesamten Saison war. Und wohl auch die längste.

45 Minuten lang lief bei Lautern der Ball - und der MSV nur hinterher

Denn beinahe 45 Minuten lang kontrollierten die Roten Teufel die Duisburger, wie sie in dieser Spielzeit noch keinen Gegner zuvor kontrolliert hatten. Und gingen bereits nach elf Minuten in Führung - nach einem Angriff, der als Lehrmaterial im NLZ archiviert werden sollte:

Diagonale Spielverlagerung von Anas Ouahim auf die rechte Seite zu Philipp Hercher. Ablage auf Jean Zimmer, der den Doppelpass direkt durch die Gasse spielte. Flache Hereingabe Herchers in die Mitte, so gut getimt, dass Daniel Hanslik in den Ball hineinlaufen konnte. So werden Tore gemacht.

Dem hatte der MSV nichts entgegenzusetzen. Lautern stand wie schon am Samstag gegen Saarbrücken in einem beweglichen 3-4-3, lediglich für Nicolas Sessa hatte FCK-Trainer Marco Antwerpen den defensiv stärkeren Carlo Sickinger im zentralen Mittelfeld aufgeboten. Der sicherte ab, wenn Nebenmann Anas Ouahim bei Ballbesitz nach vorne marschierte. Vorne pendelte Marvin Pourié immer wieder mal aus dem Zentrum aus, um dem nominellen Linksaußen Hanslik Platz zu machen.

Bouhaddouz setzte nach 30 Minuten das Warnsignal - übersehen?

Einziges Manko dieses starken Auftritts: Im Duisburger Strafraum passierte eher wenig. Und als nach etwa einer halben Stunde ein Geschoss von MSV-Stürmer Aziz Bouhaddouz abgefälscht wurde und ans Alu klatschte, war dies als deutliches Warnsignal zu vernehmen: Ein Fehler - und der Gegner wäre wieder im Spiel. Wie schon so oft in dieser Saison.

Gleichwohl beißt keine Maus daran den Faden ab: Hätte der Schiedsrichter den berechtigten Handelfmeter vor der Pause gepfiffen, der FCK wäre wohl mit einer absolut angemessenen 2:0-Führung in die Kabine gegangen. Für die Duisburger wäre es doppelt schwer geworden, danach nochmal zurückzukommen.

So aber durften sie in der 55. Minute ihr Erweckungserlebnis feiern. Ein Eigentor, ausgerechnet von dem Mann, der in den jüngsten Spielen überragte: Felix Götze. Also haben wir ihn doch zu hoch gejubelt?

Eigentor Götze: Vorsicht mit Schuldzuweisungen

Doch auch mit der Kür der Sündenböcke sollte man es sich nicht zu einfach machen. Avdo Spahic klatschte Bouhaddouz’ Kopfball aus kurzer Distanz gegen Götzes Schienbein, so dass der schon höllisch gut hätte reagieren müssen, um das Malheur noch zu verhindern. Und davor gewann Bouhaddouz das Kopfballduell gegen Tim Rieder viel zu leicht. Sicher, der weitgereiste Marokkaner ist mit seinen 1,88 Metern ein echter Brocken und ein Könner in Sachen Körpereinsatz. Aber auch Rieder ist kein Hänfling und ein gestandener Abwehrmann. Da sollte mehr gehen.

In dem Zusammenhang sei auch gleich der zweite Sündenbock des Abends abgehandelt. Ja, vor dem 2:2-Ausgleich hatte Elias Huth die Chance, den Ball zu sichern und nach vorne zu spielen, ehe er ihn sich von Moritz Stoppelkamp abjagen ließ. Aber auch das muss festgehalten werden: Kraftpaket Kamavuaka hatte es viel zu leicht, Stoppelkamps Flanke mit dem Kopf zu verwerten, er hatte nämlich nur den ziemlich schmächtigen Kenny Redondo gegen sich, der in 57. Minute für Jean Zimmer gekommen war.

Eine Szene, die einmal mehr das Manko verdeutlicht, das der FCK-Kader dieser Saison generell aufweist: Es fehlen Typen mit physischer Präsenz, die ihre Pfunde gerade in solchen Momenten des Spiels in die Flugbälle wuchten.

Umstellung auf 4-4-2 fruchtete diesmal nicht so gut wie gegen Saarbrücken

Weshalb kam der MSV in Hälfte zwei so viel besser ins Spiel als in den ersten 45 Minuten? Vielleicht war’s tatsächlich nur das Erweckungserlebnis des Ausgleichs, das dieser Gegner brauchte, um zu zeigen, dass er stärker ist, als sein 13. Tabellenplatz es aussagt. Vielleicht lag’s aber auch daran, dass die Umstellung von 3-4-3 auf 4-4-2, die Marco Antwerpen zu Beginn der zweiten Hälfte vornahm, diesmal nicht so gut fruchtete wie noch am Samstag gegen den FCS.

Wenn, dann kann dies aber nicht an der gewählten Ordnung an sich gelegen haben, sondern daran, dass das Personal ihr weniger gut gefolgt ist. Denn eigentlich erlaubt ein 4-4-2 ja viel besser, die Flügel zu doppeln. Doch eben da setzten sich die Duisburger zusehends stärker durch, vor allem auf der rechten Seite, mit Ahmet Engin und immer wieder Kamavuaka.

Unterm Strich war es ein Unentschieden, dessen Ergebnis sehr weh tut, das aber erneut gezeigt hat: Einstellung und Leistung dieses FCK-Teams stimmen jetzt. Was freilich nichts daran ändert: Es ist allerhöchste Zeit, dass diese Leistungen mit weiteren Punkten belohnt werden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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