Interview mit Aufsichtsratskandidat Jürgen Kind

„Ich weiß, wie unsere Fans ticken“

„Ich weiß, wie unsere Fans ticken“


Die Denkweise der Fans ist für die Fans selbst logischerweise kein Geheimnis, in einem Gremium wie dem Aufsichtsrat herrscht hier jedoch oft Nachholbedarf. Diese Lücke füllt beim 1. FC Kaiserslautern Jürgen Kind aus. Der ehemalige Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ stellt im elften Teil unserer Interviewreihe dar, warum man ihn jedoch nicht alleine auf diese Fan-Kompetenz reduzieren sollte.

Der Betze brennt: Im Sommer gab es einige grundlegende Veränderungen beim FCK: Neuer Sportdirektor, neue Spieler, neues Konzept. Warum sollte aus ihrer Sicht im Aufsichtsrat hingegen Kontinuität herrschen, Jürgen Kind?

Jürgen Kind (50): Gute Frage. Grundsätzlich kann Kontinuität in den Gremien, auch in einem Aufsichtsrat, durchaus einen Sinn ergeben. Voraussetzung ist natürlich, dass man davon ausgeht, dass alle dort einen guten Job machen. Zumindest eine Position im Aufsichtsrat muss durch den Rückzug von Gerhard Steinebach nun neu besetzt werden. Um eines klarzustellen: Natürlich kann ich mir vorstellen, auch künftig mit meinen verbliebenen Kollegen Dieter Rombach sowie Gerhard Theis und Ottmar Frenger in diesem Gremium zu arbeiten, um die begonnene Arbeit fortzusetzen. Das würde durchaus Sinn machen. Nun ist es allerdings auch so, dass ich einige der Alternativkandidaten ebenfalls sehr gut und schon seit Jahren kenne. Somit hätte ich natürlich auch keine Probleme damit, mit anderen Personen im Aufsichtsrat konstruktiv zusammenzuarbeiten. Überlassen wir einfach den Vereinsmitgliedern die Wahl. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch nach der Jahreshauptversammlung gute Leute im Aufsichtsrat des FCK erleben werden.

Der Betze brennt: Sie sitzen seit 2012 im Aufsichtsrat. Was motiviert Sie zu Ihrer erneuten Kandidatur?

Kind: Ich habe mir eine erneute Kandidatur lange offen gelassen, wurde dann aber von immer größeren Anzahl von Leuten ermutigt, noch einmal anzutreten. Jetzt freue ich mich auf den 23. November und bin gespannt, was dort geschehen wird. Ich habe mir in mittlerweile gut zweieinhalb Jahren im Aufsichtsrat eine profunde Kenntnis der Abläufe und der Materie angeeignet, kenne alle relevanten Personen im Verein und fühle mich in diesem hohen Vereinsgremium am richtigen Platz. Insofern würde ich mich freuen, wenn die FCK-Vereinsmitglieder mich erneut in den Aufsichtsrat wählen würden und ich den FCK auch weiterhin in dieser sehr wichtigen Position begleiten dürfte.

Der Betze brennt: Wie bewerten Sie die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates, also die letzten drei Jahre - welche Erfolge kann die Vereinsführung in dieser Zeit vorweisen?

Kind: Es waren sicherlich schwierige Jahre durch den Abstieg 2012 und den anschließend zweimal verpassten Wiederaufstieg. In diesem Sommer ist es jedoch gelungen, unter erheblicher Reduktion des Spieleretats und mit einem ordentlichen Transferüberschuss eine neue, junge Mannschaft zu formen, mit der die Fans sich wieder identifizieren können. Es ist das allerwichtigste, die Fans wieder ins Boot bekommen zu haben. Die Vision von Vorstand und Aufsichtsrat, den Fröhnerhof zurückzukaufen und somit nachhaltig in die Zukunft des FCK zu investieren, ist nun sehr nahe gerückt. In diesen Zusammenhang gehören auch die Verpflichtung von Konrad Fünfstück sowie die im Januar 2014 erfolgte Drei-Sterne-Zertifizierung des Nachwuchsleistungszentrums durch den DFB. Dies ist als Gesamtpaket der größte Erfolg der Vereinsführung in jüngerer Vergangenheit.

