Kummt Senf druff

Ein erster Schritt in eine positive Zukunft

Ein erster Schritt in eine positive Zukunft


Die Wogen haben sich ein wenig geglättet seit der aufregenden und teilweise aufgeregten FCK-Mitgliederversammlung am Samstag. Hängen geblieben ist eine neue Streitkultur und die Hoffnung auf eine positive Zukunft, findet DBB-Gastautor evilred.

„Mein Verein lebt!“ - Diese Worte kamen mir immer wieder in den Sinn, als ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag während der Heimfahrt die gerade zu Ende gegangene Jahreshauptversammlung des 1. FC Kaiserslautern Revue passieren ließ. In den gut acht Stunden zuvor war es stellenweise heiß her gegangen. Dem langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Dieter Rombach hatten zunächst 67% der Anwesenden die Entlastung verweigert, so dass dieser kurz darauf von seinem Amt zurücktrat. Und auch sonst gab es viel Gesprächsbedarf.

Bereits im Vorfeld der Versammlung hatte es – insbesondere in den einschlägigen Internetforen und sozialen Netzwerken – hitzige Diskussionen gegeben. Von „Jubelpersern“ und „Stimmvolk“ einerseits sowie „Unruhestiftern“ und „Dauernörglern“ andererseits war da die Rede. Die Fronten schienen verhärtet. Umso mehr war ich überrascht und erfreut, dass diese Grabenkämpfe auf der lange erwarteten Jahreshauptversammlung letztlich kein Thema waren.

Bereits das erste Abstimmungsergebnis zeigte, dass die anwesenden Mitglieder an einer offenen und regen Diskussion interessiert waren: Rund 60% sprachen sich dafür aus, die Redezeit für Wortbeiträge einzelner Mitglieder auf maximal zehn Minuten auszudehnen, statt – wie von Rombach als Versammlungsleiter vorgeschlagen – diese auf lediglich zwei Minuten zu beschränken.

Als anschließend Aufsichtsrat und Vorstand wie gewohnt sehr ausführlich über die aktuelle Situation des Vereins berichteten (allein der scheidende Finanzvorstand Fritz Grünewalt sprach fast anderthalb Stunden), schien zunächst alles in gewohnten Bahnen zu verlaufen. Doch dann kam alles ganz anders: Neben den über 20 Mitgliederanträgen lagen nun auch mehr als 20 Wortmeldungen im Rahmen der Aussprache zu den Berichten vor. Und es folgte eine zeitweise hitzige und sehr emotional geführte Diskussion.

Hier zeigte sich, dass ein großer Teil der Mitglieder – trotz des Jahresgewinns von rund 800.000 Euro – um die wirtschaftliche und sportliche Zukunft des Vereins besorgt ist. Dies äußerte sich in zum Teil sehr detaillierten Fragen und Anträgen, die nicht alle zur Zufriedenheit der Anwesenden beantwortet wurden. So konnte der Aufsichtsratsvorsitzende Rombach beispielsweise auf mehrfache Nachfrage eines Mitglieds keine Auskunft über die aktuelle finanzielle Situation des Vereins geben, weil ihm die entsprechenden Zahlen weder vorlagen noch bekannt waren – und das obwohl der zugehörige Antrag mehr als zwei Wochen vor der Versammlung eingegangen war. Andererseits konnten einige gegenüber Finanzvorstand Grünewalt erhobene Vorwürfe durch das von Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfern erstellte Gutachten widerlegt werden.

Stimmungsbild von Mitgliedern und Fans wird deutlich

Doch nicht nur harte Fakten dominierten die Aussprache – auch das Stimmungsbild unter den Mitgliedern und Fans wurde an manchen Stellen mehr als deutlich. Eine ältere Dame etwa forderte den Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz auf, den Verein in den Medien nicht weiterhin klein zu reden. Für ihre mutigen Worte, mit denen sie vielen aus der Seele sprach, erhielt sie von den Anwesenden tosenden Applaus. Ein anderes Mitglied fand indessen noch deutlichere Worte: „Der Großteil der treuen Fans hat sich vom FCK abgewendet und kann die Scheiße hier nicht mehr sehen!“ Ein weiterer Fan redete sich regelrecht in Rage, sodass sich seine Stimme fast überschlug.

Ja, das waren zum Teil harte Worte. Ja, das ging an einigen wenigen Stellen nahe an die Gürtellinie. Aber: Ja, verdammt, das ist Betze! Unser Verein lebt von den Emotionen seiner Fans und Mitglieder! Und gerade hier wurde deutlich, wie viel dieser Verein seinen Mitgliedern bedeutet und wie sehr sie mit ihm leiden in schlechten Zeiten. Eine „Selbstzerfleischung“ (so der SWR) oder einen „Imageschaden“ (so die Rheinpfalz) konnte ich aber keineswegs ausmachen. Vielmehr handelte es sich um eine harte, aber demokratisch faire Diskussion zum Wohle des Vereins.

