Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Rasenballsport Leipzig 1:1

Die Rückkehr des Willi O.

Die Rückkehr des Willi O.


Einen Punkt erkämpft sich der 1. FC Kaiserslautern gegen Rasenballsport Leipzig und bleibt damit die einzige Mannschaft in der 2. Liga, die gegen den Emporkömmling aus Sachsen nicht verloren hat. Im Mittelpunkt stand allerdings weniger das Spiel, sondern erwartungsgemäß ein Ex-Lautrer.

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Wie schon im vergangenen Jahr hatten sich wieder einige FCK-Fans entschlossen, das Heimspiel gegen die Brause-Kicker zu boykottieren. Viele Ultras fanden sich zwar trotzdem auf ihren Stammplätzen ein, aber anstatt der üblichen Zaunfahnen prangte groß „Lautern sagt Nein zu RB“ vor der Westkurve und die große Megafonanlage blieb stumm. Die Folge: Ein sehr spielbezogener Support in der Westkurve, der sich trotz mancher Stille-Phase gut anhörte. Ohne Zweifel lag das auch am (un-)attraktiven Gegner, der am Montagabend auf dem Betze gastierte – und an Willi Orban.

Gesprochen, spekuliert und befürchtet wurde vor seiner Rückkehr viel. Dass der ehemalige Lautrer Innenverteidiger dann entsprechend mit teilweise brutal lauten Pfiffen empfangen wurde, hat wohl niemanden wirklich überrascht.

Für Aufregung vor allem in den Medien sorgten vielmehr die zahlreichen Spruchbänder und Transparente in der Westkurve. Viele davon waren recht kreativ gestaltet: „Schorle statt Red Bull“, „Schießt das Dosenpfand an die Wand“ oder auf pfälzisch „Ralfi, ich glab dir brennd dee Helm“ war hier zu lesen. Andere Plakate schlingerten merklich provokant entlang der Gürtellinie und manche dementsprechend auch darunter. Insbesondere wegen einer Darstellung von Willi Orban im Fadenkreuz hat der DFB mittlerweile Ermittlungen angekündigt.

Ralf Rangnick sieht mal wieder „eine neue Dimension“

Dass dies dann, befeuert von der Empörung Ralf Rangnicks, seinen entsprechenden medialen Wiederhall fand, war zu erwarten. „Das war heute eine Dimension an Geschmacklosigkeit, wie ich sie noch nicht erlebt habe“, echauffierte sich der für seine Übertreibungen bekannte Leipzig-Coach nach dem Spiel und bewies damit im Übrigen auch, dass er in den 1990er Jahren eher selten auf dem Betzenberg zu Gast war. Gegen das, was sich seinerzeit Gegenspieler wie Karl-Heinz Bührer, Andreas Möller, Carsten Jancker oder etwas später auch der Ex-Lautrer Lincoln in der „Hölle Betzenberg“ anhören müssten, war der Empfang von Willi Orban tatsächlich eher Kindergeburtstag.

Man kann Rangnick mit Sicherheit nicht übelnehmen, dass er sich vor seinen Spieler stellt. Danach ging er jedoch auf Orbans Vergangenheit ein, der ja schließlich 18 Jahren für den FCK gespielt habe und „so begrüßt wird, bei seiner ersten Wiederkehr ins Stadion“. Ausgerechnet Rangnick, der sich als RB-Verantwortlicher und schon zu Hoffenheimer Zeiten im Angesicht der Proteste gegen „seine“ Projekte eine Einmischung von außen immer verbat, sollte nun allerdings nicht anfangen, anderen Fans vorzuschreiben, wie sie einen ehemaligen Profi zu empfangen haben oder gar indirekt noch Dankbarkeit einfordern. Zudem gehört angemerkt: Orban hatte ein gutes Profi-Jahr und spielte den Großteil seiner FCK-Zeit in Jugendmannschaften. Das mag in Leipzig für die Ehrentafel im Vereinsmuseum reichen. Ein Klubidol ist er in Kaiserslautern damit noch lange nicht.

„Ich habe gewusst, dass es so eine Reaktion geben kann. Ich habe versucht, mich auf meine Leistung zu konzentrieren“, sagte Orban nach dem Spiel relativ gelassen selbst – und wirkte doch geknickt. Denn im zweiten Durchgang schlug ihm doch besondere Häme entgegen, auf die er gerne verzichtet hätte: Ausgerechnet bei seiner Rückkehr flog der 23-Jährige nach zwei Foulspielen in der 63. Minute nämlich vom Platz – und begünstigte damit die Lautrer Schlussoffensive, die im vielumjubelten 1:1 wenige Minute vor Abpfiff ihren Höhepunkt fand.

Rangnicks Verschwörungstheorien: „Einen halben Meter im Abseits“

Dass Rangnick auch hier die nächste Verschwörung witterte, sich über die Schiedsrichterleistung beschwerte, eine Gelb-Rote Karte für Markus Karl in der ersten Hälfte forderte, dabei außer Acht ließ, dass Karl nur deshalb zuvor verwarnt wurde, weil Yussuf Poulsen erst nach einem Foulspiel völlig dämlich auf Marcel Gaus zugestürmt war und dann nach einem Stoß des FCK-Defensivmanns abhob wie ein startender Düsenjet – keine Überraschung. Er vergaß, dass Diego Demme vom Platz hätte fliegen müssen, ignorierte, dass Jean Zimmer nach Wiederanpfiff einen Elfmeter hätte bekommen müssen und beklagte, dass Przybylko bei seinem nachweislich korrekten Tor „einen halben Meter“ im Abseits gestanden habe – auch das irgendwie keine Überraschung.

Der 57-Jährige müsste sich über all das nicht beschweren, hätte sein Team im ersten Durchgang die drückende Überlegenheit in Tore umgemünzt. „Ich glaube, wir haben heute gesehen, dass Leipzig eine verdammte gute Mannschaft ist“, hielt Marius Müller fest und auch Konrad Fünfstück sprach wieder von einer „brutalen Qualität“, die der Gegner habe. Dennoch zeigten sich beide natürlich mit dem Punktgewinn sehr zufrieden. „Wir haben den Kampf angenommen, nach vorne gespielt“, sagte Müller. „Aufgrund des Spielverlaufs ist das 1:1 heute völlig in Ordnung.“ Ein Fazit, dem sich Rangnick wohl eher nicht anschließen würde.

Mein Spieler des Spiels: Wieder einmal hat sich Marius Müller diesen Titel verdient. Vielleicht auch, weil seine Vorderleute durchweg eher unauffällige Leistungen anboten. Müller dagegen war mehrmals zur Stelle, parierte in der ersten Hälfte außerdem einen Orban-Kopfball sehenswert. „Da hat er mich angeköpft“, sagte der Keeper schmunzelnd. „Ich habe Willi gesagt: Ihm gönne ich den Aufstieg, aber ein Tor gegen mich ist nicht drin.“

Was sonst noch auffiel: Abgesehen aller Emotionen spiegelt die Partie mal wieder die komplette Problematik des FCK in der aktuellen Saison wider: Nach vorne fehlen viel zu oft die Ideen und der Mut. Zudem machen sich die Roten Teufel mit Fehlpässen, Stockfehlern und unausgegorenen Laufwegen das Leben selbst schwer. Kleinste Fehler werden zudem sofort bestraft, wie bei Forsbergs Gegentor, als die Lautrer den Leipzigern die Räume öffneten. Nicht umsonst hielt Fünfstück also fest: „Wir haben unglaublich viel Arbeit vor uns.“

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht, Thomas

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