Der Betze brennt: Und was lief aus Ihrer Sicht weniger gut? Wo sehen sie Verbesserungspotential?

Kind: Die Finanzen bleiben immer ein Thema, obwohl es auch hier besser aussieht als vielleicht vor einem Jahr. Ich bin seit 20 Jahren Unternehmer und stamme aus einer typischen Unternehmerfamilie. Da lernt man von klein auf, dass man nicht mehr ausgeben sollte, als man vorher eingenommen hat. Bezogen auf den FCK bedeutet dies, dass auch in weiteren Zweitligajahren – wovon man ja trotz aller Hoffnung auf einen baldigen Wiederaufstieg zumindest in den Planungen ausgehen muss – die Einnahme-/Ausgabesituation so gestaltet werden muss, dass man auch in einem schlechteren Geschäftsjahr eine schwarze Null schreiben kann. Alles andere führt dauerhaft zu neuen Problemen, das sollte jedem klar sein. So erfreulich die aktuell verbesserte Finanzsituation gegenüber dem Vorjahr auch ist, es ist bei uns noch längst nicht der Wohlstand ausgebrochen. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, auch wenn bereits einige Zwischenziele erreicht wurden.

Der Betze brennt: Sie haben nicht die komplette Amtsperiode mitgemacht, sondern sind Anfang 2012 als Nachrücker für den zurückgetretenen Dr. Martin Sester in den Aufsichtsrat gekommen. Was hat sich für die persönlich seitdem geändert? Haben Sie sich die Aufgabe so vorgestellt?

Kind: Ich war ja bereits seit 2008 erster Nachrücker und rückte dann sozusagen mit ein paar Jahren Verspätung in den Aufsichtsrat ein. Verändert hat sich im Wesentlichen, dass ich viele interessante Leute kennengelernt habe. Da ich ja nach wie vor auch bei fast allen Auswärtsspielen vor Ort anwesend bin, lerne ich dort häufig Funktionäre der jeweils gastgebenden Vereine kennen. Oder Trainer/ Manager/Scouts von Drittvereinen, woraus sich oftmals spannende Diskussionen ergeben und man Einblicke in die Branche insgesamt erhält. Generell ist die Aufgabe reizvoll, interessant und abwechslungsreich. Da ich einige frühere Aufsichtsräte ganz gut kenne und mich dort informierte, war ich über bestimmte Abläufe wenig überrascht. Ich habe mich relativ schnell dort zurechtgefunden.

Der Betze brennt: Sie sind nicht nur, aber auch angetreten als „Kandidat der Fans“. Was konnten Sie in dieser Hinsicht als Mitglied des Aufsichtsrates bislang erreichen?

Kind: Ich sehe nach wie vor in jeder Saison mehr als 30 FCK-Spiele live vor Ort, mische mich immer unter unsere Fans und bin jederzeit ansprechbar. Auswärts etwa wechsele ich immer mal wieder zwischen VIP-Tribüne, wo ich auch repräsentative Aufgaben für den FCK übernehme, und Gästeblock hin und her. Letzte Saison beispielsweise war ich inklusive Pokal auf 18 Auswärtsspielen, davon war ich acht Mal im Gästeblock. Falls ich nicht im Gästeblock bin, stehe ich vor den jeweiligen Spielen immer vor dem Gästeeingang und unterhalte mich mit den Leuten. Ich kenne also die Sorgen und Nöte unserer Anhänger sehr genau und versuche zu helfen, wo es geht. Interessanterweise stellt man fest, dass man anders behandelt wird als „normale“ Fans , sobald man ein Amt bekleidet. Also spreche ich regelmäßig vor Ort mit Ordnungsdienst oder Polizei, wenn es Probleme gibt. Kürzlich sagte Werner Spinner, der Präsident des 1. FC Köln, dass vonseiten der Polizeigewerkschaft häufig zu sehr gegen Fußballfans polemisiert wird. Da ist leider etwas dran. Ich konnte durch Gespräche ganz konkret erreichen, dass mich nun regelmäßig Polizisten anrufen und um meine Einschätzung bestimmter Vorfälle bitten, bevor sie einfach so glauben, was ihr Gewerkschaftsfunktionär Rainer Wendt gerade wieder einmal erzählt hat.