Dies wurde beispielsweise deutlich, als das ehemalige Aufsichtsratsmitglied Martin Sester ans Mikrofon trat und die im Sommer 2019 anstehende Rückzahlung der „Betze-Anleihe“ (etwa 7 Mio. Euro) hinterfragte. So musste Fritz Grünewalt in diesem Zusammenhang einräumen, dass – auch angesichts des prognostizierten Verlusts von rund 1 Mio. Euro für die laufende Saison – ohne außerordentliche Sondererträge nach derzeitigem Stand die Rückzahlung nur über die Aufnahme eines Kredits (und der damit einhergehenden Beleihung des Grundstücks am Fröhnerhof) realisiert werden könnte. Sester äußerte Bedenken, dass so nach dem „Schneeballprinzip“ eine Anleihe der anderen Folgen könnte – zu immer höheren Zinsen.

Obwohl sich immer mehr Mitglieder an der Diskussion beteiligten und es mittlerweile schon auf den späten Abend zuging, bewiesen die meisten Anwesenden Sitzfleisch: Von den laut Dieter Rombach um 16:00 Uhr anwesenden 1.029 stimmberechtigten Mitgliedern beteiligten sich noch knapp 800 an den erst nach 22:30 Uhr stattfindenden Abstimmungen über die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat.

Vertrauensverlust nicht nur für Rombach

Am Ende stand schließlich das bekannte Ergebnis: Die Nicht-Entlastung und der darauf folgende Rücktritt von Rombach sowie die ernüchternden Abstimmungsergebnisse der übrigen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder. Insbesondere die lediglich 57 bzw. 50,2% für die Aufsichtsratsmitglieder Gerhard Theis und Ottmar Frenger dürfen mit Fug und Recht als kolossale Abstrafung durch die Mitglieder bezeichnet werden. Bei Sigmar Gabriel, der bei seiner Wiederwahl zum SPD-Vorsitzenden einen Tag zuvor nur 74% der abgegebenen Stimmen erhalten hatte, sprachen die Medien von einer „Demütigung“ und einem „Debakel“. Frenger und Theis hatten noch weitere 24 bzw. 17% weniger! Ein Vertrauensbeweis sieht beileibe anders aus... Ob die beiden Aufsichtsräte aus diesem verheerenden Ergebnis noch Konsequenzen ziehen, bleibt abzuwarten – es wäre allerdings im Hinblick auf den erheblichen Vertrauensverlust wohl nur konsequent.

Wie geht es jetzt weiter mit dem FCK? Zunächst wird sich sicherlich der neue Aufsichtsrat, dem nun auch wieder „Nachrücker“ Jürgen Kind angehört, zusammensetzen und über die weitere Vorgehensweise beraten müssen. Laut dem designierten neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Nikolai Riesenkampf ist es jedenfalls sehr wahrscheinlich, dass an der ausgegebenen Strategie mit zwei neuen Vorstandsmitgliedern neben Stefan Kuntz festgehalten wird. Vieles erscheint aber noch ungewiss.

Und dennoch hat mich dieser Samstag insgesamt verhalten optimistisch gestimmt. Die gelebte Demokratie und Streitkultur, die hier zu Tage trat, kann nur gut sein für unseren Verein, der in erster Linie von seinen treuen Fans und Mitgliedern lebt – auch wenn es stellenweise leidenschaftlich zur Sache ging. Vielleicht war die Jahreshauptversammlung daher für den 1. FC Kaiserslautern ein „reinigendes Gewitter“ im temperaturmäßig eher milden Dezember 2015. Vielleicht musste es einfach mal sein, dass die Mitglieder an geeigneter Stelle ihrem Unmut „Luft machen“.

Die ersten Streitgespräche in den Internetforen laufen jedenfalls überwiegend deutlich zivilisierter und faktenorientierter ab als diejenigen im Vorfeld der Versammlung. Es sollte unser aller Ziel sein, diese „neue“ Diskussionskultur zu pflegen, von gegenseitigen Diffamierungen abzusehen, andere Meinungen zu akzeptieren und gemeinsam hinter unserem Verein zu stehen. Dann – so scheint es mir – können wir verhalten positiv in die Zukunft blicken. Die JHV am Samstag war dafür ein erster Schritt.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: evilred

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