Der Betze brennt: Die Arbeit des Aufsichtsrats ist von außen schwer zu bewerten, weil über die Diskussionen und über unterschiedliche Sichtweisen in dem Gremium wenig veröffentlicht wird. Nicht zuletzt daraus resultiert auch der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Aufsichtsrat nur die Wünsche des Vorstands „abnicke“ anstatt zu „kontrollieren“. Wie könnte man über die Tätigkeit des Aufsichtsrates mehr Transparenz schaffen oder was spricht möglicherweise dagegen?

Kind: Der Wunsch nach mehr Transparenz ist absolut nachvollziehbar. Bestimmte Dinge sollten aber auch weiterhin intern bleiben. Es gibt häufig lange währende Diskussionen zu den unterschiedlichsten Themen. Wenn man sich nach harten Diskussionen tatsächlich einigt und einen Beschluss gemeinsam trägt, kann dies von großem Vorteil für den Verein und der gefundene Kompromiss auch wirklich tragfähig sein. Was nicht bedeutet, dass immer alle Abstimmungen einstimmig ablaufen würden. Das kann man aber nicht immer im Detail nach außen darstellen und vermitteln. Die Veröffentlichung etwa von Sitzungsprotokollen des Aufsichtsrates sehe ich daher als problematisch an, weil dann einzelne Aufsichtsratsmitglieder sicher in der einen oder anderen Angelegenheit anders abstimmen würden, als sie eigentlich wollen, nur um nach außen besser da zu stehen. Das kann es dann auch nicht sein. Aber sicher gibt es einen Mittelweg und somit ein Stück weit mehr Transparenz, die dem FCK sicher gut zu Gesicht stehen würde.

Der Betze brennt: Nach dem Abstieg 2012 wurde die Installation eines Sportdirektors noch von Vorstand und Aufsichtsrat mit Verweis auf die Nichtfinanzierbarkeit in der zweiten Liga abgelehnt. Im Sommer 2014 wurde dann – auch unter dem Druck der Fangemeinde – mit Markus Schupp doch ein Sportdirektor verpflichtet, die ersten Erfolge dieser Maßnahme haben sich bereits eingestellt. Warum wurde die Entscheidung für einen Sportdirektor erst so spät getroffen?

Kind: Die Installierung eines Sportdirektors war immer mal wieder ein Thema. Ich freue mich, dass es nun im Frühjahr 2014 umgesetzt werden konnte und mit Markus Schupp ein qualifizierter Mann für diese wichtige Position verpflichtet wurde. Natürlich ging es in den entsprechenden Strategie-Gesprächen immer auch um die Finanzierung. Die Gegenfinanzierung seines Gehalts war nun aus verschiedenen Gründen gegeben. Aus meinem Beobachtungswinkel heraus macht er bisher einen guten Job. Also war es offenbar die richtige Entscheidung im Hinblick auf die Zukunftssicherung des Vereins. Wäre sie finanziell darstellbar gewesen, hätte sie durchaus auch schon etwas früher erfolgen können.

Der Betze brennt: Parallel zur Vorstellung von Markus Schupp wurde auch der Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz sehr frühzeitig verlängert. Ein Schritt, der im Aufsichtsrat kontrovers diskutiert wurde und an dem im Umfeld des Vereins auch Kritik geübt wurde, weil er relativ kurz vor den jetzt anstehenden Wahlen stattfand. Haben Sie für die Vertragsverlängerung zu diesem frühen Zeitpunkt gestimmt oder dagegen - und warum?

Kind: Es gibt natürlich eine Verschwiegenheitsverpflichtung für Aufsichtsratsmitglieder, die auch mir untersagt, interne Gespräche oder das Abstimmungsverhalten von Kollegen öffentlich zu machen. Aber eine persönliche Erklärung darf ja jeder Aufsichtsrat abgeben, übrigens auch auf der Jahreshauptversammlung. Ich habe also gegen diese frühzeitige Vertragsverlängerung von Stefan Kuntz gestimmt mit dem Verweis darauf, dass dies wegen der noch recht langen Restlaufzeit des alten Vertrages eigentlich eine Angelegenheit für den jetzt im Herbst 2014 neu zu wählenden Aufsichtsrat wäre. Es war also der Zeitpunkt der Verlängerung, der mich so entscheiden ließ. Das habe ich Stefan Kuntz auch genau so erklärt. Mehr muss man somit da nicht hinein interpretieren.

Der Betze brennt: Alle paar Jahre wieder im Gespräch ist auch eine Ausgliederung und es ist davon ausgehen, dass dieses Thema die nächste Amtsperiode des Aufsichtsrates entscheidend mitprägen wird. Auch bei vielen anderen Vereinen wird emotional darüber debattiert: Der Hamburger SV wurde ausgegliedert, beim SC Freiburg wurde dieser Schritt fast einstimmig abgelehnt, der VfB Stuttgart plant eine Entscheidung im nächsten Jahr. Bezogen auf den FCK gefragt: Sind Sie für oder gegen eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung?

Kind: Ich meine, dass unser e.V. auch in Zukunft eine durchaus passende Gesellschaftsform für den FCK sein kann, wenn man sorgsam mit diesem e.V. umgeht. Zunächst geht es auf dieser Jahreshauptversammlung auch erst einmal um steuerliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit Rückerwerb und Ausbau des Fröhnerhofs und nicht um die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung. Falls diese Diskussion irgendwann später einmal kommen sollte, müsste man natürlich sicherstellen, dass man den Mitgliedern nicht jegliches Mitspracherecht nimmt. Sponsoren kann man auch in anderer Form an den Verein binden, als ihnen Anteile am FCK zu verkaufen.

Der Betze brennt: Die Abteilung Fußball, welcher der allergrößte Teil der Vereinsmitglieder angehört, liegt seit einigen Jahren brach und existiert rein formal betrachtet gar nicht mehr. Wie beurteilen Sie persönlich die vorgeschlagene Lösung für diese Problemstellung, eine Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ nach dem Vorbild von Klubs wie Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt zu gründen, um den betroffenen FCK-Mitgliedern wieder eine echte Heimat innerhalb ihres Vereins zu geben und um auch die Abteilungen neben dem Fußball besser zu unterstützen?

Kind: Ich habe keine Probleme mit einer Fanabteilung oder auch der Wiederbelebung der Abteilung Fußball. Ich sehe es grundsätzlich positiv, wenn Vereinsmitglieder sich aktiv ins Vereinsleben einbringen. Man könnte sogar viele Mitglieder emotional näher an den Verein binden über eine solche Abteilung. Über Details der Umsetzung, bestimmte Positionen oder auch Personen kann man immer diskutieren, aber ich halte dies grundsätzlich für einen interessanten Ansatz.

Der Betze brennt: Abschließend und mit Ihren eigenen Worten zusammengefasst: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen ihre Stimme geben?

Kind: Ich weiß, wie unsere Fans ticken. Dazu habe ich als Unternehmer eine lange Erfahrung. Die wirtschaftliche Denkweise eines Selbständigen kann dem Verein auch weiterhin gut tun. Und ich habe keinerlei wirtschaftliche Vorteile durch die Tätigkeit im Aufsichtsrat. Sie hat keinen Einfluss – weder positiv noch negativ – auf meine geschäftliche Tätigkeit im Rheinland, sodass ich komplett unabhängig bin. Ich übernehme gerne Verantwortung und würde mich auch weiterhin mit vollem Einsatz für eine positive Zukunft des FCK einsetzen. Es wurde durchaus einiges erreicht beim FCK, aber die eine oder andere Baustelle ist noch geblieben, die es zu beackern gilt.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Weitere Links zum Thema:

- Übersicht: Alle Infos und Artikel zur Jahreshauptversammlung 2014
- Kind: „Im Sinne des Gesamtergebnisses handeln“ (vom 08.11.2011)
- Kind: „Mehr als nur der Kandidat der Fans“ (vom 01.12.2008)